Israel wirft Flugblätter über Gazastreifen ab
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Warnung für Bewohner:Israel wirft Flugblätter über Gazastreifen ab

Eine Million Palästinenser muss flüchten – israelischer Armeesprecher sagt zu Blick
«Wenn die Hamas Palästinenser als Schutzschilde benützt, ist das ihre Sache»

Israel hat 1,1 Millionen Menschen aufgefordert, den Norden des Gazastreifens zu verlassen. Gegenüber Blick verspricht der israelische Armeesprecher bei einer Bodenoffensive ein sorgfältiges Vorgehen, die UNO erwartet allerdings eine Tragödie.
Publiziert: 13.10.2023 um 10:00 Uhr
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Aktualisiert: 13.10.2023 um 16:21 Uhr
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Viele Palästinenser haben bei israelischen Vergeltungsschlägen auf den Überraschungsangriff der Hamas Angehörige verloren.
Foto: IMAGO/ZUMA Wire
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Guido FelderAusland-Redaktor

Nach den Angriffen der Hamas auf Israel droht im dicht besiedelten Gazastreifen eine humanitäre Katastrophe. Um die rund 150 Geiseln, die die islamistischen Terroristen beim Einfall in Israel gekidnappt hatten, zu befreien und die Hamas zu zerschlagen, will die israelische Armee offenbar den Norden des Gazastreifens mit Bodentruppen stürmen. Sie steht mit Zehntausenden Soldaten an der Grenze zum Gazastreifen bereit. 

Auf einen Einmarsch deutet die Aufforderung der israelischen Verteidigungskräfte IDF an die Bewohner im Norden hin, die Region innerhalb von 24 Stunden Richtung Süden zu verlassen. Der Aufruf vom Donnerstagabend richtet sich an 1,1 Millionen Menschen des 2,3 Millionen Bewohner zählenden Gazastreifens. 

Die IDF hat es auf die Hauptstadt Gaza-Stadt abgesehen, wo sich das Hauptquartier der Hamas befindet. Seit diese 2007 die Kontrolle über den Gazastreifen übernommen hat, baut sie an einem weit verzweigten Tunnelsystem. Die unterirdischen Gänge messen inzwischen geschätzt rund 480 Kilometer. Sie dienen der Hamas als Versteck, für den Waffenschmuggel sowie zur unbemerkten Überquerung der Grenze nach Israel. Sie sind eines der Hauptziele der IDF. 

Hamas hält Flüchtlinge zurück

UNO-Sprecher Stéphane Dujarric (58) erwartet nach dem Evakuierungsaufruf der Israeli ein Drama: «Ich halte es für unmöglich, dass eine solche Bewegung ohne verheerende humanitäre Folgen stattfinden kann.» Schon jetzt herrscht eine prekäre Lage, nachdem Israel die Grenze zum Gazastreifen dichtgemacht und damit die Einfuhr von lebensnotwendigen Gütern und Strom gestoppt hat. Am Mittwoch war dem einzigen Kraftwerk Gazas der Treibstoff ausgegangen. 

Die Situation dürfte sich weiter zuspitzen, nachdem die Hamas den Aufruf zur Flucht als «israelische Propaganda» bezeichnet hat und Bewohner am Verlassen des Nordens hindert. Augenzeugen im Gazastreifen berichteten, mehrere Bewohner seien bereits von der Hamas gestoppt und zur Rückkehr in den Norden aufgefordert worden. Generell herrsche grosse Panik in dem Gebiet, es gebe keine klaren Anweisungen.

Flucht sicher «nicht angenehm»

Wie will Israel verhindern, dass es zu einer humanitären Katastrophe kommt? Armeesprecher Arye Sharuz Shalicar (46) sagt auf Anfrage zu Blick: «Wir gehen mit viel Ausdauer vor, um die Terroristen zu finden und möglichst keine Zivilisten zu verletzen.» Es gebe über 20’000 bewaffnete Hamas-Kämpfer. «Wir werden sie alle aufspüren», sagt Shalicar. 

Für die zivile Bevölkerung sei die Flucht in den Süden sicher «nicht angenehm», sagt Shalicar weiter. «Aber die Palästinenser kommen nicht darum herum, einen verminderten Lebensstandard ertragen zu müssen, so wie auch Millionen von Israelis wegen der Aggression der Hamas evakuiert werden mussten.» 

Es liege an der Palästinenserführung selbst, eine humanitäre Katastrophe zu verhindern, sagt Shalicar. «Wir haben den Aufruf zur Evakuierung des Nordens gemacht, damit es möglichst wenig zivile Opfer gibt. Wenn die Hamas ihre eigenen Leute nicht wegziehen lässt und sie als Schutzschilde benützt, ist das ihre Sache.» Er betont, dass die israelische Armee nur für die israelische Bevölkerung und die Geiseln verantwortlich sei. 

Keine Ausweichmöglichkeit

Schon 2008/09 hatte Israel mit einer Bodenoffensive versucht, der Hamas das Rückgrat zu brechen. Bei der Operation «Gegossenes Blei» rückten rund 20’000 Soldaten mit Hunderten von Panzern und gepanzerten Fahrzeugen in den Streifen ein. Bei den heftigen Strassengefechten verloren 13 israelische Soldaten und über 1400 Palästinenser ihr Leben. Die knapp einen Monat dauernde Offensive endete in einem Waffenstillstand. 

Experten rechnen damit, dass ein erneuter Bodenkampf im dicht besiedelten Gazastreifen auf beiden Seiten viele Opfer fordern würde. Ein Palästinenser, der Augenzeuge eines Raketenangriffs auf das Flüchtlingslager Dschabaliya mit 45 Toten wurde, sagte gegenüber der Nachrichtenagentur AP: «Wir können nicht fliehen, denn wohin man auch geht, man wird bombardiert. Man braucht ein Wunder, um hier zu überleben.»

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