In Israel und im Gazastreifen herrscht ein blutiger Konflikt. Seit Samstag fliegen tagtäglich Raketen über beide Gebiete. Über 1000 Menschen wurden bereits getötet. Doch ein Ende ist nicht in Sicht. Das israelische Militär gab am Donnerstag bekannt, dass als Nächstes die Tunnel der Hamas angegriffen werden. Dazu werde eine Bodenoffensive vorbereitet.
Die Hamas nutzt ein komplexes Tunnelnetzwerk, um Waffen und Güter zu schmuggeln und unbemerkt nach Israel zu gelangen. Ebenso werden die Tunnel als Verstecke und Munitionslager benutzt. Die Ein- und Ausgänge liegen oft in ziviler Infrastruktur wie Schulen oder Spitälern, gibt Israel an.
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Ohne Bodentruppen lässt sich das Tunnelnetzwerk nur schwer zerstören. Es ist schwierig, die Tunnel aus der Ferne zu lokalisieren, da sie mehrere Meter unter dem Boden liegen. Eine Bodenoffensive birgt für Israel allerdings auch ein grosses Risiko. Die Hamas kennt sich besser aus, weiss, wie die Tunnel verlaufen und ist durch das unterirdische Labyrinth mit dem ganzen Gazastreifen vernetzt. Wie Yossi Mekelberg, Israel-Experte der Londoner Denkfabrik Chatham House, gegenüber Al Jazeera erklärt, wurden bereits im Krieg von 2014 mehrere israelische Truppen in Tunnel eingeschlossen und getötet.
Mächtige, aber schreckliche Munition
Deshalb dürfte die Armee wohl neben Bodentruppen eine weitere Waffe einsetzen. Der Experte glaubt, dass die Armee sogenannte Bunkerbrecher verwenden wird. Diese sind laut Mekelberg «ziemlich mächtige, aber schreckliche Munition».
Bereits im Israel-Gaza-Konflikt 2021 setzte das Militär Bunkerbrecher ein, um das Hamas-Netzwerk zu beschädigen. Laut Al Jazeera ist Israel auch diesmal im Besitz der Bomben vom Typ GBU-28, die im Inland und in den USA hergestellt werden sollen.
Bei einer GBU-28-Bombe gräbt sich die verstärkte Nase des Flugkörpers bis zu zehn Meter tief in den Boden ein. Dort detoniert sie. Indem die Bombe bis ins Fundament von Gebäuden eindringt und erst dort explodiert, kann sie diese zum Einsturz bringen. Zudem ist die Waffe in der Lage, Bunker oder Tunnel zu zerstören. Israel könnte also Hamas-Tunnel sprengen, ohne Bodentruppen zu gefährden.
Enormer Kollateralschaden befürchtet
Bereits 2021 forderte Israel von den USA das neuere Modell GBU-72 an. Eine Vereinbarung gab es seither nicht. GBU-72-Bomben können 30 Meter tief in die Erde eindringen und dort eine Schockwelle auslösen, die einen grossflächigen Einsturz unterirdischer Strukturen auslöst. Sollte Israel sie bekommen, könnte es damit grossen Schaden anrichten.
Werden die Bomben in dicht besiedelten Gebieten eingesetzt, ist der Kollateralschaden enorm – eine grosse Gefahr für die Zivilbevölkerung des Gazastreifens. Laut Genfer Konventionen dürfen Bunkerbrecher deshalb nur unter «extremen Umständen zur Selbstverteidigung» eingesetzt werden. In Gebieten mit hoher Zivilbevölkerung sind sie verboten. Der Gazastreifen gilt als eines der am dichtesten besiedelten Gebiete der Welt.
Experten gehen dennoch davon aus, dass Israel die Waffe einsetzen wird. Laut Mekelberg wird die israelische Regierung «alles in ihrer Macht Stehende tun». Patrick Bury, Dozent für Kriegsführung und Terrorismusbekämpfung an der Universität Bath, warnt: «Israel hat sie und wird sie einsetzen. Ich glaube nicht, dass sie sich im Moment so sehr um Kollateralschäden scheren.»