Die Schwierigkeiten der Operation Eiserne Schwerter
Wie geht Israel jetzt im Gazastreifen gegen den Terror vor?

Nach den Angriffen der Hamas auf die israelische Bevölkerung, plant Israel eine grosse Gegenoffensive unter dem Namen «Eiserne Schwerter». Doch wie genau plant Israel dem Terror ein Ende zu setzen?
Publiziert: 10.10.2023 um 21:46 Uhr
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Aktualisiert: 10.10.2023 um 22:05 Uhr
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Am Montag hat Israel Raketen auf die Stadt Gaza abgeschossen.
Foto: IMAGO/ZUMA Wire
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Jenny WagnerRedaktorin News

Nachdem die radikalislamische Hamas 900 Israelis tötete und Hunderte als Geiseln gefangen nahm, setzten die israelischen Verteidigungskräfte (IDF) zum Gegenschlag an. 300'000 Reservisten wurden vom Militär eingezogen, um den Terror zu beseitigen. Ziel ist der Gazastreifen. 100'000 Terroristen verstecken sich dort unter 2,3 Millionen Palästinensern – unter ihnen auch israelische Geiseln.

Israel bombardierte bereits wichtige Stellungen der Hamas. Am Montag geriet die Stadt Gaza unter Beschuss. «Wir haben angefangen», schrieb der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu (73) auf X. Der Gegenangriff Israels unter dem Namen Eiserne Schwerter hat erst begonnen. Vieles deutet darauf hin, dass es zu einer grossen Bodeninvasion kommt.

Wie liefen bisherige Angriffe im Gazastreifen ab?

Bisherige Kämpfe zwischen Terroristen und Militär liefen immer ähnlich ab: Erst gab es Sperrfeuer aus der Luft, dann folgten Bodenangriffe, schreibt der «Guardian». Ziele israelischer Angriffe in Gaza waren stets hauptsächlich militärische Infrastruktur der Hamas.

Seit 2007 steht der Gazastreifen unter israelischer Blockade. Die Hamas hat in dieser Zeit das dicht besiedelte Umfeld aufgerüstet und sich auf die jetzige Situation vorbereitet. Angriffe vom Boden aus bringen viele Herausforderungen mit sich.

Was macht die Offensive so schwierig?

Das IDF haben nur geringen Handlungsspielraum, um mit schwerer Artillerie in den Gazastreifen einzudringen. Sie nutzen deshalb immer dieselben Routen. Im Gazastreifen gibt es ein paar ländliche Gebiete bei Erez im Norden und in Khan Yunis im Süden. In diese Regionen lassen sich Panzer und Panzerfahrzeuge leicht verlegen. Das Militär hat von dort aus eine gute Sicht auf den ganzen Gazastreifen und auf Gaza City. Östlich von Khan Yunis gibt es aber mehrere hohe Gebäude entlang von Zufahrtsstrassen, die ebenfalls von der Hamas genutzt werden können und den Terroristen in der Vergangenheit Deckung geboten haben.

Die Hamas und andere terroristische Gruppen kennen die üblichen Routen der israelischen Verteidigungskräfte. Die ländlichen Wüstengebiete waren bereits in der Vergangenheit Schauplatz blutiger Auseinandersetzungen. Dort wird die Hamas vermutlich ebenfalls Verteidigungslinien aufstellen.

Die Palästinenser leben auf engstem Raum. Zwischen den hohen Gebäuden etwa in Gaza City befinden sich enge Gassen, die Panzer unmöglich überwinden können. Auch besteht eine Gefahr, dass die Gebäude einstürzen könnten. Zwischen Gaza und der ägyptischen Stadt Sinai gibt es bereits Hunderte Tunnels. Mittlerweile befinden sich unter der Erde regelrechte Kommandozentralen mit funktionierender Kommunikation.

Über das aktuelle Tunnelsystem hat Israel nur wenige Daten. «Einige davon sind wahrscheinlich mit Sprengfallen versehen. «Die Vorbereitung auf einen Kampf in einem solchen Gebiet würde umfassende Geheimdienstinformationen erfordern, die die Israelis vielleicht nicht haben», schätzt Colin Clarke, Forschungsleiter am New Yorker Thinktank Soufan Center, gegenüber dem Nachrichtenportal Vox die Lage ein.

Was sind die Stärken der Hamas?

Zwar verfügt das israelische Militär über modernere Waffen, Experten vermuten aber, dass die Hamas sich in den vergangenen Jahren mit Panzerabwehrminen und Panzerabwehrlenkraketen eingedeckt hat. Die Hamas verfügt ausserdem über einfache, billige Drohnen, die Bomben abwerfen können. Diese werden auch im Ukraine-Krieg genutzt.

«Die Hamas hat das Überraschungsmoment verloren. Aber sie hat sich wahrscheinlich darauf vorbereitet, lange durchzuhalten, und verfügt wohl über eine Menge Vorräte», sagt Clarke.

Wie könnte eine Bodenoffensive aussehen?

Laut Experten sieht es aktuell so aus, als ob das israelische Militär zum Nahkampf gezwungen wird, wenn die israelischen Soldaten in Gaza einmarschieren. Andrew Galer, ein ehemaliger britischer Offizier, der jetzt als Analyst für den privaten Dienst Janes arbeitet, spricht von einem «360-Grad-Schlachtfeld, in dem die Bedrohung überall lauert» – auf den Dächern genauso wie in der Kanalisation.

Ein solcher Kampf würde viel Zeit in Anspruch nehmen und stellt eine enorme Herausforderung dar. Die Soldaten müssten Haus für Haus durchsuchen und überall könnten Sprengsätze versteckt sein. Es sei enorm schwierig, Zivilisten von Terroristen zu unterscheiden, so Galer. Auch die Gefahr, die eigenen Soldaten zu treffen, sei gross.

Der Zweck der Operation Eiserne Schwerter ist es, die Hamas kampfunfähig zu machen. «In den kommenden Tagen werden traurige Geschichten aus dem Gazastreifen zu hören sein, und die Menschen werden anfangen, Israel für alles, was passiert, verantwortlich zu machen», warnt Militärsprecher Jonatahn Conricus. Die Verluste auf beiden Seiten könnten hoch sein. Cornicus appelliert: «Es ist wichtig, sich vor Augen zu halten, wie dieser Krieg begonnen hat.»

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