Die wichtigsten Fragen zu den deutschen Wahlen
Merkels Abgang sorgt für Hochspannung

Wer löst Angela Merkel als Kanzler ab? Welche Auswirkungen haben die deutschen Wahlen auf die Schweiz? Blick beantwortet die wichtigsten Fragen zu den Bundestagswahlen vom 26. September.
Publiziert: 20.09.2021 um 14:44 Uhr
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Angela Merkel tritt ab. Wird der bisherige Vizekanzler Olaf Scholz ihr Nachfolger?
Foto: Getty Images
Guido Felder

Worum geht es bei den deutschen Wahlen?

60,4 Millionen Deutsche wählen am 26. September zum 20. Mal die Abgeordneten des Bundestags. Der Bundestag ist das Parlament und somit gesetzgebendes Organ der Bundesrepublik. Er entspricht dem schweizerischen Nationalrat. In Deutschland gibt es auch einen Bundesrat mit aktuell 69 Mitgliedern, in dem die Bundesländer vertreten sind. Er entspricht dem schweizerischen Ständerat.

Wird gleichzeitig auch der Kanzler gewählt?

Nein, der Kanzler wird in Deutschland zu Beginn der neuen Legislaturperiode vom neuen Bundestag gewählt. Bis zur Wahl kann es, je nach Koalitionsbildung, lange dauern. Bei den Wahlen 2017 war Angela Merkel erst nach 171 Tagen im Amt bestätigt worden.

Tritt Angela Merkel wieder an?

Nein, Angela Merkel tritt nach 16 Jahren Amtszeit zurück. Für ihre Partei, die Union von CDU/CSU, tritt Armin Laschet (60) an, für die SPD Olaf Scholz (63) und für die Grünen Annalena Baerbock (40).

Wer wird neuer Kanzler?

Laut Forsa-Umfrage hat die SPD die Union überholt und hat die Nase vorn (25 Prozent), vor der CDU/CSU (21), den Grünen (17), FDP und AfD (je 11) und den Linken (6). Könnten die Deutschen den Kanzler direkt wählen, hätte Scholz die grösste Unterstützung (48 Prozent), vor Laschet (21) und Baerbock (16).

Welche Koalitonen stehen im Vordergrund?

So spannend wie jetzt waren die Wahlen und die Regierungsbildung noch nie. Gemäss aktuellen Umfragen brauchte es zurzeit drei Parteien für eine Mehrheitsregierung. Zur Diskussion stehen im Moment vor allem eine Koalition mit SPD/Union/Grüne, SPD/Union/FDP, SPD/Grüne/FDP und Union/FDP/Grüne.

Wie wählen die Deutschen?

Jeder Wähler und jede Wählerin verfügt über zwei Stimmen: eine Erst- und eine Zweitstimme. Mit der Erststimme wird der oder die Abgeordnete des eigenen Wahlkreises gewählt. Es gibt 299 Wahlkreise, das heisst, dass durch Erststimmen 299 Sitze besetzt werden. Die restlichen Sitze werden durch die Zweitstimmen vergeben. Mit der Zweitstimme wählt man die Landesliste einer Partei – also keinen einzelnen Kandidaten. Auf dieser Liste stehen in einer festen Reihenfolge Kandidaten, die für die jeweilige Partei in den Bundestag einziehen sollen. Diese Reihenfolge legen die Parteien fest. Eine Partei braucht mindestens fünf Prozent der Stimmen, um in den Bundestag zu kommen.

Warum ist der Bundestag nicht immer gleich gross?

Grundsätzlich zählt der Bundestag mindestens 598 Sitze, zurzeit sitzen aber 709 Abgeordnete im Parlament. Die Zahl kann sich durch Überhang- und durch Ausgleichsmandate erhöhen. Überhangmandate entstehen dann, wenn eine Partei in einem Land mehr Direktmandate erlangt, als ihr gemäss Zweitstimmenergebnis zustünden. Aufgrund des 2013 geänderten Wahlrechts werden Überhangmandate aber künftig durch weitere Mandate ausgeglichen, um in der Sitzverteilung das Kräfteverhältnis bei den Zweitstimmen möglichst genau abbilden zu können.

Welche sind die wichtigsten Parteien?

  • CDU (Christlich Demokratische Union): Christlich-sozial, liberal-konservativ – der Dampfer, der Deutschland bisher auf Kurs hielt.

  • CSU (Christlich-Soziale Union in Bayern): Konservativer als die CDU. Bildet mit der CDU eine Fraktionsgemeinschaft, zusammen werden sie «Union» genannt.

  • SPD (Sozialdemokratische Partei Deutschlands): Die älteste Partei Deutschlands, während des Nationalsozialismus verboten.

  • Die Linke: Peilt die Überwindung des Kapitalismus und einen demokratischen Sozialismus an. Links-populistisch.

  • Bündnis 90/Die Grünen: Zusammenschluss verschiedener Bewegungen. Schwerpunkt Umweltschutz, aber auch Multikulti.

  • FDP (Freie Demokratische Partei): Für mehr Freiheiten und Verantwortung des Einzelnen.

  • AfD (Alternative für Deutschland): 2013 als Frustpartei gegen den Euro-Rettungsschirm gegründet. Teilweise rechtsradikale Tendenzen.

Welches sind die grossen Wahlkampfthemen?

Klimaschutz, Corona, Digitalisierung, Wirtschaftslage, Migration, Bildung, Wohnen, Renten, höhere Löhne. Auch der Einsatz in Afghanistan sowie die Flutkatastrophe sind Themen. Dafür kommt Europa im Wahlkampf fast nicht vor.

Welche Auswirkungen haben die deutschen Wahlen auf die Schweiz?

Keiner der drei Kanzler-Kandidaten hat einen engen Bezug oder gar ausgesprochene Sympathien zur Schweiz. Zu erwarten ist deshalb, dass der Druck über Brüssel weiter ansteigt, egal wer gewählt wird.

Wie viele wahlberechtigte Deutsche leben in der Schweiz?

In der Schweiz leben über 300’000 Personen mit deutschem Pass, Kinder mitgerechnet. Die genaue Anzahl Wahlberechtigter ist nicht bekannt.

Wann kennen wir die Resultate?

Die Wahlurnen schliessen am 26. September um 18 Uhr. Dann werden auch die ersten von Meinungsforschungsinstituten erstellten – und meist ziemlich träfen – Prognosen veröffentlicht. Erste Hochrechnungen werden wie vor vier Jahren schon um etwa 18.15 Uhr erwartet. Das vorläufige amtliche Endergebnis dürfte wenige Stunden nach Mitternacht veröffentlicht werden.

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