Blick bewertet die Kandidaten Laschet, Scholz und Baerbock
Welcher deutsche Kanzler wäre für die Schweiz am besten?

Der deutsche Kanzler ist auch ein bisschen ein Kanzler der Schweiz. Denn für unser kleines Land ist es wichtig, wie das Verhältnis zum mächtigsten europäischen Regierungschef ist. Blick zeigt, wer für unser Land der beste Merkel-Nachfolger wäre.
Publiziert: 13.09.2021 um 17:48 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2021 um 11:32 Uhr
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Wer wird Kanzler? Olaf Scholz, Annalena Baerbock oder Armin Laschet (v. l.) beim «TV-Triell» am Sonntagabend.
Foto: keystone-sda.ch
Guido Felder

Bald geht die Ära Merkel zu Ende. Am 26. September entscheiden die Deutschen, wie ihr Parlament aussehen und damit auch wer neuer Kanzler oder neue Kanzlerin wird. Weil Deutschland mit Abstand das wichtigste Partnerland der Schweiz ist, spielt die Wahl auch für uns eine Rolle.

Am Sonntagabend kreuzten die beiden Kandidaten und die Kandidatin vor laufenden Kameras zum zweiten Mal die Klinge. Erneut machte SPD-Vertreter Olaf Scholz Boden gut. Laut einer ARD-Umfrage würden sich 43 Prozent der Zuschauer für ihn entscheiden. Armin Laschet von der CDU/CSU kam auf 24 und die Grüne Annalena Baerbock auf 19 Prozent.

Angriffe von Baerbock, Laschet und Scholz werden schärfer
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Hitziges Kanzler-Triell:Angriffe von Baerbock, Laschet und Scholz werden schärfer

Wer wäre für die Schweiz die beste Wahl? Laschet, Scholz oder Baerbock? Blick bewertet die drei Kandidaten mit den Noten zwischen 1 (sehr schlecht) und 6 (hervorragend).

Armin Laschet (60, CDU),
Ministerpräsident Nordrhein-Westfalen

Man sollte meinen, dass Laschet als konservativer und Merkel-treuer Kandidat ein Bewunderer der Schweiz sei. Doch wie sich Laschet bisher über die Schweiz geäussert hat, ist alles andere als schmeichelhaft.

Als die Schweizer Stimmberechtigten 2009 Ja zur Minarett-Initiative sagten, bezeichnete er die direkte Demokratie als ein «Problem» und sagte, dass Deutschland die «viel klügere Verfassung» habe. Das Resultat zeige, dass Volksabstimmungen zu komplexen Themen wie Religionsfreiheit falsch seien.

2014 forderte er nach dem Ja zur Zuwanderungs-Initiative sogar Konsequenzen: «Wer gegen Deutsche und andere EU-Bürger Stimmung macht, kann nicht von Geschäften in Deutschland profitieren.»

Allzu stark gewichten darf man diese Aussagen allerdings nicht. Denn zu beachten ist: Diese Äusserungen machte Laschet vor Jahren als Parteichef bzw. Minister eines Bundeslandes. Als Kanzler würde er sich gegenüber einem befreundeten Nachbarstaat zurückhaltender ausdrücken.

Wahlchancen: 4
Schweiz-Freund: 4

Olaf Scholz (63, SPD),
Vizekanzler und Finanzminister

Wenn Scholz von der Schweiz spricht, wählt er diplomatische Worte.
Vor zwei Jahren sagte er am WEF in Davos gegenüber CH-Media zum Steuerstreit mit der Schweiz: «Man sieht, dass wir nicht mehr so aufgeregt diskutieren. Das ist doch ein Fortschritt.» Von einer Kavallerie, mit der 2009 der damalige SPD-Finanzminister Peer Steinbrück (74) gegen die Schweiz gedroht hatte, hält er nichts: «Ich bin hier zu Fuss unterwegs.»

Doch hinter diesen sanften Worten steckt ein Finanzminister, der seine Kasse füllen will. Besserverdienende und Vermögende sollen mit Steuererhöhungen bluten – so wie es in der Schweiz die Juso verlangen. Wenn sich die Deutschen für eine linke Regierung entscheiden, dürfte die Steuerflucht Richtung Schweiz zum Ärger von Scholz wieder anziehen.

Für die Steuerpolitik und zum Alleingang der Schweiz in Europa hatte die SPD noch nie grosses Verständnis. Von Scholz als mächtigstem Regierungschef Europas wäre zu erwarten, dass er nicht nur von Berlin aus, sondern auch über die EU in Brüssel Druck gegen die Schweiz aufbauen würde.

Wahlchancen: 5
Schweiz-Freund: 3

Annalena Baerbock (40, Bündnis 90/Die Grünen),
Parlamentarierin und Co-Parteichefin

Eigentlich müsste Baerbock die Schweiz gefallen. Auf dem Land aufgewachsen, weiss sie, wie es ist, wenn nur einmal am Tag ein Bus in die Stadt fährt. Daher setzt sie auf Zusammenhalt, auf die Anbindung an Bus und Bahn, auf Infrastruktur in den Regionen. Genau wie es die föderalistische Schweiz macht.

Zudem bewundert sie das Modell, das die Schweizer für die Rückerstattung für Umweltabgaben gewählt haben: über die Krankenkassen.

Um ihr grünes Parteiprogramm durchzuziehen, würde sie allerdings auf höhere Steuern, zusätzliche Regulierungen und mehr Abgaben setzen – konträr zur wirtschaftsorientierten Politik, die in der Schweiz mehrheitlich betrieben wird. Auch ist für sie klar, dass nur ein starkes und geeintes Europa grosse Themen wie Klimaschutz, Migration oder Sicherheit angehen kann. Der Alleingang der Schweiz dürfte deshalb auch ihr ein Dorn im Auge sein.

Wahlchancen: 2
Schweiz-Freundin: 3

Fazit: Für das Verhältnis zur Schweiz macht es keinen grossen Unterschied, wer von diesen drei Euroturbos deutscher Kanzler wird. Der Schweiz am nächsten steht am ehesten noch Armin Laschet mit seiner konservativen, wirtschaftsorientierten und bedächtigen Einstellung. Die Zeiten echter Schweiz-Freunde, wie es der CDU-Kanzler Helmut Kohl (1930–2017) noch war, sind vorbei.

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