Wäre sie noch einmal angetreten, könnten ihre Parteifreunde der Union aus CDU/CSU heute gut schlafen. Noch immer ist Angela Merkel (67) mit Abstand die beliebteste Politikerin Deutschlands. Das zeigen auch die Umfragen vom Sonntag. Doch die Bundeskanzlerin tritt nicht mehr an. Das Vakuum sorgt für Ratlosigkeit. Nichts scheint mehr sicher, schon gar nicht ein «Weiter so» mit der Union an der Spitze.
Zwei Wochen vor der Bundestagswahl stehen die Wahlprognosen schlecht für deren Kanzlerkandidaten Armin Laschet (60). Wäre am Sonntag gewählt worden, hätten CDU/CSU laut des Sonntagstrends des Umfrageinstituts Insa nur noch 20 Prozent der Stimmen kassiert. In der Direktwahl hätten nur 13 Prozent der Befragten den CDU-Chef ins Kanzleramt gewählt.
Olaf Scholz liegt im Rennen aufs Kanzleramt weit vorn
Die SPD hingegen zieht an der Union vorbei und liegt mit 26 Prozent klar vorn. 31 Prozent hätten in der Direktwahl Olaf Scholz zum Kanzler gewählt.
Kann Laschet seinen Kontrahenten noch schlagen? Auch die Grünen unter Annalena Baerbock hätten am Sonntag, so die Insa-Studie, nur noch 15 Prozent der Stimmen erreicht.
Dass die Union zittern muss, hätte noch im Frühling niemand kommen sehen. Doch Laschets Wahlkampf startete mehr als turbulent: So stritt er sich mit CSU-Chef Markus Söder (54) öffentlich um die Kanzlerkandidatur, wobei sich beide rücksichtslos demontierten.
Erst auf dem CSU-Parteitag am Samstag zeigten die Schwesterparteien nun endlich den Schulterschluss. Söder beschwört in Nürnberg: «Wir stehen zu 100 Prozent hinter unserem gemeinsamen Kanzlerkandidaten.» Und die Basis applaudierte wie zum Trotz minutenlang für Laschet, der in Siegerpose auf der Bühne stand.
Mit diesen Bildern sollten auch die vielen Pleiten des strauchelnden Spitzenkandidaten der Union vergessen gemacht werden. Davon gab es schliesslich genug. Plagiatsvorwürfe, verbale Ausrutscher gegenüber Journalistinnen – und natürlich sein Lachen im Hintergrund während einer Rede des Bundespräsidenten zum Gedenken an die Flutopfer in Nordrhein-Westfalen. Seither ist Laschets Image ramponiert.
Ob die Bilder vom CSU-Parteitag nun die Wende bringen? Die Union hofft es zumindest.
Auch der SPD-Kandidat ist nicht frei von Skandalen
Dafür müsste einer aber endlich grobe Fehler machen: Olaf Scholz von der SPD. Der blieb den gesamten Wahlkampf hindurch unauffällig – und somit stets im Merkel-Modus. Frei von Skandalen ist er allerdings nicht.
Am vergangenen Donnerstag führte die Staatsanwaltschaft Osnabrück Razzien im Finanzministerium durch. Sie ermittelt gegen die Zollzentralstelle, für die Olaf Scholz verantwortlich ist. Die Anti-Geldwäsche-Behörde Financial Intelligence Unit (FIU) soll gemeldeten Verdachtsfällen nicht nachgegangen sein und steht unter Verdacht der Strafvereitelung im Amt.
Olaf Scholz wiegelt aber ab. Der Verdacht richte sich nicht gegen Beschäftigte des Ministeriums, sondern gegen unbekannte Mitarbeiter der FIU an deren Sitz in Köln. Die Razzia sei «politisch motiviert», so die SPD argwöhnich. Ob die Affäre Scholz' Erfolgskurs ausbremst, wird sich in zwei Wochen bei der Bundestagswahl zeigen. Armin Laschet jedenfalls wittert Morgenluft.