Es gehe nicht mehr nur um den Donbass mit den von Russland anerkannten «Volksrepubliken» Donezk und Luhansk und um die südukrainischen Gebiete Cherson und Saporischschja, sondern auch um «eine Reihe anderer Territorien», sagte Russlands Aussenminister Sergej Lawrow am Mittwoch im Interview des Moskauer staatlichen Fernsehsenders RT. «Dieser Prozess geht weiter, er geht folgerichtig und mit Nachdruck weiter.» Der ukrainische Aussenminister kritisierte die Äusserungen erwartungsgemäss. «Russland verwirft die Diplomatie und ist auf Krieg und Terror konzentriert», schrieb er bei Twitter.
Nach Darstellung von Lawrow erhält die Ukraine Waffen vom Westen mit immer grösserer Reichweite von inzwischen bis zu 300 Kilometern. Entsprechend würden die ukrainischen Truppen immer weiter zurückgedrängt, damit für die «Volksrepubliken» oder Russland keine Bedrohung entstehe. Lawrow sagte: «Die Geografie ist jetzt schon eine andere». Auch am 147. Tag des Krieges gingen die Kämpfe vor allem im Osten und Süden der Ukraine weiter.
Blick informiert im Ticker Live über die aktuellen Entwicklungen in der Ukraine.
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Im Streit um Gaslieferungen über die Nordseepipeline Nord Stream 1 deutete Kreml-Chef Wladimir Putin an, den Gashahn wieder aufzudrehen - aber womöglich nur ein bisschen. Wie aus vorläufigen Daten des Netzbetreibers Gascade hervorging, wurden für Donnerstag Lieferungen angekündigt.
USA wollen neue Waffen liefern
Die US-Regierung will der Ukraine vier weitere Mehrfach-Raketenwerfer vom Typ Himars liefern. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin sagte Mittwoch bei einem Online-Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe, die bisher gelieferten Himars-Raketenwerfer hätten «auf dem Schlachtfeld so viel bewirkt». Als Teil des nächsten Pakets für die Ukraine würden die USA ausserdem weitere Waffen, Munition und Ausrüstung liefern, darunter Raketen und Artilleriegeschosse. Details würden im Laufe der Woche bekanntgegeben.
Die Besatzungsverwaltung des Gebiets Cherson im Süden der Ukraine meldete unterdessen Angriffe mit dem Himars-System, wie die russische staatliche Nachrichtenagentur Ria Nowosti berichtete. In der von Russland besetzten Stadt Cherson sei die einzige Strassenbrücke über den Fluss Dnipro geschlossen worden, nachdem Raketen mit Himars-Raketenwerfern auf das Bauwerk abgefeuert worden seien. Die Ukraine plant in der Region die Rückeroberung von Gebieten.
EU bringt neue Sanktionen auf den Weg
Die neuen Russland-Sanktionen der EU sollen an diesem Donnerstag in Kraft treten. Der Ausschuss der ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten brachte am Mittwoch in Brüssel das schriftliche Beschlussverfahren auf den Weg, wie Diplomaten der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel bestätigten. Es gilt als Formalie, da der Einleitung des Verfahrens normalerweise nur zugestimmt wird, wenn alle EU-Hauptstädte keine Einwände mehr haben. Das neue Paket mit Russland-Sanktionen umfasst unter anderem ein Einfuhrverbot für russisches Gold.
Putin verspricht Wiederaufbau des Donbass
Der russische Präsident Wladimir Putin kündigte angesichts der Zerstörungen durch seinen Krieg in der Ukraine einen Wiederaufbau der Städte im Donbass an. Es sei viel zu tun in den «Volksrepubliken» Luhansk und Donezk, sagte Putin am Mittwoch. «Deshalb wird unser Land der Volksrepublik Luhansk und der Volksrepublik Donezk helfen», sagte er. Russland hatte im Februar die von der Ukraine abtrünnigen Gebiete Luhansk und Donezk als unabhängige Staaten anerkannt und danach den Krieg begonnen - offiziell zu deren Schutz.
Syrien kappt Beziehungen zur Ukraine
Syrien kündigte an, seine diplomatischen Beziehungen zur Ukraine abzubrechen. Grund sei nach einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur Sana, dass die Ukraine vor vier Jahren Visa syrischer Diplomaten in Kiew nicht erneuerte. Sana berief sich dabei auf das Aussenministerium, das der Ukraine vorwarf, damals ebenfalls diplomatische Beziehungen abgebrochen zu haben. Moskau ist im syrischen Bürgerkrieg neben dem Iran der engste Verbündete der Führung in Damaskus.
Fliesst Gas - und wie viel?
Mit Spannung schauen Deutschland und andere europäische Länder auf das am Donnerstag erwartete Ende der geplanten Wartung der Nordseepipeline Nord Stream 1. Putin hatte zuletzt beteuert: «Gazprom erfüllt seine Verpflichtungen, hat sie stets erfüllt und ist gewillt, weiterhin alle seine Verpflichtungen zu erfüllen.» Zugleich warnte er aber vor einem weiteren Absenken der Liefermenge, sollte Russland eine in Kanada reparierte Turbine nicht zurückerhalten. Die Bundesregierung machte klar, man erwarte von Gazprom nach Ablauf der Wartungsfrist, dass Gas in vollem Umfang wieder fliessen werde.
Putin warf westlichen Politikern unterdessen vor, für eigenes Fehlverhalten Russland verantwortlich zu machen. In vielen Ländern sei es bereits «zur Mode» geworden, etwa im Energiesektor herum zu spekulieren, sagte Putin. «Sie machen den Menschen mit diesen Problemen Angst, und dann treffen sie Entscheidungen, die unvernünftig und unberechenbar sind. Und der nächste Schritt ist: Sie suchen nach Schuldigen.» Als Energielieferant werde Russland verantwortlich gemacht, obwohl es damit nichts zu tun habe.
(SDA)