Die Wahlniederlage am 3. November 2020 und der Sturm aufs Kapitol am 6. Januar sitzt vielen Republikanern noch tief in den Knochen. Nach dem grossen Schock beginnt nun das grosse Wundenlecken. Diese Woche trifft sich die Parteileitung in Orlando, im Bundesstaat Florida, zur ersten Klausurtagung nach dem Desaster.
Obwohl das mehr oder weniger gleich um die Ecke von Donald Trumps (74) Wohnsitz in Palm Beach liegt, ist der ehemalige US-Präsident nicht dabei. Liz Cheney (54), die dritthöchste Republikanerin und Vorsitzende der Konferenz, sagte zu Reportern über Trump: «Ich habe ihn nicht eingeladen.»
Sie war eine der zehn Republikaner, die dafür gestimmt hatten, Trump wegen des Kapitols-Angriffs anzuklagen. Sie hatte auch schon im Februar gesagt, dass Trump «in Zukunft keine Rolle als Führer in unserer Partei» haben werde.
Nächste Wahlen in Vorbereitung
Das heisst: Die Partei scheint ihre Zukunft tatsächlich ohne Trump zu planen. Denn bei der Konferenz geht es nicht nur um einen Rückblick auf die Niederlage, sondern auch um die Vorbereitungen auf die nächsten Wahlen, die in eineinhalb Jahren am 8. November 2022 bevorstehen.
Bis dann will die Partei ihre internen Gräben überwunden haben, was nur ohne Trump möglich ist. Denn nur so hat sie eine Chance, Boden gutzumachen und verlorene Parlamentssitze zurückzuerobern.
Streit zu Sitzungsbeginn
Zu den Rednern an der Klausur gehören Top-Republikaner wie Ronna McDaniel (48), Vorsitzende des Nationalkomitees, Sarah Huckabee Sanders (38), Trumps ehemalige Pressesprecherin und Kandidatin für den Gouverneursposten in Arkansas, sowie Ari Fleischer (60), ehemaliger Pressesprecher von George W. Bush (74).
Doch auch ohne Trump steht die Konferenz unter keinem guten Stern. Schon der Auftakt lief schief, da sich Liz Cheney mit dem Fraktionschef im Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy (56), nicht darüber einigen konnte, wie weit die Untersuchungen zum Kapitol-Sturm gehen sollen. Liz Cheney fordert eine unabhängige und parteiübergreifende Kommission, so wie damals bei 9/11.
Tritt Trump wieder an?
So schnell wird bei den Republikanern also keine Ruhe einkehren. Vor allem auch deshalb nicht, weil das Kapitel Trump trotz seiner Abwesenheit wohl nicht abgeschlossen werden kann.
Denn Trump scheint sich auf eine erneute Kandidatur als US-Präsident vorzubereiten. «Ich sehe es ernst, mehr als ernst», sagte er diese Woche. Und die Wetten stehen bei 50 Prozent, dass er es wirklich auch so meint und 2024 wieder antreten wird.