AfD-Chefin Alice Weidel hat den Austritt Grossbritanniens aus der Europäischen Union als «Modell für Deutschland» bezeichnet. In einem auf Englisch erschienenen Interview mit der Londoner «Financial Times» vom Montag skizzierte Weidel das Vorgehen ihrer Partei für den Fall einer Regierungsübernahme: Zunächst würde die AfD versuchen, über eine Reform der EU deren «Demokratiedefizit» aufzulösen. Sollte dies keinen Erfolg haben, würde ein Referendum über Deutschlands Verbleib in der EU angesetzt.
Die Bundesregierung zeigte sich alarmiert über die Äusserungen. «Die von der AfD offensichtlich angestrebte Entscheidung für einen Dexit, einen Austritt Deutschlands aus der Europäischen Union, gefährdet die Grundfesten unseres Wohlstands», sagte Franziska Brantner (Grüne), die Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, der Nachrichtenagentur AFP. Der EU-Binnenmarkt sei «grundlegend für unseren wirtschaftlichen Erfolg als starke Exportnation». Die AfD würde «unserer Wirtschaft, Unternehmen und Beschäftige massiv schaden».
Wahlprogramm spricht von «gescheitertem Projekt»
Weidel hingegen würdigte den EU-Austritt Grossbritanniens als «absolut richtig». Die AfD hatte im vergangenen Sommer in Magdeburg ihre Kandidatenlisten und ihr Programm für die im Juni stattfindende Europawahl beschlossen. «Wir halten die EU für nicht reformierbar und sehen sie als gescheitertes Projekt», heisst es in dem Programm. «Daher streben wir einen ‹Bund europäischer Nationen› an, eine neu zu gründende europäische Wirtschafts- und Interessengemeinschaft, in der die Souveränität der Mitgliedsstaaten gewahrt ist.»
Über einen möglichen Austritt Deutschlands aus der EU schliesst die AfD eine Volksabstimmung nicht aus. «Es ist das selbstverständliche Recht eines jeden Volkes in der Europäischen Union, über den Verbleib in der EU, die Währungsunion und sonstige supranationale Projekte abzustimmen», heisst es in dem Programm. Dieses Recht werde «uns in Deutschland von den seit Jahrzehnten regierenden Parteien vorenthalten.»
AfD-Spitzenkandidat bei der Europawahl am 9. Juni ist der umstrittene sächsische Politiker Maximilian Krah. Bislang ist die AfD mit neun Abgeordneten im Europaparlament vertreten. (AFP)