Nach dem tödlichen Seilbahnunglück am Lago Maggiore klickten die Handschellen. Die Verhafteten: Der Inhaber der Firma Ferrovie del Mottarone, ein Ingenieur und der Betriebschef. In den Verhören hatten sie den Ermittlern die Manipulation der Notbremse gestanden.
Mit einer sogenannten Gabel wollten sie verhindern, dass es immer wieder zu Betriebsunterbrechungen kam. Damit nahmen sie den Tod der Passagiere fahrlässig in Kauf: Als am Sonntag das Zugseil nachliess, hätten die Fangbremsen greifen müssen. Doch die angebrachte Gabel – eine rote Klammer – verunmöglichte dies – und 14 Menschen stürzten in den Tod.
Zweite Gondel zeigt: Unglück wäre zu vermeiden gewesen
Letztendlich hatte eine Verkettung unglücklicher Umstände zu dieser Katastrophe geführt. Berno Stoffel (51), Präsident der Branchenorganisation Seilbahnen Schweiz: «Wenn der Mensch und die Technik gleichzeitig versagen, kann es zu besonders problematischen Situationen kommen.»
Er kritisiert die Betreiber scharf. Die menschliche Einwirkung mache die ganze Tragik dieses Unfalls noch grösser. «Dass die Notbremsung durch die Montage einer Gabel verhindert wurde, ist nicht zulässig und nicht verantwortbar. Das darf nicht sein!»
Durch die Gabel werde der Bremsmechanismus ausgehebelt, erklärt Stoffel. «Somit kann die Bremse – im Fall, dass der Zug nachlässt – nicht zuschnappen.» Bei der unteren Kabine sei offensichtlich keine Gabel montiert gewesen. «Dort hat der Mechanismus funktioniert. Ansonsten wäre sie hangabwärts gerutscht und mit der Talstation kollidiert.»
Fremdeinwirkung auch beim Seil «wahrscheinlich»
Laut den italienischen Ermittlern hatte es vor dem Unfall bereits Störungen bei der Seilbahn gegeben. Daraufhin sei die Wartung eingeschaltet worden, die das Problem jedoch nicht oder nur teilweise gelöst habe. Um weitere Betriebsunterbrechungen zu vermeiden, entschieden sich die Seilbahnbetreiber demnach, die Gabel, die sonst nur bei Wartungsarbeiten oder Fahrten ohne Passagiere eingesetzt wird, an Ort und Stelle zu belassen.
«Der Einsatz einer Gabel im laufenden Betrieb ist in der Schweiz wie auch in ganz Europa verboten», sagt Stoffel. «Zudem müssen die Fangbremsen auch in Italien einmal im Jahr getestet werden. Diese Normen und Standards sind in ganz Europa gleich.»
Auch beim Seil ist eine Fremdeinwirkung laut Stoffel «wahrscheinlich». «Ein Seil reisst nicht einfach so», sagt der Experte. «Man darf nicht vergessen, dass sie so konzipiert sind, dass sie das Fünffache der zugelassenen Belastung aushalten würden.»