Balkan-Experten warnen vor Rybars «Medienschule»
Prominenter Putin-Blogger lehrt Serben «korrektes Schreiben»

Einer der berühmtesten russischen Militärblogger hat im Balkan eine «Medienschule» eröffnet. Hier dürfte er mit seiner Propaganda auf fruchtbaren Boden stossen, meinen Experten.
Publiziert: 27.04.2024 um 14:48 Uhr
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Aktualisiert: 27.04.2024 um 14:51 Uhr
Michail Sergejewitsch Zwintschuk hat auf «Rybar» 1,1 Millionen Abonnenten.
Foto: Screenshot
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Guido FelderAusland-Redaktor

Michail Sergejewitsch Zwintschuk (32) ist ein russischer Militärblogger, der auf seinem Telegram-Kanal «Rybar» laufend über den Krieg in der Ukraine berichtet. Er kennt das russische Verteidigungsministerium bestens: Nach der Suworow-Militärschule besuchte er die Militäruniversität und arbeitete im Pressedienst des Ministeriums. 

Nun will der Blogger, dessen Artikel von bis zu 300’000 Personen gelesen werden und der Kanäle auch auf Englisch, Französisch und Deutsch betreibt, mit seiner Propaganda Europa infiltrieren.

Wie das Institute for the Study of War (ISW) berichtet, hat er am Donnerstag im Westbalkan eine «Medienschule» eröffnet. Vergangene Woche soll er sich in Serbien sowie in der bosnischen Teilrepublik Srpska aufgehalten und vor rund 500 Personen Vorträge gehalten haben.

«Fake News» bekämpfen

Ziel der «Rybar Media School»: Das Team will Studenten, Journalisten, Politikern und Akademikern beibringen, wie man Telegram-Kanäle erstellt und betreibt und natürlich auch, wie man «korrekte» Inhalte verbreitet und «Fake News» bekämpft. 

Gerade in Fake News ist Zwintschuk aber selber ein Meister. Die Ukraine hat ihn auf die Sanktionsliste gesetzt, weil er «Krieg propagiert, Desinformation verbreitet und das Putin-Regime unterstützt». Auch die EU hat ihn inzwischen auf der Sanktionsliste aufgeführt. 

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Der Kreml versucht, in Serbien Einfluss zu nehmen.
Foto: ANDREJ ISAKOVIC

Propaganda aus dem Kreml

Russland-Experte Fabian Burkhardt (39) vom Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung in Regensburg (D) warnt vor dieser «Medienschule»: «Sie ist kein kommerzielles Projekt oder eine Privatinitiative Rybars. Alles spricht dafür, dass sich diese in die russische Strategie der Einflussnahmen im Ausland mit Desinformation und Propaganda einfügt und demnach eng vom Kreml, dem Verteidigungsministerium und dem Militärgeheimdienst koordiniert wird und inhaltlich abgestimmt ist.»

Rybar betrachte die serbischen Gebiete als den westlichen Aussenpunkt der «slawischen Welt» und weise ihnen eine wichtige Rolle zu, sagt Burkhardt. Wie gross die Einflussnahme tatsächlich sein wird, bleibe abzuwarten. Burkhardt gibt aber zu bedenken: «Der potenzielle Resonanzboden für russische Einflussmassnahmen in Serbien und der Republika Srpska ist erheblich.»

Serben driften Moskau ab

Das sieht auch Burkhardts Kollege, Historiker und Balkan-Experte Konrad Clewing (56) vom gleichen Institut, so. «Im serbischen Bereich sind viele Menschen empfänglich für die russische Einflussnahme, teils aus empfundener historisch-kultureller Nähe, teils aus vermeintlicher Interessengleichheit mit Russland in Serbien beziehungsweise die Serben betreffenden Fragen rund um Kosovo und die eventuelle Sezession der Republika Srpska.» Ebenfalls eine Rolle spiele, dass man zu einer vermeintlich ungerechten Behandlung von Serben und Russen durch den Westen eine Gegenposition einnehmen wolle. 

Clewing schliesst ein weiteres Abdriften Serbiens «in russische Gewässer» nicht aus. Denn die Belgrader Haltung habe sich verschärft, unter anderem wegen der anstehenden Aufnahme Kosovos in den Europarat und der Anfang Mai anstehenden Abstimmung bei den Vereinten Nationen über eine Gedenkresolution zum Genozid von Srebrenica im Jahre 1995. Auf der andern Seite sei Belgrad wegen Geldzahlungen auch an guten Beziehungen nach Brüssel interessiert. 

Putin will Region destabilisieren

Die beiden Forscher sind sich einig: Putins Russland versuche, den Westen zu schwächen, wo immer es ihm möglich sei. «Aus russischer Sicht ist es dafür nützlich, den Einfluss der EU und der USA auf dem Westbalkan zu untergraben und die Region unter Zuhilfenahme von innerregionalen Akteuren wie Serbien, der Republika Srpska oder Ungarn zu destabilisieren.»

Und da die Auseinandersetzung immer bewusster auch als hybrider Krieg um die öffentliche Meinung verstanden werde, sei der Versuch der Ausweitung auf eine regierungs- und geheimdienstnahe russisch-serbische Bloggerszene nur eine logische Folge.

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