Es klingt bedrohlich: «Serbien stehen schwere Zeiten bevor. [...] Doch wir werden kämpfen. Und Serbien wird siegen.» Mit dieser Botschaft wendet sich der serbische Präsident Aleksandar Vucic (54) auf Instagram an sein Volk. Kündigt er etwa einen neuen Balkan-Krieg an? Was er mit seiner ominösen Nachricht meint, sagt Vucic nicht. Sein Verhalten in den letzten Wochen gibt aber Hinweise darauf. Blick erklärt, warum der Serben-Präsident so mit dem Säbel rasselt.
«Wir müssen für unsere Chancen kämpfen»
Vor zwei Tagen stellte Vucic den serbischen Austritt aus dem Europarat in Aussicht. Grund dafür sind Europas Bemühungen, Kosovo in den Rat aufzunehmen. In seiner geheimnisvollen Instagram-Botschaft von Dienstagabend schreibt Vucic: «Wir haben in den letzten 48 Stunden Informationen erhalten, die unmittelbar unsere nationalen Interessen bedrohen.» Spricht er damit etwa nochmals den möglichen Europarat-Beitritt des Kosovo – und somit Serbiens Austritt – an?
Möglich ist es. Bereits am 17. März, zum 20. Jahrestag der Ausschreitungen von über 50’000 Kosovo-Albanern gegen Serben und andere Minderheiten, meinte Vucic in seiner Rede, dass sich der Westen zwischen Serbien und Kosovo entscheiden muss. Entscheide sich Europa falsch, werde Serbien «auf den besten Moment warten und für unsere Chance kämpfen».
Für viele Beobachter klangen Vucics Worte wie eine ernstzunehmende Drohung. Ein kurzer Blick zurück: Im Dezember sprach Vucic bewundernd über den aktuellen und den vorherigen Präsidenten von Aserbaidschan. Die beiden hätten insgesamt 27 Jahre lang auf die «passenden geopolitischen Umstände» gewartet, um Bergkarabach zurückzuerobern.
US-Bericht warnt, Vucic droht – kommt der Krieg?
Ist für Vucic jetzt also der «beste Moment» gekommen, um den Kosovo anzugreifen? Schliesslich spitzt sich der Konflikt zwischen Serbien und Kosovo seit Monaten zu. Im vergangenen September liess Vucic an der Grenze zu Kosovo serbische Truppen aufmarschieren. Dies, nachdem serbische Paramilitärs kosovarische Polizisten angegriffen hatten.
Und ein Bericht des US-Geheimdienstes warnt für dieses Jahr vor einem «erhöhten Risiko für interethnische Gewalt». Also Gewalt zwischen zwei unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen – wie Serben und Kosovo-Albaner. Tatsächlich wird der Serbien-Kosovo-Konflikt in diesem Bericht als Beispiel aufgeführt. Alle Zeichen stehen auf Eskalation, trotzdem sind sich Experten sicher: Ein neuer Balkan-Krieg ist (noch) nicht in Aussicht.
Vucic riskiert einen Flächenbrand
Und vielleicht muss Vucic auch keinen neuen Balkan-Krieg ausrufen. Seine Drohungen allein könnten ausreichen, um seine Ziele zu erreichen: Kosovo den Eintritt in die EU zu verwehren. Denn je mehr Vucic mit Gewalt oder einer weiteren Zuwendung zu Russland droht, desto eher erhält er Unterstützung vom Westen. Denn in Europa möchte man um jeden Preis verhindern, dass Russland seine Macht in Europa ausweiten kann.
Aber egal, was Vucic mit seiner unheilvollen Botschaft konkret meint: Er spielt mit dem Feuer – denn er weiss genau, dass auf dem Balkan ein einziger Funke reicht, um einen Flächenbrand auszulösen.