Uralter, dichter Regenwald, eine erstaunliche Artenvielfalt, wunderschöne Strände: Die südostasiatische Insel Borneo ist ein Wunder der Natur. Doch sie gerät immer stärker in Bedrängnis – unter anderem, weil für den Abbau von Kohle Regenwald abgeholzt wird, auch durch das Bergbauunternehmen PT Borneo Prima. Seit 2019 baut die Firma in der Region Kalimantan jährlich 2,3 Millionen Tonnen Kohle ab.
150 Hektar Regenwald sind zerstört, 15'000 Hektar sind bedroht
Mit Folgen: «Bis anhin wurden für die Kohlemine 150 Hektar Regenwald zerstört, 15'000 Hektar sind bedroht», sagt Johanna Michel, stellvertretende Geschäftsleiterin des Bruno-Manser-Fonds, eines Vereins, der sich in Anlehnung an seinen Gründer, den Umweltaktivisten Bruno Manser, für den Erhalt der tropischen Regenwälder und die Rechte der Bevölkerung auf Borneo einsetzt.
«Der Regenwald im Herzen Borneos ist ein einzigartiges Ökosystem, Lebensraum für unglaublich viele Tier- und Pflanzenarten», sagt Michel. Auf dem Gebiet der Minenkonzession leben und wachsen auch gefährdete oder sogar vom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzenarten wie der Weissbartgibbon, der Gelbscheitelbülbül oder der Rhinozerosvogel. Dies sei dem Unternehmen bekannt, wie ein Blick in dessen Umweltverträglichkeitsstudie beweise.
Schweizer Unternehmen war auch an Kohlemine beteiligt
Eng mit der Kohlemine auf Borneo verwoben war bis vor kurzem auch ein Schweizer Unternehmen. Wie Dokumente beweisen, die SonntagsBlick vorliegen, war die IMR Holding AG mit Sitz in Zug noch im Frühjahr 2021 mit 49 Prozent an der Kohlemine beteiligt.
Die Aktiengesellschaft ist laut Onlineportal zentralplus.ch Dachgesellschaft einer international tätigen Gruppe von 25 Firmen, die in Rohstoffhandel, Bergbau und Rohstoffverarbeitung tätig sind. Verwaltungsratspräsident ist der Anwalt Hans-Rudolf Wild, Partner im Advokaturbüro Schweiger und ehemaliger Präsident der FDP Stadt Zug. Mittlerweile sei die IMR-Gruppe nicht mehr an der PT Borneo Prima beteiligt, stellt Wild auf Anfrage von SonntagsBlick klar.
Das ändere nichts daran, dass der Konzern für die Umweltzerstörung mitverantwortlich sei, sagt Oliver Heimgartner, Sprecher der Koalition für Konzernverantwortung: «Bundesrat und Wirtschaftsverbände wurden in der Abstimmungskampagne um die Konzernverantwortungs-Initiative nicht müde zu behaupten, dass Schweizer Konzerne sich bereits freiwillig an Umweltstandards und Menschenrechte hielten. Dieses Beispiel beweist leider einmal mehr das Gegenteil», kritisiert er. Und stellt fest: «Der Abbau von Kohle im Regenwald gefährdet bedrohte Tierarten und verstösst gegen internationale Umweltstandards.»
Eine Kohlemine im Regenwald sei zudem ökologisch verheerend, weil sie wichtigen CO2-Speicher zerstöre und durch die Kohleförderung auch den Klimawandel weiter anheize.
OECD-Leitlinien beruhen «auf dem Prinzip der Freiwilligkeit»
Vergangenes Jahr hatte der Bruno-Manser-Fonds das Unternehmen in einem Schreiben mit den Vorwürfen konfrontiert und um einen offenen Dialog gebeten. Im Antwortschreiben, das SonntagsBlick vorliegt, liess Verwaltungsratspräsident Hans-Rudolf Wild zwar verlauten, die Einhaltung von Vorschriften im Bereich Umweltschutz und Schutz der Bevölkerung gehöre zu den wichtigsten Anliegen der IMR-Gruppe. Die OECD-Leitlinien brächten jedoch für die Unternehmen lediglich «eine an sie gerichtete Erwartung zum Ausdruck», sie beruhten «auf dem Prinzip der Freiwilligkeit» – rechtlich zwingenden Charakter besässen sie nicht. Eine Umsetzung in Schweizer Recht habe bislang nicht stattgefunden. Man sehe sich daher nicht dazu veranlasst, auf die vom Verein gestellten Fragen detailliert einzugehen – und werde keine weitere Korrespondenz mit den Umweltschützern führen. Auch gegenüber SonntagsBlick wollte sich Wild nicht zu den Vorwürfen äussern.
Dass die IMR Holding mittlerweile nicht mehr an der Kohlemine beteiligt ist, deutet der Bruno-Manser-Fonds als gutes Zeichen. Johanna Michel: «Falls IMR die Kohlemine tatsächlich abgestossen hat, bewerte ich das als Erfolg. Wir verlangen aber, dass IMR auch keine Kohle mehr aus Regenwaldgebieten bezieht.»
Trotz verkaufter Anteile weiterhin auf der Firmenwebsite gelistet
Wieso und an wen die IMR Holding ihre Anteile verkauft hat, will Hans-Rudolf Wild auf Anfrage von SonntagsBlick nicht bekannt geben. Und die Frage, weshalb die IMR Metallurgical Resources AG – wo Wild ebenfalls als Verwaltungsratspräsident amtet – auf ihrer Website nebst Gold- und Eisenerzminen in Mexiko und einer Stahlfabrik in Indonesien auch die Kohlemine auf Borneo noch immer als Produktionsstätte aufführt, blieb ebenfalls unbeantwortet. Das Unternehmen betreibt hauptsächlich die Gewinnung und Verarbeitung sowie den Handel mit Bodenschätzen und beschreibt sich online als führenden globalen Rohstoffpartner der internationalen Energie- und Stahlindustrie.