Er hat lange Haare, trägt dicke Silberringe und ein Totenkopf-Armband. Statt eines Anzugs hat er einen modischen schwarzen Cardigan über die Schultern gelegt. Anders Indset (45) sieht nicht aus wie der typische WEF-Besucher. Die Medien haben den gebürtigen Norweger, der seit 20 Jahren in Deutschland lebt und perfekt Deutsch spricht, auch schon als «Digital-Jesus», «Rock'n'Roll-Plato» oder «einem Herr-der-Ringe-Film entsprungen» bezeichnet.
Indset fällt in Davos nicht nur optisch auf, er hat auch keine für das WEF typischen Ideen. «Der Kapitalismus braucht ein Upgrade», sagt «einer der führenden Wirtschaftsphilosophen», wie er sich selber wenig bescheiden beschreibt, an einem Anlass auf der Davoser Schatzalp. Indset hat mehrere Bestseller publiziert. In Davos stellt er den geladenen Gästen sein Werk «Die Quantenwirtschaft» vor.
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Er verknüpft darin wirtschaftliche Prinzipien mit Konzepten aus der Quantenphysik. Die Grundidee: In der Wirtschaft sollen, wie in der Quantenphysik, verschiedene Zustände oder Realitäten gleichzeitig bestehen und miteinander interagieren können. «Das bringt uns von einer opportunistischen Wirtschaft hin zu einem menschlichen Kapitalismus», argumentiert Indset. Er wirft mit Schlagwörtern um sich, neben den bereits erwähnten fällt auch die das Stichwort Chaostheorie, er spricht zudem über Ambiguitäten oder «Lame-Duck-Kapitalismus».
Charmanter Ex-Handball-Profi – und Pseudowissenschaftler?
Die meisten seiner Gäste dürften die Details seiner Theorie in diesem Redeschwall kaum verstanden haben. Auch vonseiten der Wissenschaft muss Indset regelmässig Kritik einstecken. Seine Theorie sei «Geschwafel», die von ihm gemachten Zusammenhänge «fehlerhaft».
Auf der Schatzalp spielt das keine Rolle. Der ehemalige Leistungssportler (Indset spielte in der norwegischen Handball-Nationalmannschaft) wickelt seine Gäste mit seinem unbestreitbaren Charme um den Finger.
Hier tummeln sich die Trittbrettfahrer
Auffällig: Die meisten der Gäste an diesem und anderen Rand-Events des WEF haben keinen der begehrten WEF-Badges. Sie kommen also gar nicht ins Kongresszentrum rein, wo das eigentliche Weltwirtschaftsforum stattfindet. Stattdessen vertreiben sie sich die Zeit an den Networking-Anlässen am Rande des Forums, die immer mal wieder als «Trittbrettfahrer» verschrien werden – nicht zuletzt von den WEF-Organisatoren selber, die keine Kontrolle über Form und Inhalt dieser Anlässe haben.
Auch Indset selber steht nicht auf der offiziellen WEF-Teilnehmerliste. Für ihn habe sich die Reise dennoch voll gelohnt, ist er überzeugt. «Davos ist ein Schmelztiegel von Ideen und Austausch», schwärmt er. Noch dieses Jahr publiziert Indset sein nächstes Buch. Wenn es läuft wie bisher, wird auch dieses auf der Bestellerliste landen. Geschwafel hin oder her.