Weder an Bancomaten noch in Filialen
Erste Genossenschaftsbank gibt kein Bargeld mehr aus – macht das Beispiel in der Schweiz Schule?

Es ist keine Neobank, die hier aufs Bargeld pfeift, sondern eine regionale Genossenschaftsbank im deutschen Bundesland Hessen. Immer weniger Kunden hoben an den Bancomaten und Bankschaltern Bargeld ab. Auch in der Schweiz werden laufend Bancomaten abgebaut.
Publiziert: 26.10.2022 um 00:03 Uhr
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Aktualisiert: 26.10.2022 um 14:53 Uhr
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Das Bancomaten-Netz in der Schweiz ist überdurchschnittlich dicht – noch. Bancomat in Lausanne.
Foto: Keystone
Sarah Frattaroli

Die Raiffeisenbank im Hochtaunus ist eine ganz gewöhnliche Genossenschaftsbank. Ausser, dass sie bald kein Bargeld mehr anbietet! Die vier Filialen der Kleinbank im deutschen Bundesland Hessen werden noch dieses Jahr geschlossen, die Bancomaten abgebaut, wie «Biallo.de» berichtet. Laut dem Online-Finanzmagazin gibt es lediglich noch ein einziges zentrales Servicecenter, allerdings ohne Bargeldgeschäfte.

«Zuletzt hatten wir nur noch zwei Besucher pro Stunde. Die Zahl der Bargeldabhebungen lag bei unter zehn pro Tag über alle Filialen hinweg», sagt Achim Brunner (53), Vorstandsvorsitzender der Raiffeisenbank im Hochtaunus, dem Online-Finanzmagazin. Kunden der Raiffeisenbank Hochtaunus müssen für den Bargeldbezug fortan auf andere Banken und deren Geldautomaten ausweichen, können dort aber weiterhin gebührenfrei Bargeld beziehen.

Über 3000 Bancomaten verschwinden

Bisher waren es vor allem Neobanken, die aufs Bargeld pfiffen, stattdessen Banking auf dem Smartphone propagierten. Dass nun ausgerechnet eine genossenschaftliche Regionalbank Schluss macht mit Noten und Münzen, spricht für einen Umbruch im Bargeldgeschäft.

Dieser macht auch vor der Schweiz nicht halt: Mehr als 7000 Bancomaten gibt es hierzulande – noch. «Das sind eindeutig zu viele», sagte Six-Chef Jos Dijsselhof (56) schon Anfang des Jahres in einem Interview mit dem «SonntagsBlick». Er prophezeite, dass die Hälfte der Bancomaten in der Schweiz innerhalb der nächsten fünf Jahre verschwinden werde.

Einfallstor für Panzerknacker

Die Schweizer Bancomaten-Dichte ist laut Finanzdienstleisterin Six überdurchschnittlich hoch. Seit fünf Jahren beobachtet sie allerdings «einen kontinuierlichen Rückgang der Bancomaten in der Schweiz im einstelligen Prozentbereich», wie es auf Anfrage heisst.

Die Bargeldbezüge pro Automat sind in der Schweiz denn auch unterdurchschnittlich tief – Tendenz weiter sinkend. Schliesslich gerät Bargeld immer mehr aus der Mode. Gemäss der diesjährigen Zahlungsmittelstudie des Vergleichsdienstes Moneyland halten gerade noch 30 Prozent der Schweizer Bevölkerung Bargeld für unverzichtbar. Die Pandemie hat den Niedergang des Bargelds weiter beschleunigt.

Die Schweizer Banken leisten sich ihr dichtes – teures! – Bancomaten-Netz für einen immer kleineren Kundenkreis. Dieses birgt zudem die Gefahr, Einfallstor für Panzerknacker zu sein: Zuletzt schlugen sie vor wenigen Tagen in Mehlsecken LU zu.

Volksinitiative fürchtet ums Bargeld

Ganz vom Bargeld verabschieden wollen sich die Banken trotzdem nicht, das zeigen Anfragen von Blick bei den grössten Schweizer Geldinstituten. Sie verkünden unisono, dass die Zahl der Bancomaten zwar rückläufig sei – aber niemals auf null sinken werde. Besonders strikt ist Postfinance: Sie ist durch den Grundversorgungsauftrag verpflichtet, den Leuten weiterhin Bargeld anzubieten, Vormarsch von Twint, Apple Pay und Co. hin oder her.

Der jüngste Totalausfall sämtlicher Kartenzahlungen bei Coop zeigt denn auch, dass Bargeld eben doch nötig ist. Gerade mit Blick auf eine mögliche Energiemangellage.

Letztes Jahr ist gar die Volksinitiative «Bargeld ist Freiheit» lanciert worden. Sie will in der Bundesverfassung festhalten, dass «Münzen oder Banknoten immer in genügender Menge zur Verfügung stehen». Die Unterschriftensammlung läuft noch bis Februar. Hinter dem Begehren steht die Freiheitliche Bewegung Schweiz, die schon die Initiative «Stopp Impfpflicht» lanciert hatte.

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