Zur Geburt, zur Taufe oder zum 18. Geburtstag gibts in der Schweiz traditionellerweise ein Goldvreneli von Gotti und Götti oder den Grosseltern. Das Traditionsgeschenk wird dabei immer teurer. Im Jahr 2000 kostete das Vreneli noch 50 Franken. 2010 waren es schon 220 Franken, heute sind es 350 Franken.
Die Preisentwicklung beim Goldvreneli – immerhin 58 Millionen davon liegen in Schweizer Schmuckschatullen, Banksafes oder verstaubt und vergessen auf dem Estrich herum – steht sinnbildlich für die Entwicklung des Goldpreises im Allgemeinen. Er kennt seit Jahren nur eine Richtung: nach oben. Anfang Monat kletterte die Feinunze Gold in US-Dollar gar auf ein neues Allzeithoch.
Goldhändler werden überrannt
Beflügelt wird der Goldpreis von Rezessionsangst, Banken-Beben, hoher Inflation, schwachem Dollar und geopolitischen Unsicherheiten. Das ruft auch immer mehr Kleinanleger auf den Plan, die ihr Erspartes in handfeste Goldmünzen oder -barren investieren wollen. «Unsere Umsätze haben sich im Vergleich zu vor der Pandemie verfünffacht», rechnet Christian Brenner (43) vor, Geschäftsführer des Schweizer Goldhändlers Philoro.
Nicht nur wollen immer mehr Menschen in Gold investieren – sondern sie legen sich auch immer grössere Mengen zu. Bei Philoro gehört der 250-Gramm-Goldbarren momentan zu den Topsellern. Ein Stück kostet immerhin 14'000 Franken!
Dafür braucht es ziemlich viel Geld auf der hohen Kante. Christian Brenner empfiehlt, beim gegenwärtigen Umfeld 10 bis 15 Prozent des investierten Vermögens in Gold anzulegen. Caroline Hilb (45), Leiterin Anlagestrategie bei der St. Galler Kantonalbank, rät zu maximal 5 Prozent: «Gold ist ein lohnenswertes Investment. Tendenziell wollen sich die Leute aber zu viel davon zulegen.»
Denn trotz seines Rufs als sicherer Hafen: «Der Goldpreis ist volatil», warnt Hilb. «Er kann auch innert kürzester Zeit 20 Prozent verlieren.» Aber weil schon kleine Kinder wissen, dass Gold wertvoll ist, sind die Leute eher bereit, solche Kursturbulenzen auszuhalten. «Es gibt keine andere Anlage, bei der die Leute so grosszügig sind, wenn sie mal an Wert verliert», erzählt Hilb. Gold geniesst bei den Anlegern einen Sonderstatus.
Barren an der Börse statt unter dem Bett
Wer ins Geschäft mit dem Gold einsteigen will, hat zwei Möglichkeiten: Entweder investiert man an der Börse in Gold-ETF (Exchange Traded Funds). Sie sind an den Goldpreis gekoppelt, bilden diesen praktisch eins zu eins ab. Mit dem Investment wird man zwar zum Gold-Besitzer – hält dieses aber nicht physisch. Stattdessen kauft man sich einen Anteil an einem Goldbarren. Weil dieser Anteil auch sehr klein sein kann, sind ETF das Gold-Investment für die kleinen Leute.
Alternativ kann man physisch Gold kaufen. Der klassische Goldbarren wiegt 12,5 Kilogramm und hat beim aktuellen Goldpreis einen Wert von über 700'000 Franken – das ist nichts für Kleinanleger. Stattdessen greifen sie zu kleineren Barren oder Münzen. Neben dem beliebten Schweizer Goldvreneli gibts etwa den österreichischen Goldphilharmoniker oder das australische Goldnugget für je rund 1800 Franken pro Unze. «Bis zu einem Wert von 20'000 Franken kann man die zu Hause aufbewahren», rät Goldhändler Brenner. Idealerweise aber nicht vergessen und verstaubt auf dem Estrich – sondern in einem Safe.