1,174 Tonnen Gold sind im ersten Quartal weltweit gehandelt worden. Das zeigen neue Zahlen des World Gold Council, der globalen Lobbyorganisation der Goldindustrie. Das entspricht im Vergleich zum Vorjahresquartal zwar nur einem Mini-Wachstum um 1 Prozent. Aber der Trend ist klar: Gold ist so gefragt wie selten zuvor.
Treiber der Nachfrage sind vor allem die Zentralbanken. «Wir haben bei der Goldnachfrage der Zentralbanken noch nie ein so starkes erstes Quartal erlebt», sagt Louise Street, Analystin beim World Gold Council.
Höchstmarke schon fast geknackt
Die Zentralbanken sichern sich in Zeiten galoppierender Inflation, kollabierender Banken und geopolitischer Unsicherheiten mit Gold ab. Das Edelmetall wird seinem Ruf als sicherer Hafen gerade mehr als gerecht.
Das zeigt sich auch im Preis: Gold ist auf dem besten Weg, seine bisherige Allzeit-Höchstmarke vom Sommer 2020 zu knacken. Sie liegt bei 2075 US-Dollar pro Feinunze. In der Nacht zum Donnerstag kratzte der Goldpreis an der Börse in London bereits an dieser Marke, kletterte zeitweise auf knapp 2063 Dollar pro Feinunze.
Auslöser für die Goldpreis-Rally war der Leitzinsentscheid der US-Notenbank Fed. Die Währungshüter hatten den Leitzins zwar erneut angehoben – allerdings nur vorsichtig und mit der Andeutung, dass die Zinserhöhungen nun eine Pause einlegen könnten. Die Aussicht auf ein Ende der steigenden Zinsen macht das Edelmetall attraktiver im Vergleich zu festverzinslichen Anlagen wie Staatsanleihen.
Das verdeutlicht auch: Wenn die Zentralbanken im Sommer tatsächlich eine Zinspause einlegen, dürfte der Goldpreis in neue Höhen klettern.
Die Schweiz profitiert – und Putin
Aber nicht nur die vorsichtigeren Zinserhöhungen, globale Rezessionsängste, das Bankenbeben und der Krieg in der Ukraine stützen die Goldnachfrage. Es sind auch die Konsumentinnen und Konsumenten. «In China war die Nachfrage im ersten Quartal besonders gross», sagt Louise Street. «Dort wurden die Konsumentinnen und Konsumenten erstmals seit drei Jahren gänzlich aus dem Corona-Lockdown entlassen.»
Von der hohen Goldnachfrage profitiert auch die Schweiz: Sie ist nicht nur internationale Rohstoffdrehscheibe – sondern auch Hauptumschlagplatz für die Verarbeitung von Gold. Vier der sieben weltgrössten Goldraffinerien liegen in der Schweiz, drei davon im Tessin. Gemeinsam verarbeiten sie – je nach Schätzung – 40 bis 70 Prozent des weltweit gehandelten Goldes.
Zu den Profiteuren des Gold-Booms gehört aber auch der russische Machthaber Wladimir Putin (70). Russland ist hinter China und Australien der drittgrösste Gold-Produzent weltweit. In der Schweiz und anderen westlichen Ländern ist russisches Gold zwar mit Sanktionen belegt. Putin findet aber problemlos andere Abnehmer – darunter China und Indien.