Wegen Transportproblemen in die Schweiz erlaubt der Bund bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr, die Pflichtlager mit Mineralölprodukten anzuzapfen. Ab kommendem Montag und bis Ende September dürfen weitere 490'000 Kubikmeter aus der Pflichtlagermenge bezogen werden.
Mineralölprodukte sind im internationalen Markt zwar ausreichend vorhanden. Doch beim Transport in die Schweiz gebe es aufgrund von Transportproblemen auf dem Wasser und per Bahn logistische Schwierigkeiten, schrieb das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) am Donnerstag.
Tiefe Pegelstände, reduzierte Ladungen
Wegen der Trockenheit seien die Wasserstände im Rhein tief, sodass die Schiffe nur mit stark reduzierten Ladungen fahren könnten. Transporte auf dem Rhein in die Schweiz seien nahezu zum Erliegen gekommen. Probleme gibt es auch im internationalen Bahnverkehr. Das BWL nennt Personalengpässe und Bauarbeiten.
Ändert sich die Lage nicht, muss noch bis in den Herbst hinein auf die Pflichtlager zurückgegriffen werden. Das BWL gab nun eine zweite Unterschreitung der Pflichtlager um 12,8 Prozent ab Montag (22. August) bis 30. September frei. Das entspricht 490'000 Kubikmetern.
Das Bundesamt hat die Kompetenz, Pflichtlager-Unterschreitungen von bis zu 20 Prozent zu beschliessen. Eine erste Unterschreitung erlaubte es im vergangenen Juli: Damals wurden für die Zeit bis Anfang September bis zu 245'000 Kubikmeter freigegeben - 6,5 Prozent des vom Bund vorgeschriebenen Pflichtlagerbestandes.
Die Schweiz versorgt sich vom Ausland her primär über die Bahn und den Rhein mit Mineralölprodukten. Hinzu kommt im Inland die Raffinerie in Cressier NE. Auch im sehr trockenen Sommer 2018 wurden die Pflichtlager für Mineralölprodukte angezapft, weil ein Transport auf dem Rhein nur noch sehr eingeschränkt möglich war.
Keine Panik angebracht, Versorgung sicher
In der Schweiz gibt es nicht ein Pflichtlager. Weil jeder Importeur eigene Pflichtlagerbestände führt, ist die Notreserve an Benzin und Diesel übers ganze Land verteilt.
Nur weil die Tankstellenbetreiber nun teils Sprit aus dem Notvorrat verkaufen, wird dieser nicht automatisch billiger: Der Treibstoff in den Pflichtlagern kam zwar früher ins Land, als die Frachtpreise noch tiefer lagen. Allerdings müssen die Importeure ihre Lager so schnell wie möglich wieder füllen – indem sie zusätzlichen Treibstoff zu den aktuell hohen Frachtpreisen einkaufen.
Panik sei dennoch keine angesagt, beschwichtigen die Branchenvertreter: Die Pflichtlager halten 4,5 Monate – falls überhaupt kein neuer Treibstoff mehr ins Land gelangt. «Werden weiterhin im gleichen Ausmass Pflichtlager dem Markt zur Verfügung gestellt, so reichen die Pflichtmengen für rund 18 Monaten», beruhigt Andrea Studer (52), Direktorin von Carbura zu Blick. Carbura ist für die Pflichtlager verantwortlich. (SDA/sfr/uro)