Juristisch ist die Sache klar: Die deutsche Regierung hat die Schuldenbremse missachtet.
Doch das ist nur ein Nebenschauplatz. Viel wichtiger ist die Frage, ob eine Schuldenbremse überhaupt Sinn macht. Und da gilt es zunächst einmal festzustellen, dass dieses Konzept auf einer Verwechslung von Betriebs- und Volkswirtschaft beruht. Für ein Unternehmen ist Geld der limitierende Faktor. Für den Staat hingegen nicht. Er stellt ja das Geld selber her – indem er sich verschuldet. Was sich ein ganzer Staat leisten kann oder nicht, hängt nicht vom Geld, sondern allein von den physischen Produktionskapazitäten ab.
Und dafür wiederum sind die Staatsausgaben in zweifacher Hinsicht wichtig. Erstens tragen Investitionen in die Infrastruktur, die Bildung und in die Gesundheit zum Erhalt und zur Stärkung des Produktionsapparats bei. Zweitens muss der Staat mit seinen Ausgaben auch dafür sorgen, dass das Potenzial auch ausgelastet wird.
Dass Deutschland seit Jahrzehnten Exportüberschüsse erzielt, zeigt erstens, dass sich Deutschland nicht gegenüber dem Ausland verschuldet und dass zweitens die Produktionskapazitäten durch die einheimische Nachfrage nicht ausreichend beansprucht werden.
Kein Sparzwang im Voraus
Wann und wofür der Staat Geld ausgibt, muss unter den jeweils aktuellen Umständen entschieden werden. Sich zum Voraus einen Sparzwang aufzuerlegen, ist dumm. Wichtig ist allerdings die Frage, ob der Staat seine Ausgaben dadurch finanziert, dass er Steuern eintreibt, oder indem er sich bei seinen Bürgern verschuldet.
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Wichtig ist auch, wer diese Bürger sind. Faktisch haben nämlich nur maximal etwa 10 Prozent der Deutschen genügend Reserven, um ihren Staat in nennenswertem Umfang Geld zu leihen. Mit jeder Milliarde, die der Staat mit Schulden statt mit Steuern finanziert, wächst somit seine Abhängigkeit von dieser reichen Oberschicht.
Diese ist längst so mächtig und mobil geworden, dass sie sich der Besteuerung durch den «eigenen» Staat entziehen und in extra für sie geschaffene Steueroasen zurückziehen kann.
Die Schweiz hat kein Interesse an einem schwachen Deutschland
Noch steht die Schweiz in diesem Standortwettbewerb auf der Seite der Sieger. Siehe die – letztlich von den Kunden und Angestellten und dank Steuervermeidung finanzierte – 600-Millionen-Spende des 40-fachen Lidl-Milliardärs Dieter Schwarz.
Noch schauen wir aus scheinbar sicherer Entfernung genüsslich zu, wie Deutschland mit seinen Schulden und selbst auferlegten Schuldenbremsen kämpft. Doch wenn sich unsere Nachbarländer mangels Steuereinnahmen politisch und sozial noch mehr destabilisieren, kommt auch für uns der Moment, in dem wir bitter bereuen, dass wir ihnen ihre «Big Spender» abspenstig gemacht haben.