Jetzt zeigen sich tiefe Risse in deutscher Regierung
Wann machen Scholz, Habeck und Lindner Schluss?

In der deutschen Ampel-Regierung zeigen sich immer tiefere Risse – und der Ruf nach Neuwahlen wird immer lauter. Wie lange halten Scholz, Habeck und Lindner noch durch? Eine Analyse.
Publiziert: 12.12.2023 um 15:32 Uhr
Zerbricht die Regierung von Bundeskanzler Olaf Scholz?
Foto: AFP
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Chiara SchlenzAusland-Redaktorin

Es ist Feuer unter dem deutschen Regierungsdach. Die drei Chefs der deutschen Koalitionsregierung – Olaf Scholz (65), Robert Habeck (54) und Christian Lindner (44) – können sich auf nichts mehr einigen. Immer wieder werden Sitzungen verschoben, einen Haushalt für 2024 gibt es nicht. Die Risse im Kitt der Ampel-Koalition werden immer tiefer, die Regierung droht auch von innen heraus zu zerbrechen. Es ist also kein Zufall, dass in Berlin immer öfter das Wort «Neuwahlen» in den Mund genommen wird – und nicht nur von der Opposition. Für Scholz, Habeck und Lindner wird die Luft dünn.

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Kommt es schon bald zu Neuwahlen in Deutschland?
Foto: imago/Steinach

Rufe nach Neuwahlen werden lauter

Die FDP hat eine Abstimmung zum Verbleib in der Bundesregierung gestartet. Das teilte Vorstandsmitglied Christopher Gohl (49) auf X mit. Die Initiative «Weckruf» muss zwar von Finanzminister und Parteichef Christian Lindner (44) nicht angenommen werden, allerdings zeigt sie auf, wie gefährlich es für die Regierung von Kanzler Olaf Scholz (65) langsam wird. 

Zudem lädt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (67) den CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz (67) laut Informationen der «Bild»-Zeitung am Donnerstagabend zum Gespräch ein. Zwar handelt es sich dabei um ein Routine-Treffen, doch der Zeitpunkt könnte brisanter kaum sein. Beim Gespräch des Bundespräsidenten mit dem Oppositionsführer dürfte auch die nicht enden wollende Regierungskrise zur Sprache kommen.

Die Hoffnung von CDU/CSU ist, die miserable Umfrage-Lage der Ampel zu nutzen. Auch Markus Söder (56), Parteivorsitzender der CSU, fordert Neuwahlen – noch diesen Sommer. Wäre nächsten Sonntag Bundestagswahl, käme die Union auf satte 30 Prozent der Stimmen, die FDP müsste um den Wiedereinzug ins Parlament kämpfen, Grüne und SPD lägen zwischen zwölf und 15 Prozent, deutlich abgehängt von der AfD mit 22 Prozent.

Steinmeier bereitet neue Grosse Koalition vor

Nicht, dass Neuwahlen so leicht herbeizuführen wären. Das Grundgesetz formuliert klare Bedingungen für eine vorgezogene Neuwahl des Bundestags: Voraussetzung ist eine Auflösung des Bundestages durch den Bundespräsidenten, die wiederum ebenfalls an Bedingungen geknüpft ist. Im aktuellen Fall müsste Bundeskanzler Scholz im Bundestag die Vertrauensfrage stellen. Würde er die Mehrheit verfehlen, könnte laut Grundgesetz der Bundespräsident auf Vorschlag des Bundeskanzlers den Bundestag auflösen.

Bei einem Zerfall der Koalition wird Bundespräsident Steinmeier wohl zunächst die Union zu einer Neuauflage der «Grossen Koalition» – eine Regierungskoalition der mandatsstärksten Parteien im Parlament – auffordern. Ähnliches hat Steinmeier bereits während der Regierungskrise 2017 geschafft. Damals gelang es ihm, die SPD zu einem Eintritt in eine Grosse Koalition unter der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel (69) zu bringen, nachdem deren Verhandlungen mit Grünen und FDP gescheitert waren.

Der Kitt der Macht bröckelt

Die intensiven Diskussionen verdeutlichen, dass die Stabilität der Ampel-Koalition ins Wanken geraten ist. Die finanziellen Mittel aus den Sonderfonds, deren Nutzung durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts eingeschränkt wurde, dienten bisher als Stütze der Regierung. Mit diesen Mitteln konnten Differenzen zwischen den Koalitionspartnern häufig finanziell, statt durch Kompromisse, gelöst werden. Nun steht die Regierung vor der Herausforderung, ohne diese finanziellen Puffer verstärkt Konflikte intern zu lösen – eine Aufgabe, die ihr bereits in der Vergangenheit Schwierigkeiten bereitete.

Aber was hält die Regierung dann überhaupt noch zusammen? Die Angst vor dem Machtverlust. Das sagt zumindest Albrecht von Lucke, Redakteur bei den «Blättern für deutsche und internationale Politik» zur deutschen «Tagesschau». «Das Einzige, was sie noch zusammenhält, ist der Kitt der Macht, sprich: das Wissen der drei Parteien, dass sie alle bei Neuwahlen verlieren würden.»

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