Von wegen nachhaltig und grün
Sprudelnde Erdölprofite landen auf Konten der UBS

Die Bank will grün und nachhaltig sein, doch bei der Annahme von Petrodollars zeigt sie keine Scheu. Der Nahe Osten wird zu einem Hotspot für Schweizer Banken.
Publiziert: 04.02.2023 um 13:47 Uhr
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Aktualisiert: 12.02.2023 um 10:17 Uhr
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UBS-Chef Ralph Hamers: Grosse Vermögen aus dem Nahen Osten fliessen in die Bank.
Foto: Keystone
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Beat SchmidFester Mitarbeiter Blick

Allein zwischen Oktober und Dezember flossen der UBS elf Milliarden Dollar zu, die von Kunden der Region Europe, Middle East and Africa (EMEA) stammen. Zwar schlüsselt die Bank nicht im Detail auf, von welchem Land wie viel Geld stammt. Doch ein beträchtlicher Teil dürfte aus dem Nahen Osten kommen.

Einen Hinweis dazu gab UBS-Chef Ralph Hamers diese Woche an der Jahresmedienkonferenz gleich selbst: Das hohe Wachstum der EMEA-Region sei gestützt worden «durch starke Geldflüsse aus dem Nahen Osten», sagte er. Und auf eine Frage eines Analysten präzisierte er: «Und ja, im vierten Quartal, da gab es Geldströme, die von dort kamen. Dabei handelt es sich um sehr vermögende Privatkunden aus dem Nahen Osten, die mit hohen Tickets kommen.»

Wenn Banker von hohen Tickets sprechen, dann meinen sie Beträge zwischen mehreren Hundert Millionen und einer Milliarde Dollar. Gelder von schwerreichen Familien also, die bei der UBS nach Anlagemöglichkeiten nachfragen. Nähere Angaben dazu will die UBS auf Anfrage nicht machen. Doch der Schluss liegt nahe – und das wird von Bankmitarbeitern auch nicht abgestritten –, dass es sich dabei auch um sprudelnde Erdölgewinne handelt.

Wie unglaublich viel Geld mit Rohstoffen im letzten Jahr verdient werden konnte, zeigt sich an den Jahresabschlüssen von grossen westlichen Mineralölgesellschaften. Am Donnerstag gab Shell einen Gewinn von 41 Milliarden Dollar bekannt. ExxonMobil und Chevron rapportierten Gewinne von 55,7 Milliarden beziehungsweise 36,5 Milliarden Dollar.

Das sind absolute Rekordzahlen. Shell etwa verdiente letztes Jahr zehn Milliarden Dollar mehr als 2008, dem bisherigen Rekordjahr. Der saudische Energieriese Aramco buchte allein im dritten Quartal 2022 einen Reingewinn von umgerechnet 42 Milliarden Dollar. Der Konzern schüttet pro Quartal über 18 Milliarden Dollar an Dividenden an seine Aktionärinnen und Aktionäre aus und liegt mit einem Börsenwert von knapp 2000 Milliarden Dollar hinter Apple an zweiter Stelle der wertvollsten Unternehmen der Welt.

Das fulminante Comeback

Dort, wo Reichtum geschaffen wird, zieht es die Banken hin. Das war schon immer so. Sei es nach China vor ein paar Jahren, ins Silicon Valley und, ja, auch nach Russland. Und jetzt erlebt der Nahe Osten ein fulminantes Comeback, der wieder zum Hotspot für Schweizer Banken wird.

«Dass wir in der Region Bankgeschäfte tätigen, ist nicht neu», sagte Hamers an der Konferenz diese Woche. «Wir bauen unsere Teams aus. In den letzten zwei Jahren eröffneten wir ein Büro in Katar. Wir haben dort neue Mitarbeiter eingestellt.» Die Bank bietet in der Region inzwischen eine breite Palette von Bankdienstleistungen an, neben der Vermögensverwaltung für Privatkunden auch Asset-Management oder Investmentbanking.

Andere Schweizer Banken geben im Nahen Osten ebenfalls Gas. Julius Bär eröffnete kurz vor dem Start der Fussball-WM in Katar das dritte Büro in der Golfregion. Gross im Geschäft ist die Credit Suisse, an der arabische Aktionäre mit 20 Prozent beteiligt sind. Zehn Prozent besitzt die Saudi National Bank, die von Kronprinz Mohammed bin Salman kontrolliert wird.

Es stellen sich heikle Fragen:

– Sind die UBS und andere Schweizer Banken Profiteure des Krieges in der Ukraine und der Sanktionen, die zu einem massiven Anstieg der Preise geführt haben?

– Darf eine Bank bedenkenlos Dollars annehmen, die durch den Verkauf von klimaschädlichem Erdöl oder Erdgas verdient wurden?

– Wie passt das Geschäft mit den sprudelnden Ölgewinnen zur Nachhaltigkeitsagenda?

Vor 20 Jahren hätten Bankdirektoren nur mit den Schultern gezuckt. Geld stinkt nicht. Heute ist das anders. Die Frage nach der Moral stellen nicht nur die üblichen finanzplatzkritischen NGOs oder die Klimajugend. Sie beschäftigt ebenso die Kundinnen und Kunden, Investoren, Bankangestellte und Finanzvertreter.

Die UBS gibt sich, wie viele andere Banken auch, seit ein paar Jahren betont grün und nachhaltig. Sie hat sich zum Beispiel der GFANZ angeschlossen, einer weltweiten Allianz von Finanzinstituten, die sich verpflichtet haben, bis 2050 den CO₂-Ausstoss auf netto null zu senken. Und zwar auf allen Ebenen: also nicht nur, was den eigenen Energieverbrauch anbelangt, sondern auch bei den Kundenportfolios und im Kreditgeschäft. Die UBS hat sich das Ziel gesetzt, bereits bis 2030 die sogenannten finanzierten Emissionen aus Krediten an Unternehmen aus dem Sektor der fossilen Brennstoffe um 71 Prozent zu senken.

Doch was ist mit den sprudelnden Petrodollars, die reiche Araber zur UBS tragen? Auf Anfrage will sich ein Sprecher nicht dazu äussern. Doch es ist offensichtlich, dass die Bank keine Bedenken hat, solange das Geld rechtmässig verdient und ordentlich versteuert ist.

Zurück zur Jahreskonferenz und Ralph Hamers. Der UBS-Chef verwies in seiner Präsentation auch darauf, dass der Bank im letzten Quartal vier Milliarden Dollar zuflossen, die Kunden in Produkte mit einem Nachhaltigkeitsfokus investierten. Zumindest möglich ist, dass arabische Ölmilliardäre ihre exorbitanten Gewinne in Anlagefonds für erneuerbare Energien investieren.

Tun sie dies, wäre das nur ein Widerspruch von vielen, die dem Menschen tief innewohnen.

*Der Journalist Beat Schmid (54) schreibt im SonntagsBlick über Finanzthemen. Er ist Herausgeber des Online-Mediums tippinpoint.ch

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