Von der Zürcher Villa in den Schwyzer Block
Urs Rohners ganz legales Steuerglück

Der Ex-Präsident der Credit Suisse besitzt eine Villa in Zumikon ZH, lebt aber seit 2021 in einer Überbauung im Kanton Schwyz. Sein Fall zeigt exemplarisch, welche Früchte der Schweizer Steuerwettbewerb trägt.
Publiziert: 12.02.2023 um 00:48 Uhr
|
Aktualisiert: 15.02.2023 um 18:36 Uhr
1/5
Waren nie medienscheu: Urs Rohner (63), ehemaliger Verwaltungsratspräsident der Credit Suisse, und seine Partnerin Nadja Schildknecht (49), Co-Gründerin des Zurich Film Festival.
Foto: ddp images / Steffens
Blick_Portrait_1606.JPG
Thomas SchlittlerWirtschaftsredaktor

Im Herbst 2019 produzierte die Beschattung des Topbankers Iqbal Khan (47), der im Begriff war, von der Credit Suisse zur UBS zu wechseln, weltweit Schlagzeilen. Für die CS und Urs Rohner (63), deren damaligen Verwaltungsratspräsidenten, stand der Skandal am Anfang einer nicht enden wollenden Negativspirale.

Zur gleichen Zeit präsentierte «ein bekanntes Paar aus der Schweizer Wirtschaft» im Hochglanzmagazin «Homes» seinen «ganz persönlichen Wohntraum» in der Nähe von Zürich. Das Finanzportal «Inside Paradeplatz» fand schnell heraus, wem die «Oase im Grünen» gehörte: Rohner und dessen Partnerin Nadja Schildknecht (49), Co-Gründerin des Zurich Film Festival.

Bauherrin Schildknecht schilderte in dem Artikel ausführlich, wie sie das «unscheinbare Haus aus den sechziger Jahren» nach ihren Ideen renovieren liess. Aufgrund der vielen Änderungen sei der Umbau am Ende «fast so aufwendig wie ein Neubau» geworden und habe rund ein Jahr gedauert.

Der Aufwand lohnte sich. Das Ergebnis mit Pool, Sauna und Fitnesspavillon im Garten stellte das Paar vollends zufrieden: «Das Haus entspricht genau unseren aktuellen Bedürfnissen, und wir empfinden es als grossen Luxus, so leben zu dürfen», sagte Schildknecht im Oktober 2019.

Kurzes Wohnglück

Die Glückseligkeit hielt allerdings nicht lange an. Keine zwei Jahre später, im Sommer 2021, verliessen Rohner und Schildknecht ihre Villa in Zumikon ZH und zügelten auf die andere Seite des Zürichsees, in einen Mehrfamilienblock in der Gemeinde Freienbach im Kanton Schwyz.

Auch vom Balkon der 5,5-Zimmer-Wohnung dürfte die Aussicht leidlich sein. Eine Oase im Grünen ist der neu bezogene Wohnsitz aber nicht: Die wenigen Grashalme, die es hier noch gibt, sind in ständiger Gefahr, bald einer weiteren Überbauung zum Opfer zu fallen – damit im Steuerparadies noch ein paar zusätzliche Plätze zur Verfügung stehen.

Vom milden Schwyzer Fiskus profitiert auch Rohner. Seine Zeit als fürstlich bezahlter CS-Präsident ging zwar im Frühjahr 2021 wenig glorreich zu Ende, zuvor aber dürfte der Jurist ein stattliches Vermögen angespart haben.

Zudem hat er nach wie vor lukrative Mandate inne, etwa beim britischen Pharmakonzern GlaxoSmithKline oder bei Investcorp, einer Beteiligungsgesellschaft aus Bahrain. Hinzu kommt ein eigenes Beratungsunternehmen, das er im Sommer 2021 eintragen liess.

Umzug nicht aus steuerlichen Gründen

Dass der Umzug nach Freienbach SZ erfolgt ist, um Steuern zu sparen, bestreitet Rohner vehement. Gegenüber SonntagsBlick hält er fest: «Noch nie in meinem Leben habe ich meinen Wohnsitz nach steuerlichen Gesichtspunkten ausgewählt.» Der Grund für den Wohnortwechsel sei ein erneuter Umbau in Zumikon gewesen. Dieser mache die Liegenschaft bis heute unbewohnbar; seit dem Wegzug hätten deshalb weder er noch seine Partnerin je wieder in jenem Haus übernachtet. Im Übrigen weist Rohner darauf hin, dass er schon in den Nullerjahren für längere Zeit im Kanton Schwyz gelebt habe und es ihm und seiner Partnerin dort sehr gut gefalle.

Es gibt keinen Grund, an diesen Aussagen zu zweifeln. Trotzdem ist es nicht ausgeschlossen, dass die Zürcher Steuerverwaltung eines Tages wegen dessen Wohnsitzverlagerung bei Rohner anklopfen könnte.

Gerichtsurteile zeigen, dass Wechsel des Steuerdomizils von den Behörden teilweise selbst dann hinterfragt werden, wenn nachweislich ein Wohnsitzwechsel erfolgt ist. Gefahr droht insbesondere, wenn Steuerpflichtige ihren beruflichen und privaten Lebensmittelpunkt nicht komplett an den neuen Wohnort verlegen oder nach relativ kurzer Zeit wieder in die alte Heimat zurückkehren.

Rohner bleibt in Zürich verankert

Ein Zürcher Rechtsanwalt und Steuerexperte, der für wohlhabende Klienten die optimalen Standort- und Steuerlösungen erarbeitet, sagt dazu: «Um absolut sicherzugehen, dass es mit den Steuerbehörden keinen Ärger gibt, rate ich meinen Kunden immer, im früheren Wohnsitzkanton sämtliche Zelte abzubrechen und mindestens zwei, noch besser fünf Jahre am neuen Ort zu bleiben.»

Ersteres hat Rohner nicht getan. Die Villa in Zumikon gehört ihm noch immer – und es ist gut möglich, dass er und seine Partnerin nach dem Umbau dorthin zurückkehren. Hinzu kommt, dass er beruflich weiterhin fest in Zürich verankert ist: Sein Büro hat er im Seefeld, auch sonst ist er regelmässig in der Stadt anzutreffen.

Doch aus welchem Grund sollte überhaupt jemand ein Interesse daran haben, für wenige Monate oder Jahre in einen Tiefsteuerkanton zu ziehen? Die Antwort ist einfach: Vor allem für Gutverdienende, die sich ihr Pensionskassengeld in der Regel nicht als Rente, sondern als Kapital auszahlen lassen, kann sich das steuerlich extrem lohnen.

Die Behörden schauen genau hin

Das Bundesgericht hatte erst vor wenigen Wochen den Fall eines Arztes (77) und seiner Frau (72) zu beurteilen, die ihren PK-Kapitalbezug von 2,5 Millionen Franken in Graubünden statt im Kanton Zürich versteuern wollten. Der Wechsel des Steuerdomizils hätte eine Steuerersparnis von 315'000 Franken gebracht. Wie SonntagsBlick berichtete, nahmen die Richter ihnen die Verlagerung des Lebensmittelpunkts allerdings nicht ab – trotz höheren Stromverbrauchs in der langjährigen Ferienwohnung, dem Ausbau von Telefon-, Internet- und TV-Installationen, trotz Belegen für Einkäufe und Restaurantbesuche in Graubünden.

Mit 63 Jahren ist auch Urs Rohner in einem Alter, in dem ein Bezug der Vorsorgegelder möglich und sinnvoll ist. Da er als Partner der Anwaltskanzlei Lenz & Staehelin, als Vorstandsvorsitzender der ProSiebenSat.1 Media und vor allem in seinen 17 Jahren bei der CS sehr gut verdient hat, dürfte seine Pensionskasse prall gefüllt sein.

Allein die Grossbank hat für ihn rund 3,5 Millionen Franken einbezahlt, wie aus den Geschäftsberichten ersichtlich ist. Hinzu kommt, dass gerade Grossverdiener gerne PK-Einkäufe tätigen, mit denen sich während des Berufslebens die Einkommens- und Vermögenssteuern reduzieren lassen.

Enorme Unterschiede

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.

Wie hoch Rohners PK-Vermögen ist, lässt sich nicht abschätzen. Ein zweistelliger Millionenbetrag ist aber zumindest möglich. Bei solchen Summen schlägt der Ort des Steuerdomizils ungemein zu Buche, wie der Steuerrechner der Kantonalbanken zeigt: Für einen Kapitalbezug von 10 Millionen Franken würden in Zumikon zum Beispiel rund 2'040'000 Franken an Steuern fällig. In Freienbach dagegen lediglich 750'000 Franken – also 1,3 Millionen Franken weniger. Bei einem Kapitalbezug von 20 Millionen Franken steigt die Differenz gar auf mehr als drei Millionen Franken. Das sind selbst für einen ehemaligen Spitzenmanager keine Peanuts.

Bei solchen Differenzen verwundert es auch nicht, dass Fastrentner von nah und fern versuchen, in einem Tiefsteuerkanton Unterschlupf zu finden.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.