Viele Schweizerinnen und Schweizer wollen nicht mehr aufs Homeoffice verzichten. Bei zahlreichen Grossunternehmen nimmt der Bedarf an Büroflächen entsprechend ab, wie eine Umfrage von Blick zeigt. Der grosse Nachfrageeinbruch am Büromarkt ist in der Schweiz bis anhin aber ausgeblieben – ganz im Gegensatz zum Ausland. Die Anbieter von Büroflächen sollten sich hierzulande trotzdem wappnen, ist Donato Scognamiglio (53), abtretender Chef der Immobilienberatungsfirma Iazi, überzeugt: «Ich glaube, dass die Stunde der Wahrheit erst noch kommen wird.»
Denn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kehren vielerorts auch nach der Pandemie nicht ins Büro zurück. «Und sie sind aufgrund des Fachkräftemangels am längeren Hebel», so Scognamiglio. Bleibt dies so, sitzen viele Firmen auf zu grossen Flächen. Und davon geht der Immobilienexperte aus: «Homeoffice ist gekommen, um zu bleiben.»
Versicherungsbranche verkleinert die Flächen
Diese Entwicklung zeigt sich bereits in der Versicherungsbranche. Bei der Axa hat eine interne Umfrage ergeben, dass die Angestellten noch an zwei Tagen die Woche im Büro arbeiten möchten. Das sei bereits heute Realität, wie die Versicherung an Anfrage von Blick mitteilt. «Damit stehen Gebäude an wenig frequentierten Wochentagen weitgehend leer. Leerstände sind für die AXA weder ökonomisch noch ökologisch sinnvoll», schreibt die Versicherung.
Die Konsequenz: Die Axa wird per 2024 in Zürich und Winterthur einzelne Bürogebäude abgeben, weiss Blick. An anderen Standorten wird die Zahl der Geschossflächen reduziert. Gesamthaft werden die Büroflächen um 20 Prozent reduziert. Ein Drittel davon sei bereits erfolgt, die restlichen Flächen werde man über die nächsten zwei Jahre abbauen. Damit gibt der Versicherer grosse Büroflächen frei. Derzeit nutzt er 80’000 Quadratmeter – ohne Agenturen gerechnet.
Gleiches beim Rivalen Allianz: Diese hat die Büroflächen an kleineren Standorten bereits verkleinert. Am Hauptsitz in Wallisellen sei in den nächsten ein bis zwei Jahren ebenso ein Rückbau der Fläche von bis zu 20 Prozent geplant. Derzeit nutzt die Versicherung schweizweit 50’000 Quadratmeter.
Kosteneinsparungen und neue Anforderungen
Mit der Reduktion können die Firmen einiges an Mietzinsen sparen. Viele Arbeitgeber haben bereits vor der Pandemie damit begonnen, ihre Büroräumlichkeiten einer Generalüberholung zu unterziehen. Teilzeitarbeit, mobiles Arbeiten waren bereits davor im Aufwind. Zum Einsparpotenzial durch Flächenoptimierung kamen noch veränderte Anforderungen an den Arbeitsplatz.
Die Helsana hat deshalb schon vor einigen Jahren eine neue Strategie für ihre Büros entwickelt. An den fünf Hauptorten setzt die Helsana auf geteilte Arbeitsplätze sowie Zonen für Besprechungen und ruhige Bereiche für konzentriertes Arbeiten. Im letzten Jahr hat der Krankenversicherer zudem damit begonnen, ihre Büroflächen zu verkleinern. Bis Ende 2024 wird die Fläche um 15 Prozent verringert.
Postfinance macht es wie die Post
Auch im Bankensektor wird an den Büroflächen geschraubt. So fallen bei der Postfinance nach den 15 Prozent in den letzten Jahren 2024 weitere 5 Prozent weg. Im Gegenzug hat die Bank in Bern und Oerlikon zwei zentral gelegene Co-Working-Hubs eröffnet. Bereits Mitte Juli hat die Post angekündigt, ihre Angestellten in regionalen Hubs zusammenzuziehen. Dabei soll sich die Bürofläche um ein Fünftel verringern. Der Konzern schätzt das Einsparpotenzial auf mehrere Millionen Franken.
Die Migros hat ihre Büroflächen in den letzten Jahren bereits um 6000 auf 45’000 Quadratmeter heruntergefahren. Weitere Reduktionen seien derzeit nicht geplant.
In Europa, den USA oder in Asien stehen riesige Büroflächen leer. In den USA belaufen sich die landesweiten Leerstände auf knapp 20 Prozent: In Atlanta sind 22,4 Prozent der Büroflächen ohne Mieter, in San Francisco gar 28,3 Prozent. Das zeigt die Auswertung der US-Immobilienberatungsfirma JLL vom August. Schuld für die «Geisterbüros» ist neben Homeoffice der stotternde globale Wirtschaftsmotor. Die Firmen sind bei der Anmietung neuer Büroflächen zurückhaltend. Zuletzt hat die Nachfrage wieder leicht zugelegt. Doch die Leerstände sind aber deutlich höher als vor zwei Jahren. Das zeigt sich auch in Grossstädten wie Sydney (15,9 Prozent), Stockholm (11,5 Prozent) Peking (10,3 Prozent), London (9,5 Prozent) oder Paris (8 Prozent).
In Europa, den USA oder in Asien stehen riesige Büroflächen leer. In den USA belaufen sich die landesweiten Leerstände auf knapp 20 Prozent: In Atlanta sind 22,4 Prozent der Büroflächen ohne Mieter, in San Francisco gar 28,3 Prozent. Das zeigt die Auswertung der US-Immobilienberatungsfirma JLL vom August. Schuld für die «Geisterbüros» ist neben Homeoffice der stotternde globale Wirtschaftsmotor. Die Firmen sind bei der Anmietung neuer Büroflächen zurückhaltend. Zuletzt hat die Nachfrage wieder leicht zugelegt. Doch die Leerstände sind aber deutlich höher als vor zwei Jahren. Das zeigt sich auch in Grossstädten wie Sydney (15,9 Prozent), Stockholm (11,5 Prozent) Peking (10,3 Prozent), London (9,5 Prozent) oder Paris (8 Prozent).
Leerstände sind gesunken
Die Leerstände auf dem Büromarkt sind entgegen allen Erwartungen jedoch tiefer als vor der Corona-Pandemie. «Grund dafür ist unter anderem die starke Nachfrage aufgrund der weiter steigenden Beschäftigung», sagt Michel Fleury (35), Immobilienmarktanalyst bei Raiffeisen. Gerade Branchen mit Bürobedarf stünden weiterhin sehr robust da und hätten die Nachfrage bis vor Kurzem hochgehalten. Auch die etwas tiefere Bautätigkeit dürfte einem grösseren Angebot entgegengewirkt haben.
Die Umfrage zeigt: Einige Firmen haben derzeit noch keine Absicht, ihre Büroflächen zu reduzieren – oder sie haben dies bereits in der Vergangenheit getan: Darunter die Versicherungen Baloise sowie CSS, Lebensversicherer Swiss Life oder auch die Pharmakonzerne Novartis oder Roche. Bei Novartis überrascht dies kaum. Der Konzern hat die Zügel bei der Homeoffice-Regelung wieder deutlich angezogen. Noch strenger ist Coop, wo Homeoffice nur noch an maximal einem Tag pro Woche möglich ist. Eine Verkleinerung der Büroflächen ist deshalb kein Thema.
Schleichende Veränderung
Nun macht sich auf dem Markt aber allmählich die wirtschaftliche Eintrübung bemerkbar. «Unternehmen werden spürbar zurückhaltender mit Flächenanmietungen. Gleichzeitig beginnen diverse Büromieter Flächen an den Markt zurückzugeben», so Fleury. Das zeigt sich in den Angebotsmieten, die inzwischen drei Prozent unter dem Vor-Corona-Niveau liegen.
Die Bürovermieter gehen ungemütlichen Zeiten entgegen. Die Nachfrage hat zuletzt leicht nachgelassen. Die Auswirkungen zeigen sich jedoch nur sehr langsam, so der Raiffeisen-Immobilienexperte. Das liegt einerseits an der langfristigen Planung der Firmen, aber auch an den oft langen Laufzeiten der Mietverträge. Fleury rechnet damit, «dass die Nachfrage nach Büroflächen in den nächsten zwei Jahren unter Druck geraten wird. Besonders in der Peripherie.
Auch die UBS dürfte den Markt für Büroflächen in den nächsten Jahren gehörig durcheinanderwirbeln. Nach der Übernahme der Credit Suisse droht in der Schweiz der Abbau von vielen Tausend Arbeitsplätzen und von Filialen an Standorten, wo UBS und CS in nächster Nachbarschaft vertreten sind. Damit wird der Flächenbedarf deutlich sinken.
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