Widerstand gegen steigende Mieten
«Der Angriff aufs Mietrecht muss endlich gestoppt werden»

Das Parlament plant Lockerungen im Mietrecht. Für Mieterinnen und Mieter wirds noch teurer. Die Gegner gehen auf die Strasse – und lancieren eine alte Idee neu.
Publiziert: 13.08.2023 um 19:56 Uhr
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Aktualisiert: 13.08.2023 um 22:39 Uhr
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Die Wohnungsnot in der Schweiz dürfte sich in den nächsten Monaten noch verschärfen.
Foto: KEYSTONE/Walter Bieri
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Peter AeschlimannRedaktor

In einem Monat tritt das Parlament in der laufenden Legislatur zum letzten Mal zusammen. Die Immobilien-Lobby freut sich bereits, denn in der Herbstsession stehen Änderungen im Mietrecht zur Debatte: erleichterte Kündigung wegen Eigenbedarf und Einschränkungen bei der Untermiete. Der bürgerlich dominierte Ständerat wird beide Vorlagen durchwinken.

Auf die Mieterschaft kommen also erneut härtere Zeiten zu. Raiffeisen-Immobilienexperten sagten vergangene Woche für Dezember eine weitere Steigerung des Referenzzinssatzes auf 1,75 Prozent voraus. Ab Frühjahr müsste dann eine Mehrheit der Nicht-Eigentümer noch tiefer in die Tasche greifen.

Für die SP, die mit dem Thema Kaufkraft in den Wahlkampf steigt, ist das ein No-Go. Co-Präsident Cédric Wermuth (37) sieht es als Skandal, dass so viele Menschen von Armut betroffen seien. Löhne unter Druck, höhere Krankenkassenprämien und Wohnungsnot schmälerten die Kaufkraft. Wermuth: «Ich bin bestürzt, dass Bundesbern diese Krise nicht entschiedener bekämpft.»

Mieterverband ist zum Widerstand bereit

Auch der Interessenverband der Mieter nimmt diese Entwicklung nicht kampflos hin. Dass man gegen den «Angriff aufs Mietrecht» das Referendum ergreift, steht fest. Die Website ist online, Unterschriftenbögen vorbereitet – der Mieterverband ist zum Widerstand bereit. Generalsekretärin Linda Rosenkranz zu SonntagsBlick: «Mieterinnen und Mieter stehen enorm unter Druck. Eine weitere Verschlechterung beim Mietrecht können wir nicht zulassen.»

Für den 29. September, kurz nach der Schlussabstimmung im Parlament, lädt sie zur ausserordentlichen Generalversammlung. Dann entscheidet ihr Verband formell über Referenden, zehn Tage später soll die Unterschriftssammlung beginnen. Kurz davor, am 16. September, rufen die Gewerkschaften zur Kaufkraft-Demo in Bern. Neben der SP ist auch der Mieterverband dabei. Dass er auf die Strasse geht, ist ungewöhnlich, sein Kerngeschäft ist der Rechtsschutz. «Jetzt aber finden wir, dass wir ein Zeichen setzen müssen», so Rosenkranz.

Und immer wieder ist die Rede davon, die steigenden Mieten zu deckeln, auch durch Mietpreiskontrollen. Bisher hatten solche Ideen im Parlament einen schweren Stand. Nun aber liess der Mieterverband den provisorischen Text für einen neuen Vorstoss juristisch prüfen. Im Frühjahr soll das Thema lanciert werden. Rosenkranz: «Die Renditen explodieren und sind missbräuchlich, das muss endlich gestoppt werden.»

«Guter Mix von zielführenden Massnahmen»

Auch beim Bund tut sich etwas: Nachdem Wirtschaftsminister Guy Parmelin (63, SVP) im Mai zum Runden Tisch eingeladen hatte, um Rezepte gegen die Wohnungsnot zu diskutieren, fand Ende Juni eine erste Arbeitssitzung mit Teilnehmern von Bund, Kantonen, Städten und Gemeinden statt. Bald folgt ein weiteres Treffen.

Laut Sprecherin Eva van Beek vom Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung geht es darum, einen «guten Mix von zielführenden Massnahmen» zu definieren und sie später in einem Aktionsplan zusammenzufassen. Bis März sollen die Resultate an einem neuen Runden Tisch verabschiedet werden.

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