Der Entwicklungsökonom Jeffrey Sachs (67) fordert, dass Deutschland und Frankreich auf Wladimir Putin (65) zugehen. «Scholz und Macron halten den Schlüssel für das Ende dieses Konflikts in der Hand», sagte er in einem grossen Interview mit dem «Spiegel». «Wir müssen mit Putin reden und zu einem Deal kommen. Russland muss sofort mit den Bombardierungen aufhören, einen Waffenstillstand unterzeichnen und die Souveränität der Ukraine anerkennen.»
Beide Nationen wüssten, wie europäische Sicherheitspolitik funktioniere. Den USA dagegen fehle der Wille, zu verhandeln, warf der Experte der Regierung in seiner Heimat vor. Der Westen dürfe «diesen Krieg nicht eskalieren, indem es zu einer direkten militärischen Konfrontation zwischen der Nato und Russland kommt». Für eine ukrainische Nato-Mitgliedschaft gebe es keinen Grund, ausser man wolle einen Atomkrieg riskieren.
«Massive Wirtschaftskrise in Russland»
«Wir müssen verhandeln», fordert Sachs. Er gilt als Russlandkenner, da er die Regierung in Moskau Anfang der Neunzigerjahre bei ihren Wirtschaftsreformen beriet, hält die Strafmassnahmen gegen das Land für riskant. «Die Sanktionen werden zu einer massiven Wirtschaftskrise in Russland und bedeutenden negativen Wirtschaftsfolgen im Rest der Welt führen. Aber ich bezweifle, dass sie die russische Politik grundlegend verändern oder den Krieg stoppen werden», sagt er.
Denn Putin halte das aus. «Jetzt müssen wir alles tun, um das Blutvergiessen zu beenden und die Souveränität der Ukraine wiederherzustellen, ohne dass die Welt in die Luft fliegt», so Sachs im «Spiegel»-Interview weiter. Noch einmal betont er, wie wenig er von Sanktionen hält. «Wir wollen ein Riesenreich ökonomisch in die Knie zwingen, das über 1600 Atomsprengköpfe verfügt. Eine unfassbar unwahrscheinliche Idee. Ich weiss nicht, was die Leute sich dabei gedacht haben», so Sachs. (pbe)