Umzug kommt teuer zu stehen
Sesshafte Mieter sparen Tausende Franken

Wer nicht umzieht, spart in Zürich 5200 Franken pro Jahr. Der Grund: Die Marktmieten sind viel höher als die Bestandsmieten. Dass deshalb viele nicht zügeln, verschärft die Krise auf dem Wohnungsmarkt.
Publiziert: 21.11.2023 um 08:04 Uhr
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Die alte Wohnung ist in den meisten Fällen deutlich günstiger als eine neue. Ein Mehrfamilienhaus in Zürich.
Foto: Nathalie Taiana
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Dorothea VollenweiderRedaktorin Wirtschaft

Wer zügelt, dem droht der Kostenhammer! Die Marktmieten sind in den letzten Jahren stark gestiegen. Mieterinnen und Mieter in einem bestehenden Mietverhältnis muss das allerdings nicht kümmern. Sie leben in ihrer Wohnung meist zu einem günstigeren Mietzins – teuer würde es erst, wenn sie umziehen müssen. 

Wie viel günstiger es ist, in der alten Wohnung zu verweilen, zeigen neue Zahlen aus der jährlichen Immobilienstudie der Zürcher Kantonalbank (ZKB). Wer im Kanton Zürich seit 2008 in seiner Wohnung lebt, dessen Mietzins hat sich bis heute im Schnitt um 3,3 Prozent reduziert. Dass die Bestandsmiete sank, ist auf den seit 2008 stetig sinkenden Referenzzinssatz zurückzuführen. Die Angebotsmieten der ausgeschriebenen Wohnungen haben im gleichen Zeitraum um über 33 Prozent zugenommen.

«Wer umziehen will, realisiert rasch, dass er zum selben Budget heute nur noch eine viel kleinere oder schlechtere Wohnung erhält», sagt Ursina Kubli (44), Leiterin Immobilien Research der ZKB. Die Kluft zwischen Angebots- und Bestandsmieten ist gross. 

Grosse Ersparnis in der Stadt Zürich

Wer lange in seiner Wohnung bleibt, profitiert folglich von einem Verweilbonus. In der Stadt Zürich beträgt der Aufschlag bei einem Umzug 26 Prozent. Der durchschnittliche Miethaushalt in der Limmatstadt spart also jährlich über 5200 Franken.

Die Ersparnis ist nicht nur in der Stadt Zürich gross, wo die Wohnungsnot die Marktmieten in die Höhe treibt. Auch in den Gemeinden rund um die Stadt können Mieterinnen und Mieter viel Geld sparen, wenn sie nicht umziehen. Im Schnitt sind es im Kanton Zürich 3000 Franken pro Jahr. Schweizweit sind es immerhin noch 2350 Franken jährlich.

Sieben Milliarden Verweilbonus

Summiert können Miethaushalte in der Stadt Zürich so insgesamt 1,1 Milliarden Franken sparen. Schweizweit sind es knapp 7 Milliarden Franken. 

In der Stadt Genf ist der Verweilbonus noch grösser, was auf den stark regulierten Mietwohnungsmarkt zurückzuführen ist. Ein durchschnittlicher Mieter spart hier jährlich 10'000 Franken, wenn er in der alten Wohnung bleibt. 

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«Der Mieter befindet sich in einem goldigen Käfig.»
Ursina Kubli (44), Leiterin Immobilien Research der ZKB
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Um bei einem Wohnungswechsel nicht draufzulegen, müssen Miethaushalte auf ein oder mehrere Zimmer verzichten. Ein junges Paar, das vor fünf Jahren eine 3-Zimmer-Wohnung im Kanton Zürich bezogen hat, findet laut der ZKB jetzt zum gleichen Preis maximal noch eine 2-Zimmer-Wohnung. 

Ein Zimmer weniger

Noch weniger Zeit bleibt den Mietern einer 5-Zimmer-Wohnung. Bereits nach drei Jahren ist ein Umzug bei gleicher Miete nur noch in eine 4-Zimmer-Wohnung möglich. Nach 35 Jahren gibt es sogar nur noch eine 3-Zimmer-Wohnung. Viele dürften sich die Frage stellen, warum sie ihr gewohntes, liebevoll eingerichtetes Umfeld verlassen sollten, wenn es keine Einsparungen bringt.

Und das ist ein weiteres Problem an der grossen Kluft zwischen Angebots- und Bestandsmiete: Weil ein Umzug mit steigenden Mietzinsen einhergeht, entscheiden sich Mieter oft dagegen. Lieber sehen sie darüber hinweg, dass die Wohnung seit dem Auszug der Kinder zu gross für sie ist. Dadurch steht wertvoller Wohnraum leer, den andere Mieterinnen und Mieter dringend gebrauchen könnten. «Der Mieter befindet sich in einem goldigen Käfig», sagt Kubli. Diesen zu verlassen, ist mit hohen Kosten verbunden.

Situation spitzt sich zu

Für Neumieter wird die Suche nach einer geeigneten Mietwohnung dadurch noch schwieriger. Kubli warnt davor, dass sich die Situation noch weiter zuspitzen wird. «Derzeit steigen sämtliche Mieten», sagt sie. Die Angebotsmieten seien das Resultat von Angebot und Nachfrage. «Hält die Bautätigkeit über längere Zeit nicht mit der Bevölkerungsentwicklung mit, laufen wir in ökonomische und soziale Probleme», so die Immobilienexpertin.

Auch die Bestandesmieten sind zuletzt teurer geworden. Anfang Juni 2023 stieg der Referenzzinssatz von 1,25 auf 1,5 Prozent. Die ZKB rechnet im Dezember mit dem nächsten Anstieg. Fürs kommende Jahr erwartet die ZKB bei den Angebotsmieten ein Plus von 4 Prozent. Beruht der aktuelle Mietvertrag auf einem Referenzzinssatz von 1,5 Prozent, so sei bei den Bestandesmieten mit einem ähnlichen Anstieg zu rechnen. 


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