Auf einen Blick
Wer auswärts übernachtet, mag im Hotel meist ein gewisses Mass an Geräumigkeit. 20 oder mindestens 15 Quadratmeter sollten es schon sein. Das Schweizer Unternehmen Capsule Hotel packt die Sache anders an. Credo: möglichst wenig Platz.
Wer in einem der Minimalhotels der Luzerner Gruppe übernachtet, findet sich in einem Raum wieder, der strikt dem Leitspruch «Reduce to the max» entspricht. Raumfläche: 2,64 Quadratmeter.
Erster Auslandbetrieb in Kopenhagen
Was im Jahr 2018 als eine Art Hospitality-Scherzaktion begonnen hat – die Gründer wollten das japanische Konzept der Kapselhotels in die Schweiz bringen und es per Swiss Finish etwas angenehmer gestalten –, zeigt sich mittlerweile an vier Standorten in der Schweiz.
Dieser Artikel wurde erstmals im Angebot von handelszeitung.ch veröffentlicht. Weitere spannende Artikel findest du unter www.handelszeitung.ch.
Dieser Artikel wurde erstmals im Angebot von handelszeitung.ch veröffentlicht. Weitere spannende Artikel findest du unter www.handelszeitung.ch.
Das Luzerner Start-up betreibt heute vier Kapselhotels in der Schweiz: zwei in Luzern, eins in Basel und eins am Flughafen Zürich-Kloten. Dieser im Jahr 2022 eröffnete Airport-Ableger gilt mit seinen 144 Schlafplätzen gar als europaweit grösstes Kapselhotel.
Jetzt ist das Geschäftsmodell der Kleinflächigkeit so weit ausgereift, dass der Schritt ins Ausland gemacht werden kann. Der erste Brückenkopf liegt in Dänemark, wie Peter Schiffhauer, Co-Gründer und VR-Präsident von Capsule Hotel, verrät: «Unser erster Auslandableger in Kopenhagen ist ein guter Testballon für die weitere Auslandexpansion – ein Showroom für all das, was noch kommen kann.» Konkret haben die Schweizer ein Hostel im Quartier Vesterbro beim Hauptbahnhof Kopenhagen umbauen lassen; hier bieten sie ab Mitte März 22 Kapseln plus Bar und Minikino mit 8 Sitzplätzen.
Nach Kopenhagen solle noch mehr kommen, sagt Schiffhauer: «Wir planen aktuell mit einem oder zwei neuen Betrieben pro Jahr. Im Fokus stehen Städte in der Schweiz, in Mittel- und in Nordeuropa.» Schiffhauer umreisst die nächsten fünf Jahre so: «Wenn alles gut läuft, werden wir bis 2030 in der Schweiz und im europäischen Ausland rund 15 neue Standorte mit 2000 Betten aufgebaut haben.»
Schlafen in der Business- und Economy-Class
Bei der anstehenden Expansion werde man verstärkt mit zwei Schlafkapseltypen arbeiten, sagt der Capsule-Hotel-Co-Gründer, der sich im Unternehmen um die Themen Konzeptionierung und Design kümmert: «Eine etwas grössere, luxuriösere Premiumkapsel aus Aluminium und eine zweite Budgetvariante aus Holz, intern ‹Lean-Line› genannt.» Eine Segmentierung analog der zivilen Luftfahrt nennt es der Kapselkadermann: «Unsere Kapselhotels haben somit, ähnlich wie bei den Airlines, eine Business- und eine Economy-Class.»
Zwei verschiedene Kapselklassen führe man deshalb, weil man mit dem Kleinstraumkonzept grundsätzlich zwei verschiedene Zielgruppen anspreche: «Geschäftsleute, die Wert auf etwas mehr Komfort legen und auch dafür zahlen, und daneben die Budget-Traveller, die vor allem auf den Preis achten.»
Beim Preis folgt das Unternehmen dem in der Hotelwelt üblichen Prinzip des Yield-Managements, das die Hotelraten aufgrund von Parametern wie Nachfrage, Konkurrenzsituation und Prognosewerten steuert. Im Betrieb am Flughafen Zürich beginnen die Preise für die Einheitskapsel aktuell bei 70 Franken pro Person und Übernachtung.
Umnutzungen von Büros, Kinos oder Clubs möglich
Wie an den bisherigen Standorten soll es den Gästen auch an den künftigen Standorten nicht an einem gewissen Basiskomfort fehlen: Jede Kapsel hat einen Spiegel, WLAN, Frischluftzufuhr, Strom- und USB-Stecker. Das Gepäck kann ausserhalb der 1,20 Meter hohen Kapsel verstaut werden, Duschen und Toiletten stehen in Gemeinschaftsanlagen zur Verfügung.
Als hauptsächliche Quellmärkte registriert man beim Unternehmen die Schweiz, Deutschland und die USA; die vier bisherigen Betriebe seien letztes Jahr zu 76 Prozent ausgelastet gewesen. Neben der Expansion hat man beim Unternehmen in der Vergangenheit auch über temporäre Anlagen nachgedacht, also Schlafkapselstrukturen, die man nur für eine gewisse Zeit errichtet hätte. Dies in der Annahme, dass manche Destinationen für die Zeit eines Events – etwa das WEF in Davos, der ESC in Basel oder die Street Parade in Zürich – froh wären über eine kurzzeitig grössere Hotelkapazität. Doch dieses Thema verfolgt Capsule Hotels nicht mehr weiter, wie Schiffhauer sagt: «Temporäre Kapselanlagen, sogenannte Pop-ups, sind nicht mehr Teil der Strategie. Es gab zwar Anfragen, aber letztlich hat sich daraus nichts entwickelt.»
Eine grundsätzliche Flexibilität will man sich beim Luzerner Start-up aber behalten, vor allem auch bezüglich der benötigten Immobilien bei der Expansion: «Wir sind dabei überhaupt nicht auf Neubauten fixiert; Umnutzungen von Büros, Kinos oder Clubs sind ebenso gut möglich.»