UBS-Prozess in Frankreich
Milliarden-Urteil im Steuerstreit vertagt

Im Steuerstreit zwischen der UBS und Frankreich wird das Urteil im Berufungsprozess erst im Dezember publiziert. Das letzte Wort in dieser Sache dürfte aber ohnehin noch lange nicht fallen.
Publiziert: 24.09.2021 um 12:59 Uhr
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Aktualisiert: 27.09.2021 um 13:56 Uhr
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UBS-Logo am Hauptsitz: Seit 2011 ermitteln die französischen Behörden gegen die Grossbank in Frankreich.
Foto: Keystone

Die UBS hat doch keine Gewissheit. Im Berufungsverfahren hätte ein Pariser Gericht am Montag über das Strafmass entscheiden sollen. Jetzt ist das Urteil aber vertagt. Weil ein Richter erkrankt ist, soll das Urteil erst am 13. Dezember erfolgen.

Die Grossbank war vor bald zweieinhalb Jahren in erster Instanz zu einer Zahlung von insgesamt 4,5 Milliarden Euro (rund 4,8 Milliarden Franken) verurteilt worden. Der UBS und einigen früheren Mitarbeitern wird vorgeworfen, Steuerflüchtlingen aus Frankreich zwischen 2004 und 2012 systematisch geholfen zu haben, Geld in der Schweiz zu verstecken. «Illegale Bankwerbung» und «durch Steuerbetrug verschlimmerte Geldwäsche» lautete das Verdikt des Pariser Strafgerichts im Februar 2019.

Die UBS wurde in der Folge zu einer Rekordstrafe von 3,7 Milliarden Euro verdonnert, hinzu kam ein Schadenersatz von 800 Millionen. Die erste Runde der Klage also endete mit einem klaren Sieg der französischen Staatsanwälte. Die Grossbank legte gegen das Urteil Berufung ein und verlangte für sich einen Freispruch.

Gefängnis droht

Die 4,5 Milliarden Euro stehen zu aktuellen Wechselkursen für rund 80 Prozent des letztjährigen Jahresgewinns von knapp 6,6 Milliarden US-Dollar. In der zweiten Instanz beantragte die Anklage eine Zahlung von «nur» mindestens 3 Milliarden Euro. Deutlich weniger also als die erstinstanzlich verhängten 4,5 Milliarden. Und die sechs angeklagten Einzelpersonen, alles frühere Mitarbeiter und Kaderleute der UBS, sollten zu bedingten Gefängnisstrafen von 6 bis 18 Monaten verurteilt werden.

So kam es zum UBS-Prozess in Frankreich

2019 war die UBS in Frankreich in einem Steuerhinterziehungsfall zu einer Geldstrafe von 3,7 Milliarden Euro und 800 Millionen Schadenersatz verurteilt worden. Nachfolgend die wichtigsten Daten zu diesem Fall, der vor einem Jahrzehnt seinen Anfang nahm und wo nun das zweitinstanzliche Urteil aussteht.

2011: Voruntersuchung
Die Pariser Staatsanwaltschaft leitet im März eine Voruntersuchung ein, nachdem die Bankenaufsicht, die Autorité de contrôle prudentiel (ACP), ihr einen Hinweis auf die Geschäftspraktiken der UBS in Frankreich geschickt hat. Ursprung der Vorwürfe war ein anonymer Brief, der sich auf die Methoden der Schweizer Bank bezog. Darin wurde ihr vorgeworfen, Kunden beim Steuerbetrug zu helfen oder sogar Gelder zu waschen.

2012: Rechtsauskunft
Die Pariser Staatsanwaltschaft eröffnet im April ein gerichtliches Ermittlungsverfahren, insbesondere wegen Steuerbetrug. Sie verdächtigt die UBS, eine doppelte Buchführung gemacht zu haben, um Geldflüsse zwischen Frankreich und der Schweiz zu verschleiern.

2013: Geldstrafe
Die französische Niederlassung der UBS wird am 31. Mai wegen Mittäterschaft bei der illegalen Anwerbung von Kunden angeklagt. Sie wird verdächtigt, reiche Franzosen davon überzeugt zu haben, nicht deklarierte Konten in der Schweiz zu eröffnen. Am 7. Juni wird dann auch die Schweizer Muttergesellschaft in Paris wegen «unerlaubter Kundenwerbung» angeklagt. Die Aufsichtsbehörde ACP verhängt ihrerseits eine Geldstrafe in der Höhe von 10 Millionen Euro gegen die Bank. Sie spricht einen Verweis gegen die französische UBS-Tochter wegen «Laxheit» bei der Kontrolle von Geschäftstätigkeiten aus, die anfällig für Steuerbetrug und Geldwäsche sind.

2014: Schwerer Fall von Geldwäscherei
Am 23. Juni wird die UBS wegen schweren Steuerbetrugs und Geldwäsche angeklagt. Von der Bank wird eine Kaution von 1,1 Milliarden Euro verlangt. Das Rekursverfahren der Bank gegen diese Summe wird Anfang 2017 vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte abgewiesen.

2015: Haftbefehle
Am 17. Februar erlässt die französische Justiz einen Haftbefehl gegen drei ehemalige UBS-Führungskräfte, die bis Ende der 2000er Jahre für die Vermögensverwaltung in Westeuropa und Frankreich verantwortlich waren. Gegen den ehemaligen UBS-Manager Raoul Weil, den Ex-Leiter der Offshore Wealth Division, wird im September Anklage erhoben.

2016: Ende der Untersuchung
Am 22. Februar schliessen die Untersuchungsrichter ihre Untersuchung ab. Eine Woche später wird die UBS France wegen Zeugenbeeinflussung angeklagt. Der Vorwurf: Die Bank soll versucht haben, ihren ehemaligen Mitarbeiter Nicolas Forissier, den ehemaligen Leiter der internen Revision, der hinter den Enthüllungen stand, zum Schweigen zu bringen. Forissier wurde im November 2009 von der Bank wegen «schweren Fehlverhaltens» entlassen.

2017: Gerichtsprozess in Sicht
Am 20. März wird der Schweizer Finanzkonzern wegen illegaler Anwerbung von Bankkunden und schwerer Geldwäsche in Tateinheit mit Steuerbetrug vor das Pariser Strafgericht gestellt. Die französische Tochtergesellschaft muss sich wegen Mittäterschaft verantworten. Am 13. September muss die Bank erneut vor Gericht. Der Vorwurf lautete auf Mobbing gegen die beiden ehemaligen UBS-Angestellten Nicolas Forissier und Stéphanie Gibaud. Sie gelten als Whistleblower in diesem Fall.

2019: Rekordstrafe
Am 20. Februar verurteilt die französische Justiz die UBS zu einer Rekordstrafe von 3,7 Milliarden Euro. Die Richter folgen der Anklageschrift der nationalen Finanzstaatsanwaltschaft und verurteilen die UBS wegen illegaler Anwerbung von Bankkunden und schwerer Geldwäsche sowie Steuerbetrug. Die Grossbank, ihre französische Tochtergesellschaft und drei ihrer ehemaligen Führungskräfte werden ausserdem zu 800 Millionen Euro Schadenersatz an den französischen Staat verurteilt, der als Zivilkläger in dem Prozess auftritt. Die UBS bezeichnet das Pariser Urteil als «extrem oberflächlich, inkonsistent und widersprüchlich». Sie kündigt an, in Berufung zu gehen.

2020: Vertagung der Berufungsverhandlung
Die Verhandlung vor dem Pariser Berufungsgericht, die vom 2. bis 29. Juni 2020 geplant war, wird wegen der Reisebeschränkungen als Folge der Coronapandemie verschoben. Der neue Termin: 8. bis 24. März 2021.

2021: Der Berufungsprozess startet
Am 8. März geht es planmässig los. Die Staatsanwälte verlangen eine Busse von mindestens zwei Milliarden Euro. Zudem fordert der französische Staat Schadenersatz von einer Milliarde Euro. Zum Abschluss erklären die Richter, dass sie am 28. Juni über verfassungsrechtliche Fragen im Zusammenhang mit dem Fall entscheiden werden. Dies könnte zu einer Verschiebung anderer Beschlüsse führen. Das Urteil zur Berufung der UBS ist auf den 27. September angesetzt.

2019 war die UBS in Frankreich in einem Steuerhinterziehungsfall zu einer Geldstrafe von 3,7 Milliarden Euro und 800 Millionen Schadenersatz verurteilt worden. Nachfolgend die wichtigsten Daten zu diesem Fall, der vor einem Jahrzehnt seinen Anfang nahm und wo nun das zweitinstanzliche Urteil aussteht.

2011: Voruntersuchung
Die Pariser Staatsanwaltschaft leitet im März eine Voruntersuchung ein, nachdem die Bankenaufsicht, die Autorité de contrôle prudentiel (ACP), ihr einen Hinweis auf die Geschäftspraktiken der UBS in Frankreich geschickt hat. Ursprung der Vorwürfe war ein anonymer Brief, der sich auf die Methoden der Schweizer Bank bezog. Darin wurde ihr vorgeworfen, Kunden beim Steuerbetrug zu helfen oder sogar Gelder zu waschen.

2012: Rechtsauskunft
Die Pariser Staatsanwaltschaft eröffnet im April ein gerichtliches Ermittlungsverfahren, insbesondere wegen Steuerbetrug. Sie verdächtigt die UBS, eine doppelte Buchführung gemacht zu haben, um Geldflüsse zwischen Frankreich und der Schweiz zu verschleiern.

2013: Geldstrafe
Die französische Niederlassung der UBS wird am 31. Mai wegen Mittäterschaft bei der illegalen Anwerbung von Kunden angeklagt. Sie wird verdächtigt, reiche Franzosen davon überzeugt zu haben, nicht deklarierte Konten in der Schweiz zu eröffnen. Am 7. Juni wird dann auch die Schweizer Muttergesellschaft in Paris wegen «unerlaubter Kundenwerbung» angeklagt. Die Aufsichtsbehörde ACP verhängt ihrerseits eine Geldstrafe in der Höhe von 10 Millionen Euro gegen die Bank. Sie spricht einen Verweis gegen die französische UBS-Tochter wegen «Laxheit» bei der Kontrolle von Geschäftstätigkeiten aus, die anfällig für Steuerbetrug und Geldwäsche sind.

2014: Schwerer Fall von Geldwäscherei
Am 23. Juni wird die UBS wegen schweren Steuerbetrugs und Geldwäsche angeklagt. Von der Bank wird eine Kaution von 1,1 Milliarden Euro verlangt. Das Rekursverfahren der Bank gegen diese Summe wird Anfang 2017 vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte abgewiesen.

2015: Haftbefehle
Am 17. Februar erlässt die französische Justiz einen Haftbefehl gegen drei ehemalige UBS-Führungskräfte, die bis Ende der 2000er Jahre für die Vermögensverwaltung in Westeuropa und Frankreich verantwortlich waren. Gegen den ehemaligen UBS-Manager Raoul Weil, den Ex-Leiter der Offshore Wealth Division, wird im September Anklage erhoben.

2016: Ende der Untersuchung
Am 22. Februar schliessen die Untersuchungsrichter ihre Untersuchung ab. Eine Woche später wird die UBS France wegen Zeugenbeeinflussung angeklagt. Der Vorwurf: Die Bank soll versucht haben, ihren ehemaligen Mitarbeiter Nicolas Forissier, den ehemaligen Leiter der internen Revision, der hinter den Enthüllungen stand, zum Schweigen zu bringen. Forissier wurde im November 2009 von der Bank wegen «schweren Fehlverhaltens» entlassen.

2017: Gerichtsprozess in Sicht
Am 20. März wird der Schweizer Finanzkonzern wegen illegaler Anwerbung von Bankkunden und schwerer Geldwäsche in Tateinheit mit Steuerbetrug vor das Pariser Strafgericht gestellt. Die französische Tochtergesellschaft muss sich wegen Mittäterschaft verantworten. Am 13. September muss die Bank erneut vor Gericht. Der Vorwurf lautete auf Mobbing gegen die beiden ehemaligen UBS-Angestellten Nicolas Forissier und Stéphanie Gibaud. Sie gelten als Whistleblower in diesem Fall.

2019: Rekordstrafe
Am 20. Februar verurteilt die französische Justiz die UBS zu einer Rekordstrafe von 3,7 Milliarden Euro. Die Richter folgen der Anklageschrift der nationalen Finanzstaatsanwaltschaft und verurteilen die UBS wegen illegaler Anwerbung von Bankkunden und schwerer Geldwäsche sowie Steuerbetrug. Die Grossbank, ihre französische Tochtergesellschaft und drei ihrer ehemaligen Führungskräfte werden ausserdem zu 800 Millionen Euro Schadenersatz an den französischen Staat verurteilt, der als Zivilkläger in dem Prozess auftritt. Die UBS bezeichnet das Pariser Urteil als «extrem oberflächlich, inkonsistent und widersprüchlich». Sie kündigt an, in Berufung zu gehen.

2020: Vertagung der Berufungsverhandlung
Die Verhandlung vor dem Pariser Berufungsgericht, die vom 2. bis 29. Juni 2020 geplant war, wird wegen der Reisebeschränkungen als Folge der Coronapandemie verschoben. Der neue Termin: 8. bis 24. März 2021.

2021: Der Berufungsprozess startet
Am 8. März geht es planmässig los. Die Staatsanwälte verlangen eine Busse von mindestens zwei Milliarden Euro. Zudem fordert der französische Staat Schadenersatz von einer Milliarde Euro. Zum Abschluss erklären die Richter, dass sie am 28. Juni über verfassungsrechtliche Fragen im Zusammenhang mit dem Fall entscheiden werden. Dies könnte zu einer Verschiebung anderer Beschlüsse führen. Das Urteil zur Berufung der UBS ist auf den 27. September angesetzt.

Einfluss auf diesen Antrag hatte ein Leiturteil des Kassationshofs in Paris vom September 2019 gehabt. Die Richter hatten seinerzeit entschieden, dass französische Gerichte Bussen wegen Steuerbetrugs auf Basis der tatsächlich hinterzogenen Steuern berechnen sollen und nicht auf Basis der hinterzogenen Vermögen.

Offen ist ohnehin, ob der Fall nach dem zweitinstanzlichen Urtiel von der einen oder der anderen Seite an die nächste Instanz weitergezogen werden wird. Das wäre dann das Kassationsgericht. Bis zu einem letztinstanzlichen Urteil dürfte der Fall die UBS also noch mehrere Jahre beschäftigen. Sergio Ermotti wollte den Fall eigentlich noch in seiner Amtszeit abschliessen, nun hat er den Stab schon vor bald einem Jahr an seinen Nachfolger Ralph Hamers übergeben. (SDA/ise)

Der holländische Digital-Banker

Seit November 2020 leitet der Holländer Ralph Hamers die UBS als Nachfolger des Tessiners Sergio Ermotti. Zuvor arbeitete er drei Jahrzehnte lang für die niederländische ING. Ab 2013, als deren Chef, hat er die digitale Transformation der Bank vorangetrieben. Bei ING hat er auch seine Frau Patricia van Nimwegen kennengelernt. Geheiratet haben die beiden 1997. Im Spätsommer 2020 zogen sie in die Nähe des Zugersees. Ihre erwachsenen Zwillinge, Tochter und Sohn, studieren in den Niederlanden. Die UBS ist die grösste Schweizer Bank und beschäftigt weltweit über 70'000 Mitarbeitende.

Philippe Rossier

Seit November 2020 leitet der Holländer Ralph Hamers die UBS als Nachfolger des Tessiners Sergio Ermotti. Zuvor arbeitete er drei Jahrzehnte lang für die niederländische ING. Ab 2013, als deren Chef, hat er die digitale Transformation der Bank vorangetrieben. Bei ING hat er auch seine Frau Patricia van Nimwegen kennengelernt. Geheiratet haben die beiden 1997. Im Spätsommer 2020 zogen sie in die Nähe des Zugersees. Ihre erwachsenen Zwillinge, Tochter und Sohn, studieren in den Niederlanden. Die UBS ist die grösste Schweizer Bank und beschäftigt weltweit über 70'000 Mitarbeitende.

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