Die Discounter lassen die Schwergewichte Migros und Coop punkto Lohn hinter sich zurück: Lidl etwa erhöht den monatlichen Mindestlohn ab März auf 4550 Franken im Monat – mal 13. Obendrauf gibt es Einkaufsgutscheine für die Angestellten, wie bei vielen anderen Detailhändlern.
Bei Aldi liegt der Mindestlohn in einem vergleichbaren Rahmen. Migros, Coop und Denner hingegen zahlen fast 400 Franken weniger auf eine 41-Stundenwoche umgerechnet, wie sie Lidl hat. Sie betonen immer wieder, dass nicht nur der Mindestlohn zähle. Entscheidend seien auch Sozialleistungen wie Mutter- und Vaterschaftsurlaub, Pensionskassenbeiträge oder Ferientage. So oder so, im Detailhandel herrscht ein Wettlauf um die besten Arbeitsbedingungen.
Was auf den ersten Blick nach guten Neuigkeiten für die Angestellten klingt, entpuppt sich auf den zweiten Blick jedoch als Mogelpackung. Zumindest, wenn es nach den Angestelltenvertretern geht: Viele Arbeitgeber setzten auf «Pflästerli-Politik» statt auf nachhaltige Verbesserungen fürs Personal, beklagt Michael Lang, Leiter Sozialpartnerschaften beim Kaufmännischen Verband (KV) Schweiz.
Personal lässt sich um den Finger wickeln – kurzfristig
Die Mindestlöhne im Detailhandel stiegen zwar an, schreibt KV Schweiz in einer Bilanz zur Lohnrunde fürs Jahr 2024. «Anstelle eines nachhaltigen Teuerungsausgleichs setzen viele Verhandlungspartner allerdings leider auf Einkaufsgutscheine, Einmalzahlungen oder individuelle Lohnanpassungen», schreibt dazu Lang. «Damit erkaufen sich die Unternehmen den kurzfristigen Goodwill der Mitarbeitenden und verhindern so eine nachhaltige Lohnpolitik.»
Unter dem Strich verbleiben für die Angestellten im Detailhandel trotz steigender Minimallöhne Reallohnverluste, beklagt der Kaufmännische Verband. Während die Produktivität der Angestellten steige und die Unternehmensgewinne wachsen, würde eine Absenkung der Kaufkraft der Arbeitnehmenden in Kauf genommen, so die Kritik. Das gelte nicht nur für das Personal im Detailhandel, sondern auch in anderen Tieflohnbranchen, etwa im Luftverkehr. Die Unternehmen der Branche hätten die Corona-Nachwehen hinter sich und schrieben Rekordgewinne – auf dem Buckel der Angestellten.