Auf einen Blick
- Mehrere Schweizer Traditionsunternehmen schliessen 2023 ihre Türen für immer
- Gründe: veränderte Marktbedingungen, Kostendruck und Managementfehler
- Über 400 Mitarbeiter verloren ihre Jobs in den genannten Fällen
Café Bauer: Zürcher Traditions-Bäck macht nach 102 Jahren dicht
Das Café Bauer am Zürcher Albisriederplatz ist nicht mehr. Die Bäckerei war über die Stadtgrenzen hinaus bekannt für ihre handgemachten Torten und die gute Lage mitten im Quartier. «Der Laden war mein Baby», sagte Geschäftsleitungsmitglied Dominique Widmer (43) zu Blick. Sie hätten jahrelang vieles probiert und einiges draufgelegt, bis sie im August «schweren Herzens» entschieden haben, die Bäckerei für immer zu schliessen.
Der Hauptgrund war das veränderte Geschäftsumfeld. «Bei uns wird noch viel vor Ort in Handarbeit produziert. Zusammen mit den gestiegenen Preisen für Personal, Rahm, Butter oder Eier können wir mit den Grossverteilern und Grossbäckereien einfach nicht mehr mithalten», erklärte Widmer. 21 der 30 Angestellten konnten ihren Job behalten. Sie arbeiten nun im Suan Long, ein asiatisches Restaurant, das die Fläche des Café Bauers übernahm.
Weltbild-Verlag: Konkurs – 124 Angestellte auf einen Schlag arbeitslos
Es war der Morgen des 21. August, der für die 124 Angestellten alles veränderte: Der fast 90-jährige Weltbild-Verlag meldete Konkurs an. Die Meldung sorgte für grosses Entsetzen. So gross, dass die Weltbild-Läden noch am selben Tag von langjährigen Kunden aufgesucht worden sind, die Abschied nehmen wollten. Denn bereits am Abend des 21. August war alles vorbei: Am Ende des Tages schlossen die Weltbild-Angestellten die Türen zu den 24 Deutschschweizer Filialen ein letztes Mal ab.
Seither wurde es ruhig um den Weltbild-Verlag. Bis Blick am Montag aufdeckte, dass die Schaffhauser Firma Wemalo mehr als 10'000 Weltbild-Produkte für den Schnäppli-Preis von 409'408 Franken gekauft hat. In Kürze werden die Bücher, Ratgeber, Jugend- und Kindermedien in den Verkauf kommen – mit grossen Rabatten. Immerhin können die Weltbild-Fans dann nochmals zuschlagen. Ein allerletztes Mal.
Wädi-Bräu: Fast 200-jährige Brauereigeschichte zu Ende
Seit 1992 wird auf dem Gessner-Areal Bier gebraut. Die Geschichte der Wädenswiler Bierbrauerei reicht sogar bis ins Jahr 1833 zurück. Mitte Dezember schenkte das Restaurant Brauhuus zum letzten Mal Bier aus. Die Wädi-Brau-Huus AG musste Konkurs anmelden. Das Traditionsgasthaus, der Bierverkauf und die Brauseminare nahmen ein Ende.
«Wir haben lange gekämpft», erklärte Christian Weber, Verwaltungsratspräsident vom Wädi-Brau-Huus. «Aber nun ist endgültig Schluss.» 17 Mitarbeitende verloren ihren Job. Der Grund für das Aus der Kultfirma? Der veränderte Bierkonsum von Herr und Frau Schweizer. In den 90er-Jahren tranken sie noch 70 Liter Bier pro Jahr. Heute sinds im Schnitt nur noch 50 Liter.
Toller & Loher: Fehler im Büro kostet Baufirma die Zukunft
1950 hat Patron Jakob Toller seine Strassen- und Tiefbaufirma gegründet. Seit November bleiben die Bagger und Walzen für immer im Depot. «Wir können nicht mehr», sagte Verwaltungsratspräsident Henry Loher (64). «Das alles muss ein Ende haben. Wir haben 41 Jahre lang alles für die Firma gemacht.» Aktuell werden die Fahrzeuge verkauft, um noch möglichst viel Geld hereinzuholen. Die 48 Arbeiter haben aber bereits die Kündigung erhalten.
Letztlich ist ein Grossauftrag dem Betrieb zum Verhängnis geworden. Toller & Lohrer hatte Aufwendungen in der Höhe von 7,2 Millionen Franken geleistet, aber nur 3,2 Millionen Franken abgerechnet. Ein Fehler im Büro. Aber auch der Fachkräftemangel sei ein zunehmendes Problem gewesen, so Henry Loher.
Neuweiler AG: Alle 46 Mitarbeiter der Thurgauer Traditionsfirma verlieren Job
Schock im Hochsommer in Kreuzlingen TG: Die Neuweiler AG, Anlagebauer und Zulieferbetrieb für grosse Schweisskonstruktionen aus Stahl, Edelstahl und Aluminium, ist am Ende. Alle 46 Jobs sind Knall auf Fall weg. Besonders schmerzhaft: Auch die vier Lehrlinge müssen sich einen neuen Ausbildungsplatz suchen.
Letztlich hatte der Firma hohe Kosten für Strom und Material das Genick gebrochen, wie Verwaltungsratspräsident Christian Neuweiler sagte. «Es ist ein schlimmes Gefühl, das ich niemandem gönnen mag. Schliesslich ist es nicht irgendeine Firma, sondern ein alteingesessener Betrieb.» Das ist keine Übertreibung, reichten doch die Anfänge des Unternehmens bis ins Jahr 1833 zurück.
Sonne in Seuzach ZH: 15 Punkte im Gault Millau – Küchencrew läuft trotzdem davon
Die Sonne in Seuzach ZH ist über die Region hinaus bekannt für ihre Küche. 15 Punkte hat das Lokal im Gastroführer Gault Millau. Küchenchef Timur Asadullaev wurde im März als «Koch des Monats» geehrt. «Er macht die Sonne noch besser» steht im «Gault Millau». Pächter Armin Waldvogel hatte die Sonne erst im Juni 2023 übernommen. Und offenbar das Team überfordert, wie es behauptet. Denn im November nimmt das gesamte Küchenteam gleichzeitig den Hut.
Waldvogel streitet die Aussagen der Küchencrew gegenüber der Regionalpresse zwar ab. Doch er muss das Nobelrestaurant in der Folge schliessen. Nur im Hotel kann man noch übernachten. Die Zukunft der Sonne bleibt ungewiss – ein Comeback ist noch möglich. Pächter Waldvogel sucht einen Mieter, der das Restaurant auf eigene Rechnung führt.
Künzli: Kult-Schuhmarke erst am Ende, dann in letzter Sekunde gerettet
Die gute Nachricht vorweg: Die Kult-Marke des Schuhherstellers Künzli aus Windisch AG verschwindet nicht. Doch es sah im September gar nicht gut aus. Besitzerin Barbara Artmann vermeldete, dass trotz grossen Bemühungen kein Nachfolger für das Unternehmen gefunden werden konnte. Die Kündigung für die elf Angestellten waren bereits gesprochen. Das Ende der fast 100 Jahre alten Marke schien besiegelt.
Doch im Oktober dann die Wende: Der Unternehmer und Ehemann von SVP-Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher (55), Roberto Martullo (62), kaufte das Unternehmen. Die medizinischen Künzli-Schuhe zur Therapie von Knöchel- und Bänderverletzungen bleiben der Schweiz erhalten. Wie auch die kultigen Turnschuhe mit den fünf Künzli-Streifen und die Spezialschuhe für Schwinger. Martullo führt die Firma vorderhand als CEO – und die bisherige Besitzerin Barbara Artmann wird ihm bis Mitte 2025 mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Hair & Skin: Expansionsstrategie gescheitert – Pleite nach vier Jahren
2020 gegründet, vier Jahre später pleite: Hair & Skin verabschiedete sich im August still und leise – nachdem das Beauty-Start-up während der Corona-Pandemie mit viel Lärm gestartet war. Die Meldung war ein gewaltiger Schock für die Angestellten, aber auch für die Kunden: 200 Mitarbeitende zählte Hair & Skin zuletzt. Davon 70 Ärztinnen und Ärzte. Sie alle verloren den Job – und fielen aus allen Wolken. «Ich kann es gar nicht fassen. Was ist nur passiert?», sagte eine Mitarbeiterin gegenüber Blick.
Der Hauptgrund für das Scheitern war eine zu ambitionierte Expansionsstrategie ins Ausland. Hair & Skin vebrannte zu viel Geld. Auch die Mietkosten waren viel zu hoch, sagten Insider zu Blick. Ende Jahr dann plötzlich die Wende: Hair & Skin öffnete einen Teil der Filialen wieder – unter neuer Führung. Bleibt noch abzuwarten, ob und wie lange sich die Marke halten kann. Gemäss Medienberichten sollen die Schulden aber getilgt sein.