«Etwas zu grosszügig gerechnet» wäre wohl untertrieben. Drei Milliarden Franken zu viel sollen Ärztinnen und Ärzte ihren Patientinnen und Patienten verrechnen – und das Jahr für Jahr! Das schreibt «20 Minuten» und beruft sich dabei auf Zahlen des Krankenversicherungsverbands Santésuisse.
Die Ärzte stellten demnach Rechnungen aus für Leistungen, die gar nicht erbracht wurden. Oder sie verrechnen mehr, als nötig gewesen wäre. Letztlich schlagen diese Überschüsse bei den Prämienzahlern zu Buche: Laut Verbandsvertretern könnten die Prämien um zehn Prozent gesenkt werden, würden die Rechnungen korrekt ausgestellt.
Schwierige Rechnungsprüfung
Die Krankenkassen prüfen die Rechnungsbeträge jeder einzelnen Abrechnung und entdecken dabei regelmässig überhöhte Rechnungen. Das Problem besteht schon seit Jahren. Blick berichtete schon 2018 von überhöhten Rechnungsbeträgen in der Höhe von drei Milliarden Franken.
Die Rechnungsprüfung ist keine einfache Aufgabe: Die Kassen wissen nicht exakt, welche Leistungen tatsächlich und in welchem Umfang erbracht worden sind. Einzig, ob die Mengen und Kosten der auf den Rechnungen stehenden Leistungen gesetzes- und tarifvertragskonform seien, könne eine Krankenkasse überprüfen, sagt Gesundheitsexperte Felix Schneuwly (61) zu «20 Minuten». Insbesondere im ambulanten Bereich bestehe ein beträchtliches Problem, heisst es von Seiten Santésuisse.
Sind Behandlungsrapporte die Lösung?
Der Vorwurf der überhöhten Rechnungen lässt Yvonne Gilli (65) vom Berufsverband der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH) nicht unkommentiert. Es fehlten die Daten, damit die Richtigkeit dieser Vorwürfe überprüft werden könne. «In diesen über drei Milliarden sei eine Vielzahl verschiedener Sachverhalte zusammengefasst, zum Beispiel auch Rechnungsfehler, argumentiert sie.
Auch Spitalrechnungen sind in der Santésuisse-Rechnung miteinbezogen. Der Spitalverband H+ weist Vorwürfe von überhöhten Rechnungen von sich. Spitäler und Kliniken stellten Rechnungen «gemäss den geltenden Tarifen» aus. Eine externe Firma prüfe zudem die Kodierung, welche die Grundlage für die Rechnungsstellung ist. Diese sei nicht bemängelt worden, heisst es von H+ weiter.
Die Lösung für das Problem könnten Behandlungsrapporte sein, welche die Kassen einsehen könnten und so mit den Rechnungen verglichen werden könnten. Inwiefern das mit dem Ärztegeheimnis vereinbar wäre, müsste wohl erst noch geprüft werden. (gif)