Am Ende der Medienkonferenz wirkt Ralph Hamers (57) fast etwas erleichtert, lächelt sogar – ein Verlierer sieht anders aus. Dem Niederländer wird eine grosse Last von der Schulter genommen, er ist nun nicht mehr der Mann, der die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS stemmen muss. Diese Aufgabe lastet jetzt auf den Schultern von UBS-Präsident Colm Kelleher (65) und dem neuen CEO Sergio Ermotti (62). Hamers, der Retailbanker und Digitalisierer, hätte das kaum geschafft.
Kelleher und Ermotti geben sich vor den Medien staatsmännisch, sprechen mit ernsten Mienen, sind sich ihrer Verantwortung für den Schweizer Finanzplatz bewusst. «Ich werde hart arbeiten, um Schaden vom Schweizer Steuerzahler möglichst abzuwenden», erklärt Ermotti und gibt auch gleich der Politik den Tarif durch: «Man darf das Kind nicht mit dem Bade ausschütten.» Er meint damit, dass Bern nur wegen des CS-Schocks dem Koloss UBS durch verschärfte Regulierungen keine neuen Fesseln anlegen soll.
Die Pflicht ruft
Der Tessiner strotzt vor Selbstvertrauen, freut sich offensichtlich auf die neue Aufgabe. Er orientiert sich an den ganz Grossen der Branche, den amerikanischen Banken, wischt Bedenken bezüglich des Wettbewerbs auf dem Finanzplatz Schweiz beiseite. «Ich gebe mein Wort, dass ich alles dafür tun werde, um diese Transaktion mit der Credit Suisse erfolgreich durchzuführen», so Ermotti. Zum Wohl der UBS und damit auch der Schweiz. Er sieht seine Rolle den auch als Dienst am Vaterland, spricht vom «Call of Duty», der ihn ereilt habe.
Klar ist, gegen innen ist es enorm wichtig, dass ein Schweizer an der Spitze der letzten Grossbank steht. Auch wenn Ermotti damit kokettiert, dass er kaum «als Tessiner, der auf dem Finanzplatz Lugano gross geworden ist» erneut auf den UBS-Chefposten berufen wurde. Doch noch wichtiger ist, dass Ermotti auch ausserhalb der Schweiz bestens vernetzt ist, mit Aufsichtsbehörden und vermögenden Kunden auf Augenhöhe verhandeln kann. Denn eine seiner ersten Aufgaben wird es sein, schwerreiche Kunden aus Asien und anderen wichtigen Märkten davon zu überzeugen, dass sie ihr Geld, das sie von der CS abgezogen haben, zurück zur UBS bringen.
Schon mal mit der CS geliebäugelt
Nach Bekanntgabe der Fusion hat UBS-Präsident Kelleher nicht lange gefackelt und Ermotti bereits am Montag vor einer Woche angerufen. Das Telefonat hat zwar selbst Ermotti überrascht, aber kaum auf dem falschen Fuss erwischt. Der Tessiner hatte bereits vor Jahren laut über eine Fusion von UBS und CS nachgedacht und in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag» im letzten Herbst nachgelegt. Seine Aussage, dass zwei Grossbanken «volkswirtschaftlich nicht zwingend» seien, sorgte damals für einen grossen Aufschrei.
Nun ist also sein Wunsch, «einmal eine grosse Transaktion durchzuführen», doch noch wahr geworden. Ermotti ist sich den Risiken dieser Herkulesaufgabe bewusst, ermahnt die Öffentlichkeit zur «Geduld». Immerhin ist nun schon von einigen Monaten bis zu den ersten positiven Resultaten die Rede – und nicht mehr von Jahren wie bei der untergegangenen Credit Suisse.
Eines darf Ermotti nicht unterschätzen: Der Umbau der UBS zur grössten Vermögensverwalterin der Welt war eine ungleich einfachere Aufgabe, als es die Integration der CS in die UBS ist. Das wirtschaftliche Umfeld ist heute ein ganz anderes als damals. Doch wenn es einer schaffen kann, dann Super-Sergio aus dem Tessin. Er ist ein erfahrener Investmentbanker, hat bereits einmal wild gewordene Händler und Dealmaker domestiziert oder rausgeschmissen, der UBS eine ganz neue Risikokultur verpasst.
Erfolge von Hamers nicht vergessen
Das weiss auch UBS-Präsident Kelleher: «Wir müssen unbedingt verhindern, dass wir die schlechte Kultur der CS in die neue Bank importieren», sagt der Ire an der Medienkonferenz. Er zielt damit auf die Angelsachsen ab, weniger auf die Schweizer Angestellten der Credit Suisse. Mit Ermotti setzt Kelleher «auf das beste Pferd» – ohne damit die Verdienste des bisherigen CEO Ralph Hamers zu schmälern.
Dieser hilft seinem doch etwas angespannten Nachfolger vor Beginn der Medienkonferenz den Kragen zu richten. Und gibt damit zu verstehen, dass er sich mit der Rolle des Beraters an der Seite des mächtigen Konzernchefs bereits abgefunden hat. Trotzdem sollten die UBS und Ermotti die Verdienste des Niederländers nicht vergessen. Dieser hat den Supertanker UBS digitalisiert, agiler gemacht, auf Nachhaltigkeit getrimmt – und damit Milliarden verdient. Eigenschaften, die der neuen UBS weiterhin gut anstehen, wenn sich der Sturm der CS-Integration dereinst gelegt haben wird.