Strafgebühren zeigen Wirkung
Postfinance vergrault erfolgreich ihre Kunden

Die Post steht nach den ersten neun Monaten im Geschäftsjahr 2021 gut da, erzielt einen Konzerngewinn von 370 Millionen Franken. Auch weil es Postfinance erfolgreich gelingt, Kunden zu vergraulen.
Publiziert: 17.11.2021 um 00:19 Uhr
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Aktualisiert: 17.11.2021 um 07:47 Uhr
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Bei der Posttochter Postfinance sind innert Jahresfrist an die 14 Milliarden Franken Kundengelder abgeflossen.
Foto: keystone-sda.ch
Christian Kolbe

Das ist für ein Geldinstitut ungewöhnlich: Die Postfinance freut sich beinahe, dass ihr ein paar Kunden den Rücken gekehrt und ihre Gelder abgezogen haben. Innert Jahresfrist hat Postfinance an die 14 Milliarden Franken an Kundengeldern verloren, sitzt jetzt noch auf 94 Milliarden Franken. «Wir wollen keine Kunden vertreiben», sagt Post-Finanzchef Alex Glanzmann (51) bei der Präsentation der Quartalszahlen. «Aber wir haben keine Alternative zu diesem Weg wegen unseres eingeschränkten Geschäftsmodells.»

Denn die Postfinance kann nur mit grosser Mühe ihre Kundengelder rentabel anlegen, kann zum Beispiel Kredite oder Hypotheken vergeben. Das heisst, Kunden, die ihr Geld beim Geldinstitut nur parkieren und nicht etwa in Fonds oder Aktien investieren, werden mehr oder weniger sanft wieder hinausbefördert. Das Mittel dazu: Negativzinsen von 0,75 Prozent bereits ab einem Vermögen von 100'000 Franken. So weit geht kein anderes grosses Geldinstitut.

Verschärfung möglich

Und die Strafgebühren könnten sich sogar noch verschärfen, sollten andere Banken die Vermögensgrenze für Negativzinsen weiter absenken. Postfinance würde dann ihrerseits die eh schon tiefe Grenze weiter nach unten schieben. Noch sei nichts entschieden, sagt Glanzmann zu Blick. «Aber Gedanken machen wir uns schon.» Immerhin: Weil die Reiselust wieder steigt, hat Postfinance mit dem Verkauf von Devisen einiges Geld verdient.

Insgesamt ist der gelbe Riese im zweiten Corona-Jahr gut unterwegs, hat in den ersten neun Monaten 2021 einen Konzerngewinn von 370 Millionen Franken erzielt. Deutlich mehr als letztes Jahr und auch einiges mehr als 2019.

Trotzdem: Das gute Ergebnis hat auch mit dem steten Umbau des Konzerns zu tun. Das Filialnetz wird weiter gestrafft – oder «optimiert», wie es heisst: «Die Post hat weitere 70 Filialen den Kundenfrequenzen angepasst und diese zum Beispiel in Filialen mit Partner umgewandelt.»

Paketflut geht ins Geld

Die aktuell noch 834 Filialen nehmen immer weniger Briefe und dafür immer mehr Pakete entgegen. Die Paketflut ist im Moment noch eine Bürde. Die Post muss viel Geld investieren, um den Paketservice zu verbessern. Um den Bedürfnissen der Kunden auch in Zukunft gerecht zu werden, will die Post in den nächsten zehn Jahren 1,5 Milliarden Franken in die Erneuerung und den Ausbau der Sortier- und Zustellinfrastruktur stecken.

Viel Geld, das erst erwirtschaftet werden muss. Auch mit unpopulären Massnahmen: Zum Beispiel durch die Erhöhung der Postfach-Gebühren im nächsten Jahr. Oder durch die Streichung von Gutscheinen für die Postrentner.

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