Sätze wie diese kennen alle: «Dieser Artikel ist momentan nicht lieferbar.» Oder: «Unser Lieferant kann uns momentan keinen Termin nennen, wann das Produkt wieder an Lager ist.» Solche Hinweise an Regalen im Laden oder in den Onlineshops, die in der Corona-Pandemie Hochkonjunktur hatten, könnten nun wieder häufiger auftauchen.
Der Grund: Am 7. Dezember wendete sich China endgültig von seiner Null-Covid-Politik ab. Dieser überraschende Schritt hat Folgen: Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO sind sowohl Spitäler als auch Bestattungsunternehmen in China überlastet, erste Firmen schliessen aufgrund von zu vielen Krankheitsfällen in der Arbeiterschaft, besonders in den grossen Hafenstädten der Volksrepublik.
Wie in den Pandemiejahren drohen nun Lieferketten erneut zu bersten, Container könnten sich in den Häfen Chinas wieder stauen, weil Personal wegen Krankheit oder gar Todesfällen fehlt.
Lieferengpässe von mehreren Monaten möglich
Das Chaos in China wird wohl auch die Schweiz treffen, sagt Jacqueline Klaiss Brons (55), Lieferkettenexpertin von der Beratungsfirma Eraneos Switzerland. «Ich erachte die Wahrscheinlichkeit als ziemlich hoch, dass es durch Chinas Abkehr von seiner Null-Covid-Strategie erneut zu Lieferengpässen kommen wird.»
Sie rechnet insbesondere mit Engpässen bei folgenden Gütern: importierte Konsumprodukte wie Elektronik, Telekommunikation, Haushaltsgeräte, Bekleidung, Spielzeug sowie Rohstoffe wie beispielsweise Stahl.
Lieferengpässe bei diesen Gütern haben laut der Expertin negative Auswirkungen auf unsere Wirtschaft. Einerseits fehlen schlicht die Güter, wie iPhones oder Fernseher, die in China produziert werden. Dies drückt den Umsatz der Läden und damit auch das Steuersubstrat der gesamten Volkswirtschaft. Andererseits fehlen durch die Engpässe gewisse Rohstoffe oder Bauteile für die Industrie. Diese können dann nicht oder nur eingeschränkt produzieren, was wiederum die Exporte ins Ausland schwächt.
Lieferengpässe von mehreren Monaten?
In welchem Ausmass solche Engpässe bestehen werden, ist aus heutiger Sicht noch schwer abzuschätzen und hängt davon ab, wie schnell China sein Chaos wieder in den Griff bekommt, sagt auch Klaiss Brons. «Dennoch vermute ich, dass Lieferengpässe mehrere Wochen oder Monate andauern könnten.» Sollte es gegen die Erwartungen in China doch wieder härtere Massnahmen geben, könnten sich die Engpässe auch länger hinziehen.
Chef der Handelskammer versucht zu beschwichtigen
Der Präsident der schweizerisch-chinesischen Handelskammer, Felix Sutter (62), dämpft hier etwas ab: «Was der Konsument spüren wird, ist, dass sein Paket aus China eventuell etwas später ankommt.» Von grossen und lang anhaltenden Lieferengpässen geht er aktuell noch nicht aus. «Firmen haben sich differenzierter aufgestellt und grössere Lagerkapazitäten aufgebaut», sagt er zu Blick. Ebenfalls habe China viel investiert, um die logistische Situation zwischen Produzenten und den wichtigen Häfen zu verbessern.