Darum steht Pierin Vincenz vor Gericht
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Monster-Prozess in Zürich:Darum steht Pierin Vincenz vor Gericht

Staatsanwalt Marc Jean-Richard-dit-Bressel (58) scheiterte schon zweimal in spektakulären Wirtschaftsfällen
Den Fall Vincenz darf er nicht auch noch vergeigen

Staatsanwalt Marc Jean-Richard-dit-Bressel (58) scheiterte schon zweimal in spektakulären Wirtschaftsfällen. Im Fall Vincenz geht es um seine Ehre.
Publiziert: 28.01.2022 um 00:37 Uhr
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Aktualisiert: 28.01.2022 um 06:37 Uhr
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Falsch abbiegen verboten: Die Staatsanwaltschaft muss in der Spur bleiben, will sie im Vincenz-Prozess eine Chance haben.
Foto: keystone-sda.ch
Christian Kolbe

Aller guten Dinge sind drei, dürfte sich Marc Jean-Richard-dit-Bressel (58) im Vorfeld des Vincenz-Prozesses gesagt haben. Im spektakulärsten Wirtschaftsprozess seit Jahren trifft der Chefankläger der Staatsanwaltschaft auf einen alten Bekannten: Lorenz Erni (71), Verteidiger von Pierin Vincenz (65).

Erni gilt als einer der Besten seines Fachs, er hat schon zahlreiche Wirtschaftsgrössen und andere Promis herausgeboxt – etwa den ehemaligen Swissair-Chef Philippe Bruggisser (73), den Filmregisseur Roman Polanski (88) oder auch Ex-Fifa-Präsident Sepp Blatter (85).

Zweimal schon hat der Leiter der Zürcher Staatsanwaltschaft für Wirtschaftsdelikte vor Gericht die Klinge mit Erni gekreuzt, zweimal zog der Ankläger den Kürzeren, besiegt vom Ausnahmekönner Erni.

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Bei Ebner und Matter den Kürzeren gezogen

2003 versuchte der Staatsanwalt vergeblich, dem Financier Martin Ebner (76) Insiderhandel nachzuweisen. Drei Jahre später kam es nicht einmal mehr zur Konfrontation mit Erni vor Gericht: Aus einem Verfahren gegen den Banker und heutigen SVP-Nationalrat Thomas Matter (55) wurde Jean-Richard-dit-Bressel wegen Befangenheit abgezogen. Er hatte damals in einem Zeitungsinterview zu freizügig über Insiderhandel geplaudert.

Heute gibt sich der Chefankläger gegenüber Medien eher wortkarg, früher war er sogar bereit, einen Song für die Schweiz zu trällern. 2010 bewarb er sich mit einem Pilgerlied für den Eurovision Song Contest – allerdings ohne Erfolg. Der Titel des Liedes: «Ultreia», spanisch für «vorwärts, weiter!». Wie er der «Neuen Zürcher Zeitung» verriet, war es ein «Spontanentscheid am letzten Tag der Eingabefrist». Der Sohn filmte damals mit dem iPhone.

Der Chefankläger geht aufs Ganze

Die Scharten im Gerichtssaal gilt es nun auszuwetzen. In der Anklageschrift geht die Staatsanwaltschaft aufs Ganze, klagt Vincenz und Beat Stocker (61) wegen Betruges an. Und nicht nur wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung. Dieser Paragraf im Strafgesetzbuch gilt unter Juristen als «Auffangstatbestand», hier reicht der Beweis des Vorsatzes, sich pflichtwidrig bereichert zu haben. Allerdings drohen in diesem Fall auch weniger harte Strafen.

Die Hürden für eine Verurteilung wegen Betrugs sind höher. Die Anklage muss «Arglist» nachweisen. Und folglich zwingende Beweise liefern, dass sich Stocker und Vincenz verschworen hatten, um ihre Arbeitgeber Aduno und Raiffeisen zu betrügen – also ein veritables «Lügengebäude» aufgebaut haben. Dafür müssten die beiden dann sechs Jahre ins Gefängnis.

Eine weitere Niederlage gegen Erni kann sich Jean-Richard-dit-Bressel nicht leisten. Deshalb hat er sich in seinem Plädoyer mächtig ins Zeug gelegt, mit besonderer Inbrunst Telefonmitschnitte vorgelesen. So warnte Vincenz seinen Geschäftspartner Beat Stocker vor einem Mitangeklagten im Fall Investnet: «Wenn Wüst einen Seich herauslässt, haben wir ein Risiko. Wir müssen uns sauber halten, dann können sie uns nicht knacken.»

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Eine verräterische Notiz

Die Staatsanwaltschaft hat Telefone abgehört, Mailserver durchforstet, Papierkörbe und Altpapier durchwühlt. Ein handschriftliches Dokument soll zeigen, wie sich Stocker und Vincenz die Gewinnflüsse aus dem Investnet-Deal aufgeteilt haben.

Diese Notiz auf kariertem Papier wurde bei Stocker gefunden und gilt der Anklage als Beweis, dass es eben nicht nur um Darlehen für Ferienhäuser im Tessin ging. So hatten die beiden Hauptangeklagten ihrerseits diese Geldflüsse erklärt.

Nun ist Erni am Zug

Schon am Mittwoch hatte der Chefankläger schweres Geschütz aufgefahren, von «Schmiergeldern» und «Bestechung» ist immer wieder die Rede. Jean-Richard-dit-Bressel sagte, es stehe «ausser Frage, dass die Angeklagten Stocker und Vincenz arglistig gehandelt haben». Sie hätten ihre Beteiligungen «mit zahlreichen Machenschaften versteckt».

Die Staatsanwaltschaft hat nun geliefert, einen überzeugenden Auftritt hingelegt. Nun ist Erni an der Reihe. Er wird am Freitag alles daransetzen, die Anschuldigungen und Beweise seiner Gegenspieler zu zerzausen, um für seinen Mandanten Vincenz einen Freispruch herauszuholen.

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