«Staatsanwalt muss Beweise für die Vorwürfe vorlegen»
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Blick-Reporter zum Prozess:«Staatsanwalt muss Beweise vorlegen»

Geschenke und geheime Aktien
Vincenz übersteht Tag im Kreuzfeuer

Vor Gericht ging es um einen Seilbahn-Deal, eine geschenkte Uhr im Wert von 38'000 Franken und Beweise im Altpapier. Blick hat die Übersicht über den dritten Tag des Wirtschaftsprozesses des Jahrzehnts.
Publiziert: 27.01.2022 um 18:52 Uhr
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Aktualisiert: 28.01.2022 um 08:29 Uhr
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Pierin Vincenz verlässt nach Tag acht das Zürcher Volkshaus.
Foto: Philippe Rossier
Patrik Berger und Fabian Vogt

Jetzt wirds richtig intim! Der Prozess gegen Pierin Vincenz (65) und seinen Kompagnon Beat Stocker (61) findet ab sofort im kleinen Rahmen statt. Weil der grosszügige Theatersaal des Zürcher Volkshauses für ein russisches Ballett – sie spielen Schwanensee von Tschaikowski – gebraucht wird, musste das Gericht in der Nacht umziehen.

Die nur noch 15 zugelassenen Journalisten tippen ihre Artikel mit dem Laptop auf wackligen Oberschenkeln. Die beiden Hauptangeklagten sitzen nahe zusammen. In den Pausen reden Vincenz und Stocker kurz miteinander.

Der Prozess wird an Tag 3 definitiv zum Wirtschaftskrimi. Die Staatsanwaltschaft versucht aufzuzeigen, wie Vincenz und Stocker bei Firmenübernahmen als Verhandlungspartner auf beiden Seiten des Tisches abkassiert haben. Die Rede ist von geheimen Aktienpaketen, abgefangene Mails werden vorgelesen.

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Am dritten Prozesstag:Hier verlässt der Staatsanwalt das Gericht

Auch abgehörte Telefonate werden zum Thema. So soll Vincenz Stocker gesagt haben: «Wir müssen uns sauber halten, dann können sie uns nicht knacken.» Dann steht eine Uhr im Wert von 38’000 Franken im Zentrum, die Vincenz von einem Mitangeklagten geschenkt bekommen hat.

«Wollte das Leben in vollen Zügen geniessen»

Bei den hohen Spesenabrechnungen kommt Vincenz an die Kasse. «Es war für den Angeklagten Vincenz leicht, die Spesen dem Arbeitgeber aufzubürden. Er hat das in ihn gesetzte Vertrauen aufs Gröbste missbraucht. Er wollte das Leben in vollen Zügen geniessen, dafür aber die Raiffeisen bezahlen lassen», sagt der Staatsanwalt.

Vincenz und Stocker hätten sich mit Händen und Füssen gegen die Entsiegelung von Notizbüchern und Emails gewehrt. Wichtige «Belege» seien bei Hausdurchsuchungen auch im Altpapier gefunden worden. Kurz: Dass Vincenz und Stocker bei diversen Firmendeals auf beiden Seiten der Verhandlungstische sassen, ohne ihre Arbeitgeber zu informieren, ist in den meisten Fällen unbestritten. Doch ist das auch strafbar? Es bleibt spannend.

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«Vincenz war in einer stärkeren Machtposition»

Die Staatsanwaltschaft fordert für Vincenz und Stocker je sechs Jahre Haft. Wegen gewerbsmässigem Betrug, Urkundenfälschung, unlauterem Wettbewerb und Veruntreuung. Sie begründet dies unter anderem damit, dass die «deliktischen Tätigkeiten von 2011 bis zur Verhaftung 2018, also sieben Jahre», dauerten. Damit hätten sie mehr als 20 Millionen Franken verdient.

Den beiden seien dabei unterschiedliche Rollen zugekommen. «Vincenz war als CEO und VR-Präsident in einer stärkeren Machtposition.» Beat Stocker hingegen habe weder die Macht noch die Vertrauensstellung von Vincenz gehabt. «Aber er war das eigentliche Hirn hinter der Operation.»

Am Nachmittag kommen die beiden Privatkläger Viseca (ehemals Aduno) und Raiffeisen zu Wort. Sie machen Pierin Vincenz und Beat Stocker für einen Schaden von insgesamt 25 Millionen Franken verantwortlich.

Für den Viseca-Anwalt ist klar: «Es zeigt sich, dass Vincenz und Stocker bei den Deals in einem Interessenskonflikt standen.» Die Beschuldigten hätten sich stehts heimlich an den Transaktionen beteiligt. «Sie sassen auf beiden Seiten des Verhandlungstisches und verheimlichten ihren Interessenskonflikt gegenüber Aduno stets. Im Verwaltungsrat stimmten sie immer für ihre eigenen Interessen.»

«Vincenz wusste, was ein Interessenkonflikt ist»

Der Raiffeisen-Anwalt geht hart ins Gericht mit dem ehemaligen CEO. Vincenz könne sich bei den Geschäftsbeteiligungen nicht herausreden, dass er unerfahren sei. Als Beispiel führt er die Bergbahnen in Andiast GR an, an denen sich Raiffeisen hat beteiligen wollen. Vincenz ist in den Ausstand getreten, weil er über seine Familie beteiligt war. Daraus schliesst der Anwalt: «Vincenz wusste, was ein Interessenkonflikt ist.»

Auch er will mit diversen Gesprächsmitschnitten, Emails und Notizen beweisen, dass die Schattenbeteiligungen bewusste Betrügereien von Vincenz und Stocker waren. Und schliesst: «Das war nur mit entsprechender Planung und mithilfe der ebenfalls angeklagten Partner möglich.»

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