Auf einen Blick
- Stadler Rail kämpft mit Problemen in Berlin, Sparprogramm wird umgesetzt
- Mitarbeiter sollen Beitrag leisten, um Stellenabbau zu vermeiden
- Stadler Deutschland beschäftigt 2000 Mitarbeiter und investierte 100 Millionen Euro
In der deutschen Hauptstadt kommt Stadler Rail einfach nicht so richtig in Fahrt. Dabei sah es noch vor Kurzem gut aus: Der Zugbauer von Patron Peter Spuhler (66) mit Sitz in Bussnang TG hatte 2019 eine grosse Ausschreibung der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) gewonnen. Doch dann häuften sich die Probleme: Nach einem Rekurs des französischen Konkurrenten Alstom und nach Produktionsproblemen wegen der Covid-Pandemie kam zuletzt noch ein Software-Problem hinzu. Die BVG haben bisher erst 400 der 1500 Wagen bestellt, das Werk in Berlin-Pankow war daher zu wenig ausgelastet.
Das hatte Auswirkungen auf das Ergebnis 2024 – Spuhler musste im November das Jahresziel senken. Und es hat nun auch Folgen für die 2000 Angestellten des Werks in Pankow. Am Montag mussten sie zu einer grossen, zweistündigen Betriebsversammlung antraben, wie die «Berliner Zeitung» berichtet. Vom einfachen Mitarbeiter in der Montage bis hin zum Chef. Denn sie alle sollen einen Beitrag leisten, dass es wieder aufwärtsgeht mit dem Werk in der deutschen Hauptstadt.
«Unter erheblichem wirtschaftlichem Druck»
Was sie da gehört haben, dürfte den Angestellten keine Freude gemacht haben. Von Lohnverzicht ist im Bericht die Rede, von einer Reduktion der Arbeitszeit und von neuen Pausenregelungen. Kurz: Mit einem Strauss von Massnahmen soll ein Stellenabbau vermieden werden. Denn die Lage ist ernst. «Stadler Deutschland sieht sich in der aktuellen wirtschaftspolitischen Situation in Deutschland zu schnellem und entschlossenem Handeln gezwungen, um die Wettbewerbsfähigkeit seiner Standorte in Berlin-Brandenburg zu stärken», heisst es bei Stadler Rail auf Anfrage von Blick.
Auslöser seien die globalen Verwerfungen und die Tendenz zur Deindustrialisierung in Deutschland. «Trotz guter Auslastung und wichtiger Zukunftsprojekte für den Standort in Berlin steht Stadler Deutschland unter erheblichem wirtschaftlichem Druck», heisst es weiter. Um die Wettbewerbsfähigkeit im international harten Konkurrenzkampf zu stärken, müsse der deutsche Stadler-Ableger seine Kostenstruktur und Prozesse optimieren. Mit dem erklärten Ziel, den Industriestandort langfristig zu stärken.
Sparprogramm schnell und konsequent umsetzen
Als nächstes stehen Gespräche mit Arbeitnehmervertretern und der Gewerkschaft IG Metall an, heisst es. «Um Stadler am Industriestandort Deutschland nachhaltig in der Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, müssen wir jetzt einschneidende Massnahmen beschliessen», sagt Jure Mikolčić (50), Chef von Stadler Deutschland. Seit 2001 produziert der Zugbauer im Werk in Pankow. Die Zahl der Angestellten stiegt von anfänglich 197 auf aktuell 2000 an. 100 Millionen Euro hat Stadler bereits investiert.
Jetzt müssen aber die Kosten runter. Und zwar schnell. Fabrik-Chef Jörg Nuttelmann (60) betont denn auch: «Uns ist bewusst, dass dies keine einfachen Entscheidungen sind. Dennoch gibt es keine Alternative dazu, weil wir alles tun wollen, um die Zukunft des Standorts Berlin langfristig zu sichern.» Um Entlassungen zu verhindern, müssten die Massnahmen «schnell und konsequent» umgesetzt werden. Dies sei nur mit einem «signifikanten Arbeitnehmerbeitrag» möglich.