Kurz vor Trumps Rückkehr ins Weisse Haus
Spuhler stellt neue Pläne für US-Geschäft von Stadler vor

Peter Spuhler macht seinen nordamerikanischen Standort zur eigenen Division. Der Schritt erfolgt kurz vor Trumps Rückkehr ins Weisse Haus.
Publiziert: 03.12.2024 um 10:02 Uhr
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Aktualisiert: 03.12.2024 um 10:43 Uhr
«Um die Wichtigkeit des Marktes zu betonen, stärken wir nun den Standort»: Stadler-Rail-Patron Peter Spuhler.
Foto: Keystone
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Fabienne Kinzelmann und Bernhard Fischer
Handelszeitung

Stadler ordnet sein US-Geschäft neu. Per 1. Januar wird der Standort USA aus der Division Schweiz herausgelöst und zur eigenen Division Nordamerika. Das habe der Verwaltungsrat in einer Sitzung Ende November beschlossen, bestätigt ein Sprecher von Stadler Rail auf Anfrage der «Handelszeitung». Der bisherige Länderchef Martin Ritter wird Leiter der neuen Division und zudem Mitglied der Konzernleitung.

Stadler Rail begründet die Reorganisation mit der guten Geschäftsentwicklung in den USA. «Um die Wichtigkeit des Marktes zu betonen, stärken wir nun den Standort. Mit Martin Ritter wird eine erfahrene und ausgewiesene Führungsperson die neue Division Nordamerika führen», sagt Verwaltungsratspräsident Peter Spuhler. 

Artikel aus der «Handelszeitung»

Dieser Artikel wurde erstmals in der «Handelszeitung» publiziert. Weitere spannende Artikel findest du auf www.handelszeitung.ch.

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Seit der Gründung des Werks in Salt Lake City (Utah) 2016 stieg der Umsatz mit Ausnahme der schwierigen Corona-Jahre kräftig an. Aktuell sind mehr als 500 Mitarbeitende am Standort USA beschäftigt. Im vergangenen Jahr trug das US-Geschäft mit 239 Millionen Franken rund 6,6 Prozent zum Gesamtumsatz bei.

Aufstieg für US-Geschäftsführer Martin Ritter

Für US-Geschäftsleiter Martin Ritter ist der Entscheid ein Karrieresprung. Ritter steigt in die Konzernleitung auf und berichtet neu direkt an CEO Markus Bernsteiner. «Ich freue mich darauf, die kommenden Herausforderungen zu meistern und im nordamerikanischen Markt weiter zu wachsen», sagt Ritter. 

Neu-Konzernleitungsmitglied Ritter hat einen Masterabschluss in Accounting and Finance von der HSG und ist zudem Offizier der Schweizer Armee. Er baute den Stadler-Hauptsitz in Salt Lake City (Utah) auf, nachdem Trinity Metro aus Texas (USA) 2015 acht dieselelektrische Flirt-Züge bei Stadler Rail bestellt hatte. Mit dem Werk erfüllte Stadler den «Buy America Act», der vorschreibt, dass bei staatlich finanzierten Projekten mindestens 60 Prozent der Wertschöpfung in den USA generiert werden muss.

Gut gefüllte Auftragsbücher: Stadler-Werk in Salt Lake City.
Foto: Stadler Rail

Ritter führte das US-Geschäft anschliessend auch durch die Corona-Pandemie und baute es kräftig aus. Dabei profitiert er auch vom amerikanischen Infrastrukturstau und vom steigenden Bedarf nach emissionsarmer Mobilität. Neben dem dieselelektrischen Flirt sind mit den Zugtypen GTW und KISS sowie dem Flirt mit Wasserstoffantrieb bereits diverse Fern- und Regionalzüge in verschiedenen Regionen der USA im Einsatz.

«Freue mich darauf, die kommenden Herausforderungen zu meistern»: Martin Ritter, CEO von Stadler US.
Foto: ZVG

Erst im Oktober unterzeichnete Stadler einen neuen Vertrag über die Lieferung von bis zu achtzig neuen Strassenbahnen für die öffentliche Verkehrsgesellschaft UTA in Utah. Mit der Vertragsunterzeichnung des UTA-Vertrags hat Stadler im Oktober 2024 eine Erweiterung des US-Werks angekündigt – der nächste Meilenstein für die Erhöhung der Produktionskapazitäten. Stadler hofft, den Umsatz am US-Standort innerhalb von zwei bis drei Jahren verdoppeln zu können.

Welche Rolle spielt Trump?

Für US-Geschäftsführer Ritter dürfte die eigene Division im politisch aufgeheizten Klima in den USA auch etwas Distanz zum Mutterhaus bringen. Stadler-Präsident Peter Spuhler hatte Trump bei einem öffentlichen Gespräch mit «Bilanz»-Chefredaktor Dirk Schütz nach der US-Wahl heftig kritisiert. Kurz darauf schob er in einem Interview nach: «Trump ist mit seiner flegelhaften und sprunghaften Art dem Amt eines US-Präsidenten unwürdig.»

Auch wenn das Ergebnis der US-Wahlen laut Stadler keine direkte Rolle beim Entscheid spielte, dürfte die lokale Aufwertung Vorteile bei öffentlichen Ausschreibungen in den USA bringen. Unter der scheidenden Biden-Regierung wurden massive Investitionen in Infrastruktur und umweltfreundliche Mobilitätslösungen beschlossen sowie Subventionen für Produktionsstätten in den USA ausgebaut. Unter dem neuen alten US-Präsidenten Donald Trump, der teilweise mit 100-Prozent-Zöllen droht, dürfte der Druck auf europäische Unternehmen, vor Ort zu produzieren, weiter zunehmen.

Komplette Abspaltung ist kein Thema

Bei den Schweizer Industriefirmen ist bereits seit mehreren Monaten ein Trend sichtbar, das US-Geschäft eigenständiger darzustellen. Dazu gehören unter anderem das Solarunternehmen Meyer Burger, der Zementbauer Holcim sowie der Stromzählerhersteller Landis+Gyr. Diese Firmen haben offensichtlich ein grosses Interesse daran, sich in Amerika anders zu positionieren. Eine komplette Abspaltung des Nordamerikageschäfts, wie etwa Holcim sie vorsieht, ist bei Stadler jedoch offenbar nicht geplant. Stadler US sei und bleibe eine 100-Prozent-Tochter der Stadler Rail AG, teilte das Unternehmen auf Anfrage mit.

Eine Herauslösung des zukunftsträchtigen US-Geschäfts dürfte angesichts der aktuellen Probleme beim Zugbauer kein Thema gewesen sein. Stadler Rail machte zuletzt mit massiven Kursproblemen Schlagzeilen. Das Unternehmen selbst begründet das vor allem mit externen Faktoren wie extremen Wetterereignissen. Die Fluten im Wallis, wo Stadler mehrere Tausend Tonnen Aluminiumprofile bezieht, in Niederösterreich, wo ein Doppelstockzug nach einem Dammbruch geflutet wurde, sowie in Valencia, wo Stadler ein grosses Werk mit rund 900 Angestellten betreibt, hätten den Zughersteller getroffen.

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