Darum gehts
- Alao.ch-Werbung mit Schwiegermutter-Klischee sorgt für Kritik von SP-Nationalrätin
- Expertin empfiehlt Umkehrung des Klischees für bessere Werbewirkung
- Stereotypen-Analyse 2024: Nur noch 16 Prozent der Werbespots enthalten stereotype Geschlechterrollen
«Schwiegermutter wechseln? Schwierig. Handy-Abo wechseln? Einfach.» So lautet der Slogan der aktuellen Werbekampagne von alao.ch – eine Vergleichsplattform für Handy-Abos. Kurz, knackig – und hochgradig sexistisch? SP-Nationalrätin Anna Rosenwasser (35) findet: ja. Auf ihrem Instagram-Profil teilt die SP-Nationalrätin am Montag die Werbekampagne von alao.ch und schreibt dazu ironisch: «Mich motivieren sexistische Klischees auch immer mega, mein Handyabo zu wechseln.»
Auf Blick-Anfrage präzisiert Rosenwasser: «Ich finde, Humor darf provozieren, zum Diskutieren anregen und durchaus auch mal streitbar sein. Ein abgedroschenes Klischee zu bedienen, das ältere Frauen abwertet, ist aber weder provokant noch originell.» Das Stereotyp der bösen Schwiegermutter sei bezeichnend, so die Zürcherin. «Interessant wird dieses Stereotyp, wenn wir uns bewusst machen, dass er nur für Schwiegermütter gilt, nicht aber für Schwiegerväter. Ähnlich, wie es böse Stiefmütter als Klischee oder den Begriff Rabenmutter gibt.» Väter würden viel seltener abgewertet werden, so Rosenwasser. «Sie treten in der Werbung im positiven Kontext auf.»
«Werbung soll schnell verstanden werden»
Stimmt das? Blick hat bei Nina Bieli (36) nachgefragt. «Wir teilen ihre Ansicht», sagt die Mitgründerin des Gislerprotokolls, das sich für eine vielfältige Darstellung der Gesellschaft im Marketing einsetzt. Sie hat auch gleich einen Vorschlag für alao.ch: Das Klischee einfach umkehren. «Dann würde die Werbung besser im Gedächtnis bleiben. Und sicher ist: Man müsste sie wohl zweimal anschauen – weil sie nicht dem entspricht, was man erwartet.»
Warum sind solche Klischees in der Werbebranche immer noch verbreitet? «Erstens sollen Werbungen schnell verstanden werden – das Stereotyp der bösen Schwiegermutter kennt jeder. Zweitens wird oft gar nicht bewusst darauf geachtet, ob man stereotype Darstellungen verwendet.» Das sei jedoch keine Entschuldigung. «Kommunikation auf Kosten bestimmter Personengruppen zementiert Vorurteile weiter», sagt Bieli zu Blick.
Alao-Chef wehrt sich
Passend zur Debatte rund um den Alao-Werbeslogan veröffentlicht Bielis Gislerprotokoll die «Stereotypen-Analyse 2024» für die Schweizer Werbebranche. Dieser zeigt eine positive Entwicklung. Von den 300 Werbespots, die Nina Bieli untersucht hat, enthielten nur noch 16 Prozent der Spots stereotype Geschlechterrollen – im Vorjahr waren es noch 26 Prozent. Die Expertin zieht deshalb ein positives Fazit: «Unternehmen und Agenturen setzen sich stärker mit Gender-Stereotypen auseinander. Zwar kommen Stereotypen noch vor, aber ihr Einsatz ist bewusster.»
Zurück zum aktuellen Fall: Was sagt alao.ch zur umstrittenen Kampagne? Walter Salchli (39), Gründer der Vergleichsplattform, erklärt gegenüber Blick: «Wir wollen aufzeigen, dass entgegen der landläufigen Meinung der Wechsel eines Handy-Abos nicht kompliziert sein muss, sondern mit alao ganz einfach ist.»
Es sei eine bewusste Entscheidung gewesen, mit gesellschaftlich verankerten Klischees zu spielen. Zur Kritik von Anna Rosenwasser sagt Salchli: «Falls wir jemanden zu nahe getreten sein sollten, war dies sicher keine Absicht.» Den Ratschlag von Nina Bieli nimmt er auf: «Sollten wir die Kampagne weiterentwickeln, machen wir vielleicht auch etwas mit nervigen Schwiegervätern.»