Auf einen Blick
- SP-Nationalrätinnen äussern sich kontrovers zur Frauen-EM in der Schweiz
- Aussagen über Lesben im Fussball sorgen für Diskussionen
- Tamara Funiciello erwarb 35 Tickets für die Fussball-Europameisterschaft
Diesen Sommer darf die Schweiz die Fussball-EM der Frauen austragen. Der grösste Frauensport-Anlass Europas ist natürlich auch für die ausgeprägt feministischen SP-Nationalrätinnen Tamara Funiciello (34, BE) und Anna Rosenwasser (35, ZH) ein Thema. So unterhalten sich die beiden Parlamentarierinnen an ihrem regelmässig stattfindenden «Feministischen Sessionsrückblick» darüber – und befördern sich gleich mit Lesben-Klischees ins Abseits.
«Ich liebe es, über die EM zu sprechen», sagt Rosenwasser auf die Frage, ob sie für das Turnier bereit sei. «Denn dann meinen alle, ich interessiere mich für den Fussball. Dabei interessiere ich mich vor allem für Lesben, die Sport machen.» Ob sie tatsächlich bei einem Spiel dabei ist, wisse sie jedoch noch nicht.
Nicht alle Sportlerinnen glücklich über die Wortwahl
Anders Funiciello: Sie offenbart, dass sie im heiss umkämpften Vorverkauf gleich 35 Tickets abgestaubt habe – und diese nun mittels Excel-Tabelle verwalte. Damit hat sie die Lacher auf ihrer Seite, nutzt aber anschliessend ähnliche Worte wie zuvor Kollegin Rosenwasser: «Ich mache einen Monat nichts anderes, als Lesben beim Fussballspielen zuzuschauen.»
Die Aussagen von Funiciello und Rosenwasser stammen zwar von Ende Oktober. Inzwischen weiss Blick aber: Sie werden aktuell auch in Fussballerinnen-Kreisen kontrovers diskutiert. Denn die beiden Nationalrätinnen landen damit bei Vorurteilen: Wer als Frau Fussball spielt, müsse doch lesbisch sein. Und wer ihnen zuschaut, tue dies nur wegen ihres Aussehens.
Darf Rosenwasser das?
Es sind Klischees, die manchen Sportlerinnen sauer aufstossen – auch wenn sie für einmal von Menschen desselben Geschlechts stammen. Dabei machte sich Anna Rosenwasser, die ehemalige Geschäftsleiterin der Lesbenorganisation Schweiz, erst kürzlich bei Blick für mehr Rücksichtnahme für alle Geschlechter stark. «Eine offene Person zu sein, heisst auch, dann dazuzulernen, wenn es unangenehm ist», sagte sie im Streitgespräch mit Jetsetterin Vera Dillier (76).
Im Gespräch ging sie auch mit Kult-Moderator Thomas Gottschalk (74) hart ins Gericht: «Er darf weiterhin seine herablassende Haltung gegenüber Frauen und ihren Körper breittreten. Das zeigt uns, als wie normal es immer noch gilt, dass Männer ungestraft weibliche Körper kommentieren dürfen.» Wie weit kann es sich Rosenwasser also nun selbst erlauben, sich vor allem auf die Sexualität der Fussballerinnen zu beziehen?
Für Funiciello ist der Fussball für die Lesben überlebenswichtig
Eine Anfrage an die Zürcher Nationalrätin bleibt unbeantwortet. Rosenwassers Parteikollegin Tamara Funiciello – selbst lesbisch – verteidigt zumindest ihre eigene Aussage: «Ich habe damit natürlich nicht gemeint, dass alle Fussballerinnen Lesben seien.» Doch sei es schade, dass Lesbe immer noch als Schimpfwort wahrgenommen werde. «Als wäre unsere Sexualität eine Beleidigung», sagt sie.
Der Fussball und die Lesbengeschichte seien in der Schweiz zudem eng verbunden. So gelangte die Lesbenorganisation Schweiz vor einem Vierteljahrhundert schlagartig ins öffentliche Bewusstsein, als der FC Wettswil-Bonstetten sein Frauenteam auflöste, weil Lesben mitspielten. «Da haben sich lesbische und heterosexuelle Fussballerinnen gemeinsam für ihr Recht eingesetzt, Sport treiben zu können.»
Die Sportart sei zudem auch für ihr eigenes Coming-out wichtig gewesen. «Megan Rapinoe, Ali Krieger, Jenni Hermoso – sie haben Kinder, sind offen und sichtbar lesbisch», sagt Funiciello. Es sei wichtig, solche Vorbilder zu haben.
So oder so freue sich Funiciello als grosse Fussball-Anhängerin sehr auf die Heim-EM. «Der Frauenfussball hat in den letzten Jahren an Sichtbarkeit und Relevanz gewonnen», sagt sie. «Ich wünsche mir, dass er nun auch in der Schweiz angemessen gefördert wird.»