Die Europäische Union hat sich nach langem Ringen auf ein Ölembargo gegen Russland geeinigt. Doch zwingt diese Strafmassnahme Russlands Präsidenten Wladimir Putin (69) wirklich in die Knie? Oder zahlt Europa wegen stark steigender Energiepreise einen zu hohen Preis? Dass das Embargo keine kurze Sache wird, scheint klar. «Ein Ölembargo gegen Russland muss man im Zweifel jahrelang durchhalten können», sagt die Deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock (41).
Andere Politiker sprechen von einem «Ölembargo light». Denn künftig untersagt sind nur die Transporte per Schiff. Die bestehenden Öl-Pipelines dürfen weiterhin in Betrieb bleiben. Putin wird sich bei seinem Freund, dem ungarischen Staatschef Viktor Orban (59), bedanken, der diese Ausnahmeregelung ausgehandelt hat. So kann Russland immerhin noch zehn Prozent seines Öls in den Westen exportieren.
13,7 Milliarden Dollar zusätzlich
Kommt dazu: Bisher hat Russland wegen des gestiegenen Ölpreises satte 13,7 Milliarden Dollar eingenommen. Eine Summe, die auch Russlands Kriegskasse hilft. Und Putin ruhig schlafen lässt. Genau so wie der Fakt, dass sein Öl weltweit immer noch begehrt ist. Vor allem bei den Grossmächten Indien, Pakistan und China. Sie bekommen russisches Öl zum Freundschaftspreis.
Zudem besitzen die Russen weitere Bodenschätze, auch wenn sie diese in Teilen der Welt bald nicht mehr verkaufen können. Das ist aber nicht weiter tragisch. Denn Russland hat selbst nach Einfrieren vieler Vermögenswerte noch flüssige Mittel in der Höhe von 300 bis 400 Milliarden Dollar. Zumal Putin zur Kriegsführung gegen die Ukraine keine Dollar braucht. Seine Soldaten bezahlt er in Rubel. Und die kann er als Alleinherrscher praktisch selbst drucken.
Nicht unter Druck, Öl zu verkaufen
Putin kann sich entspannt zurücklehnen. Es gibt keine bessere Wertanlage als Rohstoffe im Boden. Er steht nicht unter Druck, Gas oder Öl sofort zu verkaufen. Im Gegensatz zum verderblichen Weizen der Ukraine, kann er auf Zeit spielen. Die Bodenschätze verlieren nicht an Wert. «Das ist ein bisschen so, wie wenn jemand einen Goldbarren im Tresor hat und man sagt, wir nehmen dir diesen Goldbarren nicht ab. Dadurch wird die Person ja erstmal nicht ärmer», sagt Marcel Thum, Professor für Volkswirtschaftslehre und Finanzwissenschaften an der TU Dresden zum WDR.
So richtig in Bedrängnis kommen würde Russlands Machthaber nur, wenn sich alle wichtigen Länder am Embargo beteiligen würden. Davon ist die Welt meilenweit entfernt.