Schöne Bescherung vor dem Fest
Jetzt sind sogar Davoser Schlitten Mangelware

So was hat man die letzten Jahrzehnte nicht gesehen. Die Corona-Pandemie hat die globalen Lieferketten gesprengt, sodass uns ausgerechnet jetzt Geschirrspüler, Kameras, E-Bikes und Co. ausgehen. Zu allem Unglück droht auch noch ein Preisanstieg.
Publiziert: 20.12.2021 um 09:26 Uhr
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Der gute alte Davoser Schlitten ist dieses Jahr besonders beliebt.
Foto: Getty Images
Ulrich Rotzinger

Alles ist knapp – oder gar nicht erst zu haben! «Rote Samichlausmützen? Oh, die habe ich dieses Jahr nicht bekommen», sagt eine Verkäuferin auf dem Zürcher Weihnachtsmarkt. «Vielleicht sind die Kartons in einem Container der «Ever Given» hängen geblieben», scherzt die Marktfrau. «Ever Given». Die Suezkanal-Blockade. Die Havarie des Megafrachters im Frühjahr steht sinnbildlich für den aktuellen Liefernotstand weltweit.

Nicht nur die Lieferketten greifen nicht mehr ineinander, auch Container sind kaum mehr zu haben. «Man wartet einen Monat darauf, und dann kosten sie auch noch das Zehnfache wie vor der Krise», sagt der Chef eines global tätigen Schweizer Technologiekonzerns zu Blick. «So was habe ich in den letzten 35 Jahren nicht gesehen.»

Stefan Ruf, Chef von Euler Hermes Schweiz bestätigt: «Die Container-Preise sind auf ein Rekordhoch gestiegen.» Der Kreditversicherer macht knappe Schiffskapazitäten und schleppende Abwicklung in den asiatischen Häfen als Gründe für die Preisexplosion aus.

Die Folge: Kunden müssen aufs nächste Jahr vertröstet werden.

Lange Gesichter in Läden und Onlineshops

Längst ist nicht mehr nur von einem Halbleiter-Notstand die Rede, der die Automobilproduktion zum Stillstand bringt. An Nachschub mangelt es auch bei Geräten wie Geschirrspülern und Elektroherden – unter anderem klagen Miele, Bosch und Siemens über fehlende Komponenten, sagt ein Sprecher von galaxus.ch, dem grössten Onlinewarenhaus der Schweiz.

Auch E-Bikes, Laptops und Kameras, in denen viele Mikrochips verbaut sind, sind Mangelware. So sind diverse Nikon-Kameras gerade nicht erhältlich. Verfügbarkeit: zwischen 29. März und 27. April 2022 geliefert. So heisst es im Onlineshop von Digitec bei diversen Kameramodellen.

Bei galaxus.ch sind gerade Davoser Schlitten knapp. Deren Auswahl sei inzwischen beschränkt, mehrere Modelle sind ausverkauft, und Nachschub kommt vor Weihnachten nicht mehr rein, so ein Sprecher. Oder Staubsauger: Mehrere Modelle von Dyson und Philips sind ausverkauft. Das Brettspiel Brändi Dog 6: praktisch ausverkauft.

Franz Carl Weber lässt Eltern nicht hängen

Oh du fröhliche für die Kleinen! Die Spielzeugläden von Franz Carl Weber sind grösstenteils verschont geblieben. Marketing-Chefin Natalie Berger: «Nur fünf Prozent aller Artikel wurden nie geliefert und werden auch nicht mehr geliefert.» Dazu gehören einzelne Schleich-Figuren, Pokémon und Produkte mit elektronischen Komponenten. «Von allen übrigen Artikeln haben wir mehr als genügend auf Lager beziehungsweise in den Filialen», so Berger.

Leere Regale will keiner seiner Kundschaft zumuten. Darum hat Ikea das Sortiment seiner Möbelhäuser und vom Onlineshop verkleinert. Raus flog, was nicht lieferbar ist. Derzeit fehlen 1500 von insgesamt 10'000 Artikeln.

Ikea rechnet demnächst mit Nachschub

«Ein Drittel davon kommt bald wieder ins Sortiment zurück», kündigt eine Sprecherin an. Dennoch sei die Lage fragil. Und vor allem: Der Aufwand in der Logistik sei seit Monaten immens, so die Sprecherin. Der Möbelriese hat die explodierenden Frachtkosten bislang selbst geschultert und es unterlassen, diese auf die Ladenpreise draufzuschlagen.

Ähnlich klingt es bei Galaxus. Der Sprecher weiss: «Inzwischen wirkt sich der Mangel auch auf die Preise aus.» Kommen etwa neue Grafikkarten, Drucker oder Laptops auf den Markt, setzen die Hersteller oft höhere Preise an. «Und die höheren Einkaufspreise bekommen am Ende die Konsumentinnen und Konsumenten zu spüren», heisst es.

Bis sich die Beschaffungskette wieder auf normalem Niveau stabilisiert, könnte es noch gut zwei Jahre dauern, sagt Export-Experte Ruf von Euler Hermes. «Die Lieferengpässe zeigen die ausserordentlich hohe Abhängigkeit von der chinesischen Produktion in den betroffenen Produktgruppen.»

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