Darum gehts
Den Beteiligten gingen fast die Superlative aus: Von einer «Hochzeit im Himmel» schwärmte der UBS-Chef. Dabei handelte es sich aber nicht um Sergio Ermotti mit Blick auf die CS-Übernahme. Sondern um seinen Vorgänger Marcel Ospel – vor 25 Jahren. Im Juli 2000 hatte Ospel für 17,6 Milliarden Franken den US-Broker Paine Webber gekauft.
Statt der Traumpartner war Paine Webber für Ospel tatsächlich nur die zweite Wahl, ursprünglich wollte er nach Merrill Lynch greifen. Und das Resultat der Paine-Webber-Übernahme ist nicht einmal mehr zweite Wahl: Der Deal hat nie die Erwartungen erfüllt, das US-Vermögensverwaltungsgeschäft ist für die UBS seit 25 Jahren eine Dauerbaustelle.
Dieser Artikel wurde erstmals im Angebot von handelszeitung.ch veröffentlicht. Weitere spannende Artikel findest du unter www.handelszeitung.ch.
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In Zahlen: Zwar haben sich seit 2014 die verwalteten Vermögen der UBS in Amerika auf rund 2,1 Billionen Dollar verdoppelt. Doch der Vorsteuergewinn verharrt mit Ausnahme der Jahre 2021 und 2022 nahe der Marke von 1 Milliarde. Bankkenner machen auch Managementfehler für die Malaise verantwortlich: «Das Geschäft wurde zu lange im Interesse der US-Finanzberater, nicht aber im Interesse der Bank gemanagt», fasst es eine Auskunftsperson zusammen.
Seit Juni vergangenen Jahres hat der frühere Investmentbankchef Rob Karofsky die undankbare Aufgabe, die US-Vermögensverwaltung der UBS zum Blühen zu bringen. Gelingt ihm das, dürfte er zu jenen Kandidaten zählen, die in rund zwei Jahren Sergio Ermotti als UBS-Chef beerben könnten. In jedem Fall gilt die Wende im riesigen US-Geschäft als ein wichtiger Hebel, um die Aktie der UBS endlich auf ein höheres Niveau zu heben. Als Goldstandard gilt hier US-Konkurrent Morgan Stanley, der mit dem Zweifachen des Buchwertes bewertet wird. Die UBS kommt auf den Faktor 1,2.
Das schwere Geschäft mit den Superreichen
Zum ersten Mal erklärt Karofsky in der Handelszeitung einem Schweizer Medium seinen Plan. Er schaltet sich dazu aus seinem Büro in New York zu, im Hintergrund ist eine grosse, braune Schrankwand zu sehen. Ein Element seines Plans enthält eine kleine Strategiewende: «Wir wollen unser Geschäft über die verschiedenen Vermögenssegmente hinweg neu ausbalancieren», sagt Karofsky. «Daher legen wir einen zusätzlichen Fokus auf die wohlhabenden Core-Affluent- und High-Net-Worth-Kunden.»
Sprich, nachdem die UBS Jahrzehnte gebraucht hat, um das US-Geschäft primär auf die Superreichen auszurichten, die eine Anlagesumme von mehr als 50 Millionen Dollar mitbringen, will Karofsky sich nun stärker um die sogenannten High-Net-Worth-Kunden mit Vermögen zwischen 5 und 50 Millionen Dollar und auch um die Core-Affluent-Kunden mit Vermögen zwischen 500 000 und 5 Millionen Dollar kümmern.
Mit dieser Wende räumt Karofsky ein, dass die UBS in der Ausrichtung auf die Superreichen zu weit gegangen ist. Sie stellen derzeit 54 Prozent der verwalteten Vermögen in den USA. Das Problem: Die Superreichen sind auch die Knausrigsten, der Margendruck ist gross. «Wenn dann ein Kunde noch ein eigenes Family-Office dazwischenschaltet, verdienen Sie als Bank fast nichts mehr», erklärt ein ehemaliger UBS-Manager, der sich früher ebenfalls mit dem US-Geschäft abmühte.
Fehlgeschlagener Versuch mit Wealthfront
Ralph Hamers, der von 2020 bis März 2023 UBS-Chef war, hatte mit dem Kauf des digitalen Vermögensverwalters Wealthfront vor drei Jahren schon einmal versucht, in den USA in tiefere Kundengruppen vorzustossen. Kaum war Colm Kelleher UBS-Präsident, liess dieser den Deal abblasen. Offiziell, weil es Widerstand von einigen Grossaktionären gegeben habe. Laut mehreren Insidern haben aber auch die US-Regulatoren Ärger gemacht. Karofsky will dazu nichts sagen. Laut Bankinsidern hätte Wealthfront der UBS wohl interessante Technologien geliefert, angesichts der geringen Grösse das Strategiedilemma der UBS aber nicht beheben können.
Denn in den USA hat die UBS ein grundsätzliches Problem: Das US-Geschäft funktioniert ganz anders als das Schweizer Private Banking. Ersteres ist viel stärker transaktionsorientiert, der Berater agiert mehr als Broker. Und die Kunden in den USA sind stärker ihrem Berater als der Bank verpflichtet. «Wechselt in den USA ein Berater die Bank, so nimmt er bis zu 80 Prozent der Kunden mit», sagt der Ex-UBS-Manager. Damit bleibt auch ein Grossteil der Erträge beim Berater hängen: Die Kosten-Einnahme-Quote der UBS beträgt in den USA über 90 Prozent, in der Schweiz sind es 64 Prozent.
Die Entlöhnung der US-Finanzberater ist daher eine weitere Reform, die Karofsky umgesetzt hat. Ziel ist, dass vor allem Topperformer besser entlöhnt werden und so auch die Bank mehr verdient. Das könnte in einer ersten Phase zu einigen Abgängen führen, soll sich mittelfristig aber auszahlen.
Im Unterschied zu US-Häusern wie J. P. Morgan, Morgan Stanley und Citi hat die UBS ein zusätzliches Handicap: Sie hat in den USA keine landesweit gültige vollwertige Banklizenz, sondern ist als «Industrial Loan Company» reguliert. Das schränkt sie im Produktangebot ein, und so kann die UBS in den USA keine klassischen Sparprodukte anbieten. Diese wären aber wiederum wichtig, um einen günstigen Refinanzierungskanal zu haben.
Karofsky will deshalb nun eine landesweite Bankzulassung für die UBS beantragen, um auch Spar- und Anlageprodukte anbieten zu können. Das Geld daraus kann er dann als Kredite an die wohlhabenden Kunden weiterreichen und so die Margen erhöhen. «Eine der grössten Verbesserungen, die wir vornehmen müssen, besteht darin, den Anteil unserer Gesamteinnahmen aus Nettozinserträgen zu erhöhen», führt er aus.
Die Investmentbank als Zulieferbetrieb
Ein vierter Ansatzpunkt für höhere Gewinne ist mehr Cross-Selling: «Ein zentraler Weg, die Rentabilität unseres Geschäfts mit Ultra-High-Net-Worth Individuals (UHNWI) zu steigern, besteht darin, diesen Kunden mehr Produkte zu verkaufen, die aus der Zusammenarbeit mit unserer Investmentbank stammen», erklärt Karofsky. Also mehr Kredite, strukturierte Produkte, Prime Brokerage und dergleichen. Dieser Teil des Plans erinnert ein wenig an die Strategie «Elevate», mit der schon Iqbal Khan und Tom Naratil Anfang des Jahrzehnts die Profitabilität des Wealthmanagements verbessern wollten, was zum Teil auch gelang – aber nicht in ausreichendem Masse in den USA. Nach der Pensionierung von Naratil im Jahr 2022 war Khan für zwei Jahre alleiniger Chef des globalen Vermögensverwaltungsgeschäfts.
Im Sommer 2024 dann wurde das Kerngeschäft wieder in die zwei Sphären Ost und West aufgeteilt. Seitdem kümmert sich Khan von Hongkong aus um das Asien-Geschäft, Karofsky um das Amerika-Geschäft. Beide Regionen hat Bankpräsident Kelleher zu den Hauptwachstumstreibern erkoren. Klar ist: Wer von den beiden die besseren Zahlen liefert, kann im Rennen um die Ermotti-Nachfolge wichtige Punkte machen.
Und nun soll ausgerechnet ein Vertrauter Khans Karofsky dabei helfen, vor allem in den USA aus dem Geschäft mit den Superreichen mehr rauszuholen: Yves-Alain Sommerhalder. Der frühere CS-Spitzenbanker leitet seit Juli vergangenen Jahres die neue Teilsparte GWM Solutions. Das ist vereinfacht gesagt die hausinterne Produktfabrik. Zum einen soll sie höher-margige Produkte liefern: So können Kunden zum Beispiel ihre Anlagen neuerdings bei Kreditgeschäften in alternative Anlagen wie Hedgefonds oder Private-Equity-Beteiligungen als Sicherheit nutzen.
Zum anderen soll Sommerhalder über alle Kundengruppen hinweg den Beratern den Zugang zu den hauseigenen Produkten erleichtern, sodass sie nicht x-mal neue Onboarding-Prozesse durchlaufen müssen. Auf die gute Kultur der Zusammenarbeit zwischen der Investmentbank und der Vermögensverwaltung sind die UBS-Oberen recht stolz. Laut Vontobel-Analyst Andreas Venditti funktioniere diese aber vor allem in Asien und in der Schweiz, jedoch weniger in den USA.
Mithilfe seines Plans will Karofsky die Marge von zuletzt 9 Prozent auf 15 Prozent im Jahr 2027 steigern. Das ist allerdings nur die Hälfte von dem, was Erzrivale Morgan Stanley anstrebt: Die US-Bank will 30 Prozent Marge aus ihrer Vermögensverwaltung holen. «Mit Blick auf unsere Marge müssen wir die Lücke zu unseren US-Wettbewerbern nicht schliessen, wir müssen sie verringern», sagt Karofsky.
Das zu schaffen, wird schon nicht leicht sein. Doch es sei zu wenig, meint Experte Venditti. «Das Margenziel von 15 Prozent kann nur ein Zwischenschritt sein. Das reicht nicht aus, um die Bewertung der Bank auf ein neues Level zu heben.» Das teuer gekaufte US-Geschäft auf Touren zu bringen, ist auch 25 Jahre nach der Paine-Webber-Übernahme ein ungelöstes Problem.