Das ist peinlich. Oder aus Schweizer Sicht: schamlos. Die Chinesen klauen das Brienzer Bergpanorama, um für Ferien in China zu werben. Die Fotografin des Sujets lebt in Brienz BE. Sylvia Michel (48) ist ihr Name. Und sie wurde natürlich nicht angefragt, wie sie zu Blick sagt.
Auf dem Video ist sogar ihr Hund zu sehen. Ein weisser Schäfer mit dem Namen Rasta. Das ist besonders schamlos. Aber leider kein Einzelfall. «Das passiert täglich», sagt Michel.
Das Video ist digital leicht bearbeitet. Ein paar Wolkenschwaden sind hinzugefügt, die Perspektive gedreht, die Lichtverhältnisse angepasst. Aber die Kulisse ist eindeutig erkennbar. Diese Berge stehen nicht in China. Sie türmen sich am Brienzersee zwischen Brienz und Interlaken BE in die Luft.
Publizistische Kanone in Peking
Die Fotografin will das Video nun melden. «Das ist ein Verstoss gegen das Urheberrecht», sagt sie. Sie hat das schon hundertfach gemacht. Auf den sozialen Kanälen stösst sie immer wieder auf ihre Inhalte, weswegen sie die Bestimmungen von Twitter, Facebook, Instagram und Co. aus dem Effeff kennt.
Verbreitet wurde das Video von der chinesischen Tageszeitung «China Daily». Das Blatt ist ein eigentliches Parteiorgan. Ein Propaganda-Instrument von Peking, gleichzeitig die grösste englische Zeitung des Landes – und damit ein publizistisches Schwergewicht.
Ein Hashtag ziert das Video – und macht es endgültig zur schamlosen Lachnummer. «GlamorChina» lautet der Hashtag. Von wegen. Der Glamour dieser Berglandschaft gehört den Bernern. Und das Video gehört Michel, die publizistisch zwar nicht mit Peking mithalten kann, aber auch kein Leichtgewicht ist: Fast eine halbe Million folgen der ehemaligen Moderatorin und Musik-Chefin von Radio Top auf Instagram. Und ihr Kundenbuch ist voll mit besten Referenzen.
