Roche-Erbe Jörg Duschmalé (37) über die schwierigsten Momente
«Wir haben uns damals geschämt»

Der Pharmakonzern Roche ist ein Koloss. Die zweitgrösste Firma des Landes, kontrolliert von den Nachfahren des Gründers Fritz Hoffmann-La Roche. Ein Blick zurück – und ein Blick nach vorne.
Publiziert: 11.09.2021 um 02:01 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2021 um 06:53 Uhr
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Jörg Duschmalé, Doktor der Chemie, Vertreter der fünften Generation der Roche-Gründerfamilie, einer von zwei Familienvertretern im Roche-Verwaltungsrat.
Foto: keystone-sda.ch
Marc Iseli

Jörg Duschmalé (37) war ein Schüler, als er ein wegweisendes Gespräch mit einem Chemiker führte. Der Roche-Erbe verstand noch wenig von Molekülen und der chemischen Industrie. Aber der Samen war gesät. Duschmalé war angefixt. Er machte die Matura, studierte Chemie, doktorierte und stieg bei der Familienfirma ein. «Das waren die fünf grossartigsten Forscherjahre», sagt er im Rückblick.

Duschmalé ist heute Verwaltungsrat von Roche. Er vertritt die fünfte Generation der Gründerfamilie. Am Freitag gab er einen der seltenen Auftritte in der Öffentlichkeit – und erzählte dabei die Geschichte, wie er zur Chemie gefunden hat. Mit ihm auf dem Podium: André Hoffmann (63), Vizepräsident von Roche, Vertreter der vierten Generation, milliardenschwer, seit einem Vierteljahrhundert in der Firma engagiert.

«Was gut ist für die Firma, ist gut für die Familie», sagen beide. Hoffmann bestätigt das Familienmantra anschliessend im Gespräch mit Blick. Er spricht auch über Reichtum – und was er für ihn bedeutet: «Unabhängigkeit», sagt er. «Dass ich nichts machen muss, wovon ich nicht vollkommen überzeugt bin.»

«Wir verkaufen nicht»

Gegen 30 Milliarden Franken schwer sind die Erben des Roche-Gründers Fritz Hoffmann-La Roche. Je nach Börsenwetter. Eine schier unvorstellbare Zahl. Das entspricht in etwa dem Jahresumsatz der ganzen Migros-Gruppe.

Der Milliardensegen kommt nicht von ungefähr. Roche mit Hauptsitz in Basel ist ein Gigant der Pharmaindustrie – und wird noch immer kontrolliert von der Gründerfamilie. Ihre Mitglieder halten die Mehrheit der Stimmen an der Firma. Schneller Cash ist kein Thema. «Wir verkaufen nicht», versichert Hoffmann.

In den Gründerjahren sah alles anders aus. Es kam wiederholt zu Handänderungen. Finanzielle Schwierigkeiten plagten die Firma. Der erste Weltkrieg zerstörte die Umsatzbasis. Die Hyperinflation auf der anderen Seite des Rheins sorgte für absurde Lohnzahlungen. Ein deutscher Arbeiter verdiente im September 1923 1,1 Millionen Mark in der Stunde. Dafür konnte er sich aber nur knapp ein Kilogramm Roggenbrot kaufen.

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Koloss aus Basel

Der erste Cheflohn lag derweil bei 3600 Franken. Für das ganze Jahr. Gründer Fritz Hoffmann-La Roche sackte ihn persönlich ein. Heute ist Severin Schwan (53) operativ am Drücker. Der Roche-CEO verdiente zuletzt elf Millionen Franken im Jahr. Bonus inklusive. Ein kleines Extra gab es noch für die Steuererklärung.

Die Firmen sind aber nicht mehr miteinander vergleichbar. Damals war Roche ein kleines Unternehmen, das im industriellen Massstab Hustensirup produzieren wollte. Ein paar Hundert Leute arbeiteten für Roche. Heute ist das Unternehmen ein weltweiter Konzern mit 100'000 Angestellten. Roche ist für rund zehn Prozent der Schweizer Exporte verantwortlich. Gemessen am Börsenwert ist das Unternehmen die zweitgrösste Firma der Schweiz – hinter Nestlé. Ein Koloss.

Der Aufstieg ging aber nicht ohne Nebengeräusche über die Bühne. Ein schwieriges Kapitel in der jüngeren Vergangenheit ist das Vitaminkartell, das um die Jahrtausendwende aufflog. In den USA und in Europa musste Roche deswegen gesamthaft über eine Milliarde Franken Strafe zahlen. «Peinlich und unangenehm» sei die Situation damals gewesen, sagt Hoffmann rückblickend.

Und auch die fünfte Generation, Jörg Duschmalé, erinnert sich daran. «Das war sogar Thema am Esstisch», sagt er. «Wir haben uns damals geschämt.»

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