Roche plant Grossabbau in der Schweiz
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Interner Video-Call enthüllt:Roche plant Grossabbau in der Schweiz

Dieser Abbau wird «viel Lärm» verursachen
Interner Video-Call enthüllt Jobhammer bei Roche

Roche zückt den Rotstift: 300 bis 400 Jobs fallen in der Entwicklungsabteilung weg. Hauptsächlich betroffen sind die Standorte Basel und San Francisco, wie Blick-Recherchen enthüllen. Der Abbau sorgt intern für grossen Unmut. Die Details.
Publiziert: 01.07.2021 um 01:47 Uhr
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Aktualisiert: 01.07.2021 um 21:51 Uhr
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Roche baut ab: In der Entwicklungsabteilung fallen bis Ende Jahr 300 bis 400 Jobs weg.
Foto: keystone-sda.ch
Marc Iseli

Es ist eine harte Botschaft, die Roche-Entwicklungschef Levi Garraway (52) an diesem Montag verkündet. «Wir haben die schwierige Entscheidung getroffen, die Belegschaft in der Entwicklungsabteilung bis zum Ende des Jahres um 5 bis 7 Prozent zu reduzieren», sagt der Pharma-Manager in einem internen Videocall. Dieser liegt Blick vor. Darin sagt der US-Amerikaner weiter: «Das entspricht etwa 300 bis 400 Stellen weltweit.»

Der Forscher und Onkologe Garraway ist beim Pharmamulti ein hohes Tier: Er ist in Kalifornien stationiert und Herr über eines der weltweit grössten Medikamenten-Portfolios. Roche investiert einen zweistelligen Milliardenbetrag in die Forschung und Entwicklung neuer Arzneien. Tendenz steigend.

Gleichzeitig nimmt aber auch die Zahl der Angestellten in der Entwicklungsabteilung zu – sehr zum Unmut der Konzernleitung. Deshalb kommt jetzt der Sparhammer. Am härtesten trifft es die beiden Standorte San Francisco und Basel, wo über die Hälfte der Entwicklungsabteilung angesiedelt ist.

Entwicklungschef Garraway: «Viel Lärm»

Die Gewerkschaften haben von den Abbauplänen noch nicht Wind bekommen. Gegen aussen hat Roche bisher kein Wort kommuniziert. Gegenüber Blick bestätigt der Basler Pharmariese aber die Aussagen von Garraway. «Wir werden alle Mitarbeitenden unterstützen, die möglicherweise betroffen sind», sagt Sprecherin Nina Mählitz auf Anfrage. «Sobald sich die Pläne konkretisieren, wird Roche eng mit den Arbeitnehmervertretungen zusammenarbeiten.»

Noch ist unklar, wer den blauen Brief erhalten wird. «Momentan werden Listen erstellt», so ein Insider zu Blick. Er ist verunsichert wie viele bei Roche. Und das weiss auch Entwicklungschef Garraway. Der Abbau werde «viel Lärm» verursachen, sagt er im internen Videocall zu einer ausgewählten Schar von Pharma-Managern. Sie arbeiten alle im Bereich, der für die klinischen Tests zuständig ist. Es seien «schwierige» Zeiten, so Garraway. «Wir werden das nicht beschönigen.»

Er handle «im Namen des gesamten Unternehmens», stellt Garraway klar. Konzernchef Severin Schwan (53) kommt nicht zu Wort. Aber es ist undenkbar, dass ein derartiger Entscheid ohne Wissen des obersten Managers gefällt wird. Unterm Strich geht es schätzungsweise um mindestens einen zweistelligen Millionenbetrag, den Roche mit dem Abbau einsparen will.

Ab November freigestellt

Vom Sparhammer betroffen sind vor allem Personen, die am Schreibtisch sitzen. Projektmanager, administrative Mitarbeiter, Coaches. Fast jeder Fünfte in der Entwicklungsabteilung arbeitet in einer Funktion, die jetzt radikal Gegenwind hat. «Das ist das Schwerste, was ich tun musste, seit ich für Roche arbeite», sagt ein Manager, der die Kündigungen durchdrücken muss.

Ab August wird klar sein, wer das Unternehmen verlassen muss. Dann beginnt auch der Konsultationsprozess mit Arbeitnehmervertretern. Intern und extern. «In Grossbritannien werden die betroffenen Kollegen wahrscheinlich zuerst informiert», sagt eine HR-Managerin in dem Videocall. Wegen der harten Arbeitsgesetze. Es folgen alle anderen. Im November würden die Betroffenen schliesslich freigestellt, Ende Jahr soll alles durch sein.

Die Pläne sorgen für grossen Unmut. Erst vor wenigen Wochen gab es Ärger wegen der Bonuszahlungen für das Corona-Jahr. Ein Teil der Angestellten erhielt nur einen kleinen Zuschlag. Das Top-Management dagegen wurde üppig entlohnt.

Die neue Kündigungswelle wird aber auch als ein weiterer Schritt in einem schleichenden Grossabbau wahrgenommen, der hauptsächlich die Schweiz treffe. «Zum Beispiel werden momentan sehr viele Jobs von Kaiseraugst ins billigere Kanada verlegt», sagt ein Insider.


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