Am Donnerstag eskalierte ein interner Web-Call des Basler Pharmagiganten Roche. CEO Severin Schwan (53) wollte sich eigentlich den Fragen der Mitarbeiter stellen. Aber er ignorierte zwei Voten, die die Bonuspolitik des Konzerns kritisiert hatten, wie ein Insider zu Blick sagt. Die Unzufriedenheit darüber ist gross.
«Die Angestellten hinterfragten die steigenden Führungsgehälter, während reguläre Mitarbeiter im Jahr 2020 Kürzungen erhielten», so der Roche-Angestellte, der anonym bleiben will. Er belegt seine Aussagen mit zwei Screenshots aus dem CEO-Talk.
Roche bestätigt die Echtheit der Screenshots. Sie sind Beleg einer Frustration. Stein des Anstosses sind die Ausschüttungen in der Pharma-Division. Diese lagen im letzten Jahr offenbar nur bei der Hälfte des Vorjahres.
Plus beim Pharma-Boss
«Immer noch ein guter Bonus», schreibt ein Betroffener im Web-Call. «Aber der schlechteste aller Zeiten.» Er fragt, warum es bei den obersten Verantwortlichen der Sparte zu keinen nennenswerten Abschlägen kam.
Besonders umstritten war der Lohn des Pharma-Chefs William «Bill» Anderson (55). Der US-Amerikaner ist Absolvent der Elite-Uni MIT und seit 2006 im Roche-Verbund. Seit 2019 steht er der Pharma-Division vor. Die Sparte litt 2020 unter dem veränderten Patientenverhalten mit weniger Arztbesuchen. Die Verkäufe gingen um acht Prozent zurück.
Die Angestellten in der Pharma-Divison haben unter anderem deswegen einen gekürzten Bonus erhalten. Beim Pharma-Chef hatte die Entwicklung aber kaum Folgen. Sein Grundsalär stieg von 1,8 auf 2,1 Millionen Franken. Der Bonus: fast unverändert bei 2,4 Millionen Franken. Unterm Strich bleibt ein Plus im Vergleich zum Vorjahr.
Schweigender Schwan
Die Angestellten in der Pharma-Division fühlen sich deshalb vor den Kopf gestossen. «Was hat er so viel besser gemacht als wir», fragen die Mitarbeiter den Konzernchef im Web-Call. Die Antwort von CEO Severin Schwan: Schweigen. «Er ging auf keine der beiden Fragen ein», sagt der Insider. Und dies, obschon der Web-Call ein Voting-Tool hatte – und beide Salär-Fragen massiven Zuspruch erhielten.
Oben wird geklotzt, gegen unten gibt sich Roche knausrig. Das ist der Tenor der Frustrierten in Basel. Dabei ist mehr als genug Geld in der Kasse. Die Gruppe hat auf Konzernebene ein Rekordergebnis publiziert. Die historische Marke von 60 Milliarden Franken Umsatz wurde 2020 erstmals geknackt. Der Gewinn: über 15 Milliarden Franken. Ein Plus von 17 Prozent.
Und auch Severin Schwan kassierte gut. Sein Lohn lag bei fürstlichen 11 Millionen Franken. Damit war er der Bestbezahlte in der Geschäftsleitung. Bonus: unverändert hoch. Nur das Grundsalär wurde leicht nach unten angepasst – von 4 Millionen auf 3,5 Millionen Franken. Schwan verzichtete «in Anbetracht der gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie» auf eigenen Wunsch, wie Roche sagt.
Zum Boni-Aufstand äussert sich der Konzern nur sehr allgemein. «Der Bonus honoriert den individuellen Beitrag zur Wertschöpfung eines Geschäftsjahres und soll Anreiz bieten, ausserordentliche Resultate zu erzielen und neue Geschäftsmöglichkeiten zu schaffen», schreibt ein Sprecher. 75'000 Mitarbeitende hätten im vergangenen Jahr einen Bonus erhalten. Die Höhe sei «mit dem Geschäftsergebnis sowie mit individuellen und nach Funktion definierten, messbaren und qualitativen Leistungszielen verknüpft.»