Rettungspakete für über eine Milliarde Franken nötig
Alarmierende finanzielle Situation der Schweizer Spitäler

Eine neue PWC-Studie zeigt die beunruhigende, finanzielle Situation der Schweizer Spitäler. Trotz steigender Kosten verdienen die Spitäler wegen des Tarifsystems nicht mehr. Ein Umdenken ist gefragt.
Publiziert: 04.08.2024 um 12:33 Uhr
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Aktualisiert: 04.08.2024 um 15:04 Uhr
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Die Personal- und auch Materialkosten der Akutspitäler sind 2023 stark gestiegen.
Foto: keystone-sda.ch
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Milena KälinRedaktorin Wirtschaft

«Die finanzielle Situation der Schweizer Spitäler ist alarmierend», steht zu Beginn einer neuen Studie des Beratungsunternehmens PWC. Denn finanziell steht es nicht gut um die Schweizer Spitäler – beispielsweise in Zofingen. Investiert der Kanton Aargau nicht 60 bis 70 Millionen Franken, könnte das Spital verkleinert oder gar geschlossen werden.

Die finanziellen Umstände der Spitäler sind so beunruhigend, dass die ersten Kantone Rettungsringe auswerfen. «Die geplanten Rettungspakete dürften Schweizer Steuerzahlende jährlich über eine Milliarde Franken kosten», so die Studienautoren.

2023 hat sich die Situation gemäss PWC weiter verschärft. Aufgrund der Inflation sind die Ausgaben der Akutspitäler massiv gestiegen: 5,8 Prozent mehr Personalkosten mussten die Spitäler 2023 finanzieren. Dazu kommt ein zusätzlicher Sachaufwand von 4,9 Prozent. Gleichzeitig sind die Umsätze nur um 3,1 Prozent gestiegen.

Profitabilität viel zu tief

«Die Ergebnisse im Finanzjahr 2023 haben sich deutlich verschlechtert», so die Autoren weiter. Die Profitabilität der Spitäler wird an der Ebitdar- respektive Ebitda-Marge berechnet. Eine Zielmarge von zehn Prozent wäre nötig, um einen wirtschaftlich nachhaltigen Spitalbetrieb zu ermöglichen.

Im Schnitt haben die Akutspitäler Margen von 3,6 (Ebitdar) respektive 2,6 Prozent (Ebitda) erwirtschaftet. Seit der Einführung des Tarifsystems 2012 waren die Margen noch nie so tief. «Schweizer Spitäler sind chronisch unterfinanziert», heisst es in der Studie.

Das Problem liegt darin, dass Spitäler kaum Handlungsspielraum bei den Tarifen haben. Sie können also nicht einfach mehr für eine Behandlung verlangen, nur weil die Personal- und Materialkosten gestiegen sind. Bei den Tarifverhandlungen würden die Spitäler zwar erste Erfolge vorweisen. Gemäss PWC erhalten jedoch die wenigsten Spitäler «die für einen nachhaltigen finanziellen Betrieb notwendigen Tariferhöhungen».

Die Spitäler würden zwar versuchen, Prozesse zu optimieren sowie Kosten zu reduzieren. Das reiche aber bisher nicht, um das Zehn-Prozent-Ziel zu erreichen. Zudem besteht ein riesiger Investitionsbedarf, um die digitale Transformation voranzutreiben. Diese haben die Spitäler bisher verschlafen. Der Fachkräftemangel verschärfe die Lage weiter.

Braucht es eine neue Spitalplanung?

«Die Tarife müssen kostendeckend sein und regelmässig der Teuerung angepasst werden», sagt FDP-Nationalrätin Regine Sauter (58) zur «NZZ am Sonntag», die zuerst über die Studie berichtete. Gemäss Sauter – auch Präsidentin des Spitalverbands H+ – brauche es eine neue Tarifstruktur für den ambulanten Bereich. Es sei aber auch nötig, die Gesundheitsversorgung im Allgemeinen neu zu denken.

Damit spricht Sauter die Spitalplanung an, die in der Schweiz schon länger kritisiert wird. Ihr schwebt ein Modell mit einem Spitalzentrum pro Region und kleineren Zentren für die Grundversorgung in der Umgebung vor. «So könnte man die Versorgung gleich sicher gestalten, aber viel effizienter.» Aktuell ist die Spitaldichte in der Schweiz sehr hoch.

In der Politik gibt es bereits mehrere Vorstösse, um das System umzukrempeln – beispielsweise von der Basler SP-Frau Sarah Wyss (36) oder dem Grünliberalen Patrick Hässig (45). Es stellt sich die Frage, wer in Zukunft für die Spitalplanung verantwortlich sein wird – der Bund oder die Kantone.

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