Da bleibt der Radlegende die Luft weg. «Irgendeine fremde Person hat mein Flugticket ohne mein Wissen, aber in meinem Namen annulliert», empört sich Urs Freuler (65). Der Schweizer Sportler des Jahres 1982 und 1983 meldet sich auf der Redaktion, nachdem er vor ein paar Tagen die Blick-Recherche über die unfreiwillige Annullierung eines Flugtickets bei einem Swiss-Kunden liest.
Ihm sei genau dasselbe passiert. «Darüber hinaus hat dieser Vorfall meinen Geburtstag ruiniert», fügt der ehemalige Radprofi an.
Geschehen ist es vor wenigen Wochen. Freuler befindet sich auf Mallorca – auf der Baleareninsel organisiert der frühere Rad-Weltmeister gelegentlich Veloferien für Gruppen, er hat dort auch einen Wohnsitz. Am 6. November will er mit seiner Frau Mareile (63) seinen 65. Geburtstag feiern und tags darauf heimfliegen. Doch am Abend des 5. November erhält er Bescheid über eine Swiss-Rückerstattung von 16.80 Franken auf seiner Kreditkarte. «Aus reiner Vorsicht» prüft Freuler in der Swiss-App nach, was Sache ist: «Der Heimflug von Mallorca nach Zürich wurde ganz kurz angezeigt und war dann verschwunden.» Beim Ticket seiner Frau passiert dasselbe.
Freuler meldet sich bei der Swiss-Hotline. Sie teilt ihm mit, dass sein Rückflug online storniert wurde. Wann und durch wen sei bei Swiss im System nicht ersichtlich. «Wir haben diesen Flug nicht storniert», regt sich Freuler auf. So verbringt er seinen Geburtstag am Telefon mit diversen Callcenter-Mitarbeitenden der Swiss. Umsonst: Freuler und seine Frau stehen plötzlich ohne Rückflug da.
Innert Stunden extremer Preisanstieg
«Wir hätten am 6. November noch Swiss-Flüge für den Folgetag von Palma nach Zürich für 200 Franken pro Person buchen können», führt Freuler aus. Das Paar bucht nicht sofort, sondern wartet auf eine Lösung von Swiss. Grosser Fehler! Denn als sich keine Lösung abzeichnet und Freuler einige Stunden später den Flug auf eigene Kosten buchen will, kostet dieser plötzlich 550 Franken pro Person! Für eine Wegstrecke.
Mehrere Tage später fliegen die Freulers dann mit der spanischen Fluggesellschaft Vueling zurück nach Zürich. Kostenpunkt: 300 Franken.
Bei Freuler kommt ein Verdacht auf: «Unser Hin- und Rückflugticket kauften wir bei Swiss bereits im Juli, für 224 Franken pro Person. Wurde etwa absichtlich annulliert, damit wir kurzfristig einen teuren Rückflug zahlen müssen?».
Ein solches Vorgehen wäre illegal und Freuler selber glaubt kaum, dass Swiss so vorgehen würde: «Wir fliegen, wann immer möglich mit Swiss und haben für 2024 schon jetzt wieder acht Flüge nach Mallorca reserviert.» Er sei aber enttäuscht von der «Gleichgültigkeit», die seinem Anliegen seitens der Swiss-Callcenter entgegengebracht wird. Der Fall ist immer noch pendent.
Was ist da los bei Swiss?
Blick weiss von weiteren Fällen – teils ganzen Familien! –, die ihr Ticket auf ähnlich mysteriöse Weise verloren haben. Liegt angesichts der Häufung der Fälle ein Sicherheitsproblem vor?
«Wir stellen keine Häufung von Fällen von nicht autorisierten oder unbeabsichtigten Annullationen fest», erklärt jedoch eine Swiss-Sprecherin gegenüber Blick.
Nebst dem Passagier haben nur Angestellte oder Handlungsbevollmächtigte von Swiss, die direkt in Buchungs- und Abfertigungsprozessen involviert sind, Zugriff auf die Tickets. Freuler versichert, dass er Daten wie seine Ticketnummer oder seinen Buchungscode mit niemandem geteilt hat. «Ausser uns sowie Mitarbeitenden der Swiss kann sich niemand als mich ausgeben», folgert er.
Doch ein Gespräch mit einer Schaltermitarbeiterin von Swiss verunsichert Freuler. Sie habe ihm erläutert, dass es Sicherheitslücken gibt. «Sie sagte mir, es könnte sein, dass jemand anruft und erklärt, Urs Freuler sei schwer verunfallt und könne nicht heimfliegen, man solle bitte das Ticket stornieren und erstatten – und dem wird aus der vermeintlichen Notsituation heraus stattgegeben», erzählt er.
Swiss sieht Fehler bei Passagieren
Üblicherweise müssten Callcenter-Mitarbeitende mehr Sicherheitsfragen stellen. Sicher ist, dass eine Annullierung durch eine fremde Person dieser keinen direkten finanziellen Nutzen bringt. Es bleibt unklar, welches Ziel die von Fremden angeordneten Annullierungen verfolgen.
Swiss rät den Kunden, die jeweiligen Ticketkonditionen und Beförderungsbestimmungen genau zu lesen. «So kann es zum Beispiel zu einer Flugannullierung kommen, wenn jemand die Coupons der Flugreise nicht in der gebuchten Reihenfolge abfliegt», sagt die Sprecherin. Ebenfalls vorgekommen sei, dass Kunden eine Rückmeldung zu einem Flug via Rückerstattungsformular geschickt haben und damit trotz Hinweisen unbeabsichtigt eine Annullation ausgelöst haben.
Freuler versichert, ihm sei solches nicht unterlaufen. Damit bleibt es ein weiterer seltsamer Annullierungsfall bei der Swiss.