Franco Blaser (58) aus Minusio TI ist verzweifelt: Sein Flugticket existiert plötzlich nicht mehr. Der Tessiner sitzt in der Schweiz fest, obwohl er nach den Weihnachtsfeiertagen, die er bei seiner Mutter im Südkanton verbringt, wieder zurück an seinen Wohnort Augusta im US-Bundesstaat Georgia reisen müsste. «Mein Ticket wurde ohne mein Wissen durch eine fremde Person storniert!», klagt Blaser.
Dies kommt nur per Zufall ans Tageslicht, weil der Computerfachmann vor einigen Tagen seinen Rückflug, der mit Swiss von Zürich via Frankfurt nach Charlotte (USA) führt, vorverschieben will. Als er damit online nicht weiter kommt, wendet er sich an das Swiss-Callcenter. Dort heisst es, er habe seinen Rückflug annulliert.
Blaser ist fassungslos, dann ausser sich. «Ich habe nie eine Stornierung beantragt», schimpft der Leserreporter im Gespräch. Die Lufthansa-Tochter Swiss dagegen, der Blick sämtliche Daten und eine ID-Kopie des Leserreporters übermitteln durfte, gibt sich zum Fall kategorisch. Eine Sprecherin sagt: «Herr Blaser hat telefonisch um Stornierung seines Rückfluges gebeten.»
Opfer eines Racheakts?
Blaser liegt das Transkript des Stornierungsvorgangs aus dem Callcenter vor. Daraus ist ersichtlich, dass er – ihm zufolge aber eine fremde Person, die sich als Franco Blaser ausgibt – sich mit Name, Vorname und Buchungscode beim Swiss-Chatbot anmeldet und dann an eine Callcenter-Mitarbeiterin verwiesen wird. Diese storniert auf Verlangen hin das Ticket und erstattet 75 Dollar an seine Kreditkarte.
Eine Annullierungsbestätigung per Mail oder SMS erhält Blaser aber nicht. Bei der 75-Dollar-Gutschrift auf seinem Konto geht er davon aus, dass es sich um eine Umtriebsentschädigung handelt – denn beim Hinflug kam sein Koffer erst mehrere Wochen nach ihm an. Falsch gedacht! Es geht um die Rückerstattung von Steuern und Gebühren, die ihm zustehen, obwohl sein Ticket nicht erstattungsfähig ist. Deswegen überblickt Blaser seine Lage nicht sofort. Jetzt ist nicht nur der Flug weg, sondern auch sein 1000 Dollar teures Ticket ist futsch.
Blaser hat einen Verdacht: Eine Person aus einem Swiss-Callcenter stecke dahinter. Denn er hat wegen des fehlenden Koffers «zahllose Male» mit Swiss-Callcentern telefoniert. «Ich hatte immer wieder mit Callcenter-Mitarbeitern an jeweils anderen Orten zu tun, denen ich meinen Fall von vorne schildern und sämtliche Buchungsangaben neu übermitteln musste», so Blaser. Die nervenaufreibenden Telefonate führen gelegentlich zu hitzigen Diskussionen, was zu einem «Racheakt» geführt haben könnte.
Keine Zwei-Faktor-Authentifizierung
Beweisen kann Blaser dies nicht. Doch er wundert sich, dass die Swiss nicht wie IT-Unternehmen mit «Tickets» operiere, also in einem System hinterlegte und für alle Callcenter-Mitarbeitende ersichtliche Dienstleistungsanfragen. Zudem findet er, die Swiss habe keine genügenden Sicherheitsvorkehrungen bei der Personenidentifizierung. «Gäbe es eine Zwei-Faktor-Authentifizierung, hätte ich die Stornierung verhindern können», so Blaser.
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Swiss erklärt, dass nicht bei jedem Anruf ein Hotlineticket eröffnet wird, bei komplexeren Fällen dagegen schon: «Wir bedauern sehr, dass dies in diesem Fall nicht geglückt ist.»
Bei der Authentifizierung entsprach jedoch alles der Norm.
Andreas Gantenbein (49), Chef des Flugticketgrosshändlers Aerticket Suisse, erklärt: Bei Vorgängen mit Flugtickets werden meist drei Daten abgefragt – nebst Vorname, Name und Buchungsnummer oft auch E-Mail, Geburtsdatum oder Flugnummer. «Bei gewissen Fluggesellschaften gibt es für jedes Flugticket eine PIN, ohne dessen Angabe nichts am Ticket geändert wird.» Im vorliegenden Fall sieht der Experte keinen Fehler bei der Swiss, findet es jedoch «sehr seltsam», dass Blaser keine Annullierungsbestätigung erhielt.
Ein Swiss-Team setzt sich gegenwärtig mit dem Fall auseinander. Blaser resigniert: «Das dürfte Wochen dauern.»